Die Ruhe vor dem Streit – Stille im Film
Eine stille Zeit
In den letzten Wochen war es still geworden in Deutschland, zumindest abends nach 21 oder 22 Uhr. Selbst das typische Grundrauschen in Großstädten war aufgrund der coronabedingten Ausgangsbeschränkungen mancherorts nicht mehr zu hören. Und auch in vielen Familien überwiegt ein Gefühl der Stille. Stille Trauer um Angehörige, die im Zusammenhang mit dem Corona-Virus gestorben sind. Mehr als 87.000 Corona-Tote waren Ende Mai 2021 in Deutschland. Stille beherrschte dann auch die Gedenkfeier für die Verstorbenen in der Pandemie, die der Bundespräsident am 18. April 2021 im Konzerthaus am Gendarmenmarkt in Berlin ausrichtete. So wird in dieser Zeit die Stille zum Ausdruck entsetzlichen persönlichen Leids und einer unbeschreiblich monströsen und noch keineswegs überwundenen Weltkatastrophe.
Im Fernsehen gibt es keine absolute Stille
2007/2008 entstand das Doku-Drama Die Odyssee der Kinder von Stephan M. Vogel und mir. Der ZDF-Film zeichnet überwiegend mit Zeitzeugen-Interviews, dokumentarischem Material, aber auch in einigen Spielszenen die Fluchtgeschichte von jüdischen Kindern nach, die zum Teil allein, zum Teil mit ihren Familienangehörigen gleich zu Beginn des Zweiten Weltkrieges nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Polen vor den NS-Häschern nach Osten flohen oder kurze Zeit später, nach der Besetzung Ostpolens durch die Rote Armee, von den Sowjets in Arbeitslager deportiert wurden. Nur wenigen von ihnen gelang unter abenteuerlichen Bedingungen und durch viele Wendepunkte des Krieges begünstigte Umstände die Flucht bis nach Teheran und schließlich bis nach Palästina.
Als der Film, fertiggestellt und abgenommen, schließlich beim Sender war, bekamen wir die Nachricht, dass das Sendeband die interne technische Abnahme nicht bestanden habe. Die Prüfgeräte hatten eine dokumentarische Aufnahme moniert, in der das Grauen des Sterbens im Warschauer Ghetto dargestellt wird: ausgemergelte Leichname von an Hunger, Krankheit und Auszehrung gestorbenen Menschen werden von Lagerpolizisten über eine Schräge in die Grube eines Massengrabes geschoben.
Um das Gedenken an die Opfer der grausamen NS-Vernichtungspolitik filmisch angemessen kenntlich zu machen, hatten wir in dieser Szene auf jeglichen Ton verzichtet. Es herrschte in diesem filmischen Augenblick absolute Stille. Doch – technisch gesehen – darf es im Fernsehen keinen Nichtton geben. Um das Tape sendefähig zu machen, mussten wir also einen Ton der Stille, ein stummes Geräusch unterlegen, damit die Seismografen der senderinternen Prüfanstalt anschlagen und den Film technisch abnehmen konnten.
Menschen empfinden totale Stille oft als unangenehm, in der Medienübertragung gar als Fehler. Daher werden Momente der absoluten Stille im Film eher vermieden und müssen, wenn sie dennoch eingesetzt werden – wie das Beispiel zeigt – als „Ton“ hergestellt werden.
Ästhetik der Stille
In der Kunst des Erzählens erfüllte die Stille schon früh die Funktion, eine „Darstellung des Undarstellbaren“ (Wenninghaus 1996, S. 471) möglich zu machen. In Homers Odyssee geht dem tödlichen Gesang der Sirenen eine Flaute, windstill und ohne Geräusch, voraus. Auch in heutigen Blockbuster-Fantasy-und-Desaster-Filmerzählungen Hollywoods, die durchaus in der Tradition antiker Erzählmythen gesehen werden können (vgl. Campbell 1999, Vogler 2018, Krützen 2004), hat die zumeist nur sehr kurze Darstellung von Stille vorverweisenden Charakter auf kommendes Unheil.
