Bildung des Narrativen
Transdisziplinäre Perspektiven auf transmediales Erzählen [in] der Postdigitalität
München 2025: kopaed
Rezensent/-in:
Lothar Mikos
Bildung des Narrativen
Narrative, also Erzählungen, beeinflussen unsere Sicht auf die Welt. Zunehmend spielen sie auch in der politischen Kommunikation eine wichtige Rolle. So tobt im Oktober 2025 eine öffentliche Auseinandersetzung darum, wer sich mit seinem Narrativ über das Stadtbild durchsetzt: der Kanzler mit seinem Störempfinden oder „die Töchter“ mit ihren Empfindungen oder die Verfechter*innen einer multikulturellen Gesellschaft. Hinzu kommt, dass Medien aller Art diese Narrative befördern und mitprägen.
Umso wichtiger ist es daher, dass sich auch die (Medien‑)Pädagogik mit den Umgang mit solchen Erzählungen beschäftigt und junge Menschen auf Hintergründe, Perspektiven und Auswirkungen von Narrativen hinweist. Da kommt das umfangreiche Buch aus dem kopaed-Verlag gerade recht.
Die 30 Beiträge sind acht Bereichen zugeordnet: 1) Next Narratives & Narrating Change, 2) Narrating the Self/Narratives of the Self, 3) Narrating the Normal/Narratives of the Normal, 4) Narrating the Past/Narratives of the Past, 5) Narrating Future/Narratives of the Future, 6) Narrative [and] Aesthetics, 7) Narrative Objects & Narrating Sounds sowie 8) Reflections. Warum die Bereiche englischsprachige Überschriften tragen, obwohl bis auf zwei Beiträge alle Autor*innen auf Deutsch schreiben, erschließt sich dem Rezensenten nicht.
Die behandelten Themen reichen von Angst als Antriebskraft für (Verschwörungs‑)Erzählungen über das authentische Erzählen mit bewegten Bildern in den mediatisierten Lebenswelten Jugendlicher, Bookstagram, Tod und Trauer auf TikTok, den Stellenwert digitaler Vorlesemedien, das Narrativ der Chancengleichheit, die Rolle von Erzählungen beim Lernen mit digitalen Spielen, Narrative von KI-Systemen im medienpädagogischen Blick, selbsterfüllende Prophezeiungen bis hin zu ko-kreativen Praktiken und Internet-Ästhetik, dem Intermedialen und studentischer Publikationspraxis für alternative Narrative über die Wissenschaft.
Die Vielfalt der Themen weist darauf hin, dass sich das Buch sehr zum Blättern und Reinlesen eignet, zumal es aufwendig und ästhetisch ansprechend gestaltet ist. Es bietet einen guten Überblick über das weite Feld der Beschäftigung mit verschiedenen Narrativen und macht implizit auch deutlich, wie sehr Erzählungen oft von moralischen Überlegungen und Gefühlen durchdrungen sind.
Das Verdienst liegt vor allem darin, den kritischen (medien‑)pädagogischen Blick auf die Rolle von Geschichten gelenkt zu haben, der gerade im Zusammenhang mit „Künstlicher Intelligenz“ immer wichtiger wird.
Prof. i. R. Dr. Lothar Mikos
Michaela Kramer/Lilli Riettiens/Konstanze Schütze/Christina Vollmert (Hrsg.): Bildung des Narrativen. Transdisziplinäre Perspektiven auf transmediales Erzählen [in] der Postdigitalität. Schriftenreihe Kunst Medien Bildung, Band 21. München 2025: kopaed. 433 Seiten, 24,00 Euro
