Der Robespierre-Affekt

Nichtimitative Wege filmischer Aggressionsvermittlung

Jürgen Grimm

Im Rahmen einer mehrteiligen Studie zum Verhältnis von Medien und Gewalt wurden 1202 Probanden daraufhin untersucht, wie Fernsehgewalt, das heißt die Vorführung von Gewaltdarstellungen im Rahmen von Spielfilmen und Nachrichtensendungen, physiologisch und psychologisch wirkt. Im Vordergrund stand dabei die Frage nach filmischer Aggressionsvermittlung. Nach linear-analogem Wirkungsverständnis müsste man erwarten, dass eine filmische Szenenfolge, in der Männergewalt gegen eine Frau zur Darstellung kommt, Männer zu aggressiven Schlussfolgerungen anregt, dies insbesondere dann, wenn die Männergewalt durch vorgängige Gewalterleiden filmisch motiviert wurde und die Gewalt von „Erfolg“ gekrönt ist, die Frau also keine effiziente Gegenwehr zu leisten vermag und die männlichen Täter im Film einer gerechten Strafe entgehen. Diese Hypothese wurde anhand des Films "Savage Street" zu belegen versucht. Aggressionserleichternd, so ein Resultat der Studie, waren nicht die Filmtäter wohl aber bestimmte Filmopfer, die die Zuschauer empörten, weil sie durch den Film nicht angemessen „gesühnt“ wurden (Robespierre-Affekt).

Printausgabe tv diskurs: 2. Jg., 2/1998 (Ausgabe 5), S. 18-29

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