So zeigt die Schlüsselszene der Spielberg-Produktion Deep Impact (USA 1998) in der Regie von Mimi Leder den tiefen Einschlag eines Kometen auf der Erde, den die Menschheit, vornehmlich die USA, nicht haben verhindern können. Der Menschheit droht, wie einst den Dinosauriern, die Auslöschung. Die Szene, der dystopischste Moment des Films, verzichtet auf jegliche Musik und nutzt nur spärlich Geräusche. Man hört beim Aufprall des Himmelskörpers einen Moment der Stille, dann nur Windgeräusche und den Ausruf „Daddy!“, flehend gesprochen von der Hauptfigur des Films, im Arm des Vaters kurz vor dem Ertrinken in der riesigen Flutwelle. Die Bildattraktionen, die der Film von Mimi Leder hier mit CGI (Computer Generated Imagery) liefert, sind so überwältigend, dass jeder bombastische Orchestersound zur Untermalung, Unterstreichung oder Illustrierung des Geschehens fehl am Platz scheint. Und der kurze Augenblick der Stille im Moment des Aufschlags verweist auf das unglaubliche Desaster, das der Film dann zeigt. Auch wenn sich die computergenerierten Bilder um Realismus bemühen, wirkt die Szenerie, die zeigt, wie die Skyline von New York, von der enorm hohen Flutwelle erfasst, im Meer versinkt, unwirklich, weil das Dargestellte im Grunde jenseits unserer Vorstellungskraft liegt, vielleicht aber gerade dadurch zugleich erschreckt und fasziniert.
Trailer: Deep Impact
Dass „Schweigen, Verstummen, Abbrechen“, aber auch Flüstern oder eben Stille ästhetische Mittel im Film sind, um das „zentrale Paradox – die Darstellung des Undarstellbaren – zu artikulieren“ (Wenninghaus 1996, S. 471), wussten schon die Meisterregisseure des europäischen Kinos der 1960er-Jahre. Michelangelo Antonioni ließ schrille, ohrenbetäubende, ganz und gar unangenehme Industriegeräusche und Töne in die Stille mancher Szenen einbrechen, um in Rote Wüste (I 1964) die Einsamkeit und die Entfremdung von der Welt seiner Hauptfigur, einer jungen Ingenieursgattin (Monica Vitti), zu erzählen; Ingmar Bergman porträtierte in seinem Film Das Schweigen (S 1963) die komplizierte Beziehung zweier, in ihren Lebensprinzipien sehr ungleichen Schwestern (Ingrid Thulin/Gunnel Lindblom) zum Teil aus der Perspektive des Sohnes (Jörgen Lindström) der jüngeren Schwester. Das Ausleben der eigenen Sexualität seiner beiden Hauptfiguren zeigt Bergman in expliziten Sexszenen und untermalt diese mit Stille, wodurch er intime Lebenssituationen markiert, deren Darstellung Anfang der 1960er-Jahre als Tabu galt, also undarstellbar sein sollte. Sie dennoch so direkt filmisch zu präsentieren, ließ Bergmans im Grunde höchst moralisierenden Film 1963 zum Skandal werden (Volk 2011, S. 148 ff.).
Philosophie der Stille
Sehr markant setzte auch Andrej Tarkowskij die Stille als auditives Stilmittel in seinen Filmen ein, wobei sie als Signum der philosophischen Kontexte seines Werks gedeutet werden können: „Tarkowskijs Filme deuten auf zahlreichen Codierungsebenen auf die […] ,Leere‘ hin, wobei nicht eindeutig zu klären ist, ob das ,Nichts‘ in einem Analogschritt auf das metaphysische Nichts oder in einem dialektischen Prozeß auf das absolute Sein hindeuten soll. […] Ein prägnantes Kennzeichen […] ist die ,Handlungslosigkeit‘, ,Handlungsleere‘ innerhalb einzelner Sequenzen“ (Schmatloch 2003, S. 120).
Während die Stille in den entgrenzte Sumpflandschaften am Dnjepr zeigenden Bildern in Iwans Kindheit (UdSSR 1962) ebenso wie die stille Darstellung von Iwans Träumen oder die Stille in der auf ein kriegerisches oder ökologisches Desaster verweisenden „Zone“ in Stalker (1979) auf eine „negative Metaphysik“ (ebd., S. 123) als philosophischen Erzählkontext hindeuten, offenbaren die Spielorte etwa in Solaris (UdSSR 1972), die Raumstation, der Weltraum, der Planet Solaris selbst, in ihrer stillen Darbietung in Tarkowskijs Verfilmung des Stanislaw-Lem-Romans eher eine filmische Reise in das absolute Sein.1
Dramaturgie der Stille
Ganz anders bedient sich die legendäre französische Theatermacherin Ariane Mnouchkine der Stille im Film. Stille ist für sie ein wichtiges Element, um Zäsuren in der Inszenierung zu setzen und dadurch die Aufmerksamkeit des Publikums zu binden. In ihrem biografischen Film Molière (F/I 1978) zeichnet sie das Leben des berühmten französischen Schauspielers, Dramatikers und Theaterleiters zur Zeit Ludwig XIV. rund 100 Jahre vor der Französischen Revolution nach. Gleich im ersten Akt findet sich eine Szene, die ihren Einsatz der Stille als dramaturgischen Effekt verdeutlicht: Der junge Jean-Baptiste Poquelin (Frédérice Ladonne), der sich später Molière nennen wird, streift über den Markt der Kleinstadt in der französischen Provinz, in der er als Sohn eines wohlhabenden Teppichwebers aufwächst. Mnouchkine zeigt Szenen von bitterer Armut, aber auch von geschäftigem Treiben an den Marktständen und auf den Straßen, die im Schlamm versinken. Zwei Kutschen, eine Reisekutsche und die Kutsche eines Adligen, kommen auf der Marktstraße aufeinander zu. Obwohl die Kutscher wissen, dass sie sich auf der engen, matschigen Straße nicht ausweichen können, stellen sich gegenüber auf – wie in einer Duellsituation. Einem kurzen Wortwechsel, der besagt, einer von beiden möge weichen, lässt Mnouchkine in der Inszenierung dieser Szene eine Stille folgen, in der sich die beiden Kontrahenten von ihren Kutschböcken aus feindselig beäugen. Dem Moment der Stille folgt eine ausgedehnte Szene des lärmenden Streits zwischen den Kutschern.
Die am Straßenrand stehenden Passanten begleiten den Streit zunächst mit lautstarkem Gejohle. Dann kippt die Situation. Die Armen am Rand bewerfen die Kutscher und die reichen Kutscheninsassen mit faulem Gemüse und Schlamm. Schließlich lösen sie die Situation auf, indem sie mit vereinten Kräften die Kutschen jeweils in die Richtungen zurückschieben, aus denen sie gekommen waren. Die Kutsche des Adligen landet dabei zu ihrem größten Vergnügen mit den Hinterrädern in einem mit Wasser gefüllten Graben. Jean-Baptiste macht sich über den dicken Kutscher der im Wasser stehenden Kutsche lustig und muss daraufhin vor dem Adligen fliehen, der der Kutsche entsteigt und den Jungen verfolgt. Als Jean-Baptiste bei Damen seines Standes Zuflucht sucht, gibt der adlige Herr die Verfolgung auf. Nach dem lärmenden Spektakel folgt erneut eine stille Szene, die den dicken Kutscher an seiner Kutsche zeigt, die noch immer zur Hälfte im Graben steht.
Stille rhythmisiert hier die Szenenfolge und bildet zugleich einen dramaturgischen Rahmen für die ansteigende Spannungskurve und deren Abflachung im Verlaufe dieser Streitsequenz, die man in Mnouchkines Historienfilm durchaus als Vorverweis auf die Revolution deuten kann, die durch den gesellschaftlichen Stillstand und Niedergang der herrschenden adligen Klasse und der Rebellion der Unterprivilegierten ausgelöst wurde.
Trailer: Molière
In einer späteren Schlüsselszene des Films nutzt Mnouchkine das Mittel der Stille in ähnlicher Weise für die dramaturgische Rhythmisierung der Sequenz: Nach Jahren der Wanderschaft ist die Theatertruppe, deren Entstehung und Erfolg Molière neben seinem Können als Komödiant maßgeblich seiner langjährigen Lebensgefährtin, der Schauspielerin Madeleine Béjart (Joséphine Derenne), verdankt, in Paris etabliert. Die Sequenz beginnt mit einer Essensszene in feucht-fröhlicher Runde, in der einer aus der Theatergruppe den Vertrag für die Mitglieder der Gruppe vorliest. Selbst die härtesten Bedingungen, etwa jenseits der Auftritte der Gruppe keine anderen Engagements annehmen zu dürfen, werden mit lautem Lachen quittiert. Doch dann trübt Molière (Philippe Caubèrt) die Stimmung mit seiner Ankündigung, mehr Salär fordern zu wollen, wenn er heiratet. Er kündigt damit, ohne es direkt auszusprechen, seine Heirat mit Madeleines Tochter Armande (Brigitte Catillon) an. Die Essensgesellschaft verstummt abrupt. Die feucht-fröhliche Stimmung versinkt in einem längeren Moment der Stille, der spannungsfördernd ist, denn ihm folgt ein ernüchterndes Streitgespräch zwischen Madeleine und Molière, die sich am langen Essenstisch gegenübersitzen. Dem Lärm ihres Streits folgt erneut eine lange stille Szene. Molière und Madeleine sind nun allein im Essensraum. Er überwindet die lange Distanz des Tisches, geht auf sie zu, kniet neben Madeleine und versucht ihre Hand zu nehmen. Nachdem sie sich ihm zunächst entzieht, legt sie schließlich doch ihre Hand auf die seine. Ein langer stiller Moment traurig-gespannten Abschiednehmens.
Wie in der Kutscher-Sequenz übernimmt die Verwendung der Stille bzw. der raffinierte Wechsel zwischen lärmendem Streit und Stille auch in dieser Schlüsselsequenz von Mnouchkines Film spannungssteigernde und rhythmisierende dramaturgische Funktionen.
Realismus der Stille
Gerade die spannungsleitende und spannungssteigernde Funktion der Stille findet sich nicht nur in Filmerzählungen des Arthouse-Kinos, sondern prägt auch viele Inszenierungen im populären Film, etwa im Werk des Altmeisters der Suspense. Alfred Hitchcock, der seine Karriere als Filmregisseur schon in der Stummfilmära begann, weiß die Stille im Film sehr präzise als narratives Mittel einzusetzen
Ein Beispiel hierfür ist die legendäre Szene seines Thrillers Der unsichtbare Dritte (USA 1959), in der Cary Grant als Hauptfigur des Werbemanagers Roger Thornhill irgendwo im Nirgendwo einer amerikanischen Prärielandschaft das Treffen mit einem vermeintlichen Informanten erwartet und sich nach einer langen Szene weitgehender Ruhe und Stille einem brutalen Angriff mit einem Doppeldeckerflugzeug ausgesetzt sieht.
Flugzeugszene in Der unsichtbare Dritte
Hitchcock nutzt in dieser Szene, die später in anderen Filmen oft zitiert wurde, etwa von Emir Kusturica in Arizona Dream (USA 1993), die Stille nicht nur als dramaturgisches, sondern auch als realistisches Erzählmittel. Die Bushaltestelle, an der Thornhill aussteigt, liegt mitten in der Prärie, irgendwo auf dem Land, wo naturwüchsig Stille herrscht. Der realistische Einsatz der Stille unterstreicht hier also die Charakteristik des Ortes, der sich die Hauptfigur vollständig ausgesetzt sieht. Erst das aus der Ferne herüberwehende Geräusch eines Flugzeugs, das Schädlingsbekämpfungsmittel über einem Feld versprüht, durchbricht die Stille und bereitet bereits auditiv das weitere spannungsgeladene Geschehen vor.
Hitchcock setzt hier also am Beginn der Szene die Stille quasi als Geräusch ein, unterstreicht damit den Realismus der Situation und bedient so die konventionelle Funktion, die Geräusche im Film haben, nämlich wichtige Zutat einer realistischen Darstellung zu sein.2
Ein aktuelles Beispiel für die Verwendung des auditiven Gestaltungsmittel der Stille im Film als Element realistischer, auch sozialkritischer Erzählung findet sich in einer Episode der US-Fernsehserie How To Get Away With Murder (2014–2020). Die Hauptfigur, die afroamerikanische Strafverteidigerin und Jura-Professorin Annalise Keating (Viola Davis), verteidigt den älteren afroamerikanischen Strafgefangenen Nate Lahey Sr. (Glynn Russell Turman), der wegen Mordes angeklagt ist. Der Ex-Boxer hatte bei einem Hofgang einen Mithäftling so brutal zusammengeschlagen, dass dieser verstarb.
Keating will nun vor Gericht nachweisen, dass ihr Mandant zum Zeitpunkt der Tat aufgrund einer über Gebühr langen Isolationshaft unzurechnungsfähig war. Hierzu lässt sie, während sie den Geschworenen die Situation ihres Klienten erklärt, von ihrem Assistenten auf dem Boden des Gerichtsaals mit einem Klebeband die Umrisse der Zelle abstecken, in der sich Lahey ein Jahr lang aufhalten musste. Keating erläutert den Geschworenen, dass Isolationshaft schwere psychische Schäden nach sich zieht, und bittet sie, sich nur eine Minute in Laheys Situation in der winzigen Zelle hineinzuversetzen. Dann stellt sie sich in die angedeutete „Zelle“ im Gerichtssaal und sagt: „Here, 492.750 minutes, and all he heard was this …“3 Sie bittet alle Anwesenden für eine Minute um absolute Ruhe.
Eine Minute Stille in How To Get Away With Murder
Exakt eine Filmminute herrscht in dieser ansonsten sehr turbulenten und lauten Serie etwas für das Fernsehen ganz Ungewöhnliches: Stille – eine Stille, durch die nicht nur Hauptfigur Keating den beeindruckten Geschworenen die individuelle Situation des Gefangenen Lahey Sr. vor Ohren führt, sondern die zugleich dem Publikum sehr intensiv die sozialkritische Botschaft vermittelt, wie unmenschlich die Isolationshaft ist und wie grausam es in den Gefängnisanstalten der USA besonders für jene Gefangenen zugeht, die People of Colour sind.
Fazit
Zu zeigen war, dass die Stille im Film keineswegs nichts bedeutet, sondern eine Reihe von unterschiedlichen Erzählfunktionen übernehmen kann. Die ausgewählten Beispiele sind nur ein kleiner Ausschnitt aus der riesigen auditiven Bibliothek, die die Filmgeschichte ebenso wie das aktuelle Medienschaffen bereithält. Und sicher konnten keineswegs alle möglichen Funktionen erfasst werden. Der Beitrag versteht sich daher als ein Problemaufriss, dem Phänomen der Stille im Film, aber auch der erzählerischen Dialektik von Stille und Lärm, Ruhe und Geräusch filmwissenschaftlich vertiefend nachzugehen.
Anmerkungen
1) Im YouTube-Kanal von Mosfilm können einige Filme von Tarkowskij in voller Länge angesehen werden: https://www.youtube.com/watch?v=CYZhXm02kN0
2) Besonders in den 1960er-Jahren wurden Geräusche im Erzählkino erst als Mittel des filmischen Realismus etabliert (z. B. in Pier Paolo Pasolinis Accatone, I 1961) und konventionalisiert, experimentell eingesetzt (z.B. in den Filmen Antonionis und Bergmans), aber auch manieriert und ironisiert, wie etwa in der Anfangssequenz von Sergio Leones Spiel mir das Lied vom Tod (I/USA 1968), um später dann, mit dem beginnenden Sound-Design, bewusst übersteigert, etwa als Element der Spannungsdramaturgie, eingesetzt zu werden, z. B. in Ridley Scotts Alien (USA 1979).
3) Netflix/ABC: How to get away with murder, Staffel 5, Episode 5, TC 34:24.
Literatur:
Campbell, J.: Der Heros in tausend Gestalten. Berlin 1999
Krützen, M.: Dramaturgie des Films: Wie Hollywood erzählt. Frankfurt/Main 2004
Schmatloch, M.: Andrej Tarkowskijs Filme in philosophischer Betrachtung. St. Augustin 2003
Vogler, C.: Die Odyssee der Drehbuchschreiber, Romanautoren und Dramatiker. Mythologische Grundmuster für Schriftsteller. Berlin 2018
Volk, S.: Skandalfilme. Cineastische Aufreger gestern und heute. Marburg 2011
Wenninghaus, W.: Lärm und Schweigen, Religion, moderne Kunst und das Zeitalter des Computers. In: K.-H. Bohrer/K. Scheel: MERKUR. Zeitschrift für europäisches Denken, 50, 6/1996, S. 469–479