Hass und Hetze im Netz

Herausforderungen und Reaktionsmöglichkeiten

Melis Becker, Jessica Maron, Aladdin Sarhan (Hrsg.)

Frankfurt am Main 2024: Wochenschau
Rezensent/-in: Uwe Breitenborn

Buchbesprechung

Online seit 22.01.2025: https://mediendiskurs.online/beitrag/hass-und-hetze-im-netz-beitrag-1123/

 

 

Hass und Hetze im Netz

Der vorliegende Band versammelt Beiträge einer bundesweiten Fachtagung, die im September 2022 in Mainz stattfand. Das Buch bietet eine interdisziplinäre Aufarbeitung des Themas Hasskommunikation, indem es soziologische, kriminologische, psychologische und islamwissenschaftliche Ansätze mit praxisnahen Erfahrungen aus Zivilgesellschaft, Polizei und Justiz verbindet. Diese Kombination prägt die Qualität des Buches.

Das Buch ist in zwei Teile gegliedert: (1) Wissenschaftliche Perspektiven und (2) Umgang mit digitaler Hetze in der Praxis. Dieser klare Fokus ermöglicht detaillierte Betrachtungen sowohl theoretischer Überlegungen zu Online-Hass als auch konkreter Auswirkungen von Internet-Hasskommunikation. So analysiert Matthias Quent z. B. die Polarisierungsfalle in sozialen Medien, während Helga Ihm ein psychologisches Stufenmodell der Hasskriminalität vorstellt. Die Emotion Hass wird u. a. „durch subjektiv erlebte Unzufriedenheit, Missstände oder Klagen mit externer Verantwortungszuschreibung aktiviert“, so Ihm (S. 29). Diese Mechanismen prägen mittlerweile leider einen beträchtlichen Teil gesellschaftlicher Debatten. Menschenverachtendes Gedankengut zirkuliert im digitalen Raum oft unkontrolliert; viele Akteure demokratischer Prozesse werden attackiert. Auch andere Personengruppen sind betroffen.

Das Buch behandelt zahlreiche Aspekte der Hasskommunikation und ermöglicht ein tiefergehendes Verständnis spezifischer Phänomene. Dazu zählen Themen wie „Hass durch Freude: Memetischer Humor als Gateway zu rechtsextremen Weltbildern“ (Wyn Brodersen, Maik Fielitz), frauenfeindliche Incel-Communities (Melis Becker) oder dschihadistische Mobilisierungsstrategien (Marwan Abou Taam, Aladdin Sarhan). Die Textsammlung verdeutlicht, wie vielseitig Hasskommunikation die digitalen Medien durchdringt.

Der zweite Teil beleuchtet unterschiedliche Aspekte der praktischen Handlungsseite: Thematisiert werden polizeiliche Ermittlungen im Internet (Fabian Fiedler), die Arbeit des LKA (Yurdaer Inanli) und von Betroffenenvertretungen (Rolf Knieper) in Rheinland-Pfalz, Positionen der Staatsanwaltschaft in Bezug auf Hassrede (Jürgen Brauer), Reaktionsmöglichkeiten in der Schule (Gesa Stückmann) sowie persönliche Erfahrungen Betroffener (Interview mit Ahmad Mansour).

Themen wie diese sind seit dem Aufstieg sozialer Medien vielfach diskutiert worden. Der Band liefert in seiner Zusammenschau fundierte wissenschaftliche Analysen und praxisnahe, differenzierte Einblicke. Er bietet eine solide Grundlage für weiterführende Überlegungen und eignet sich für die politische und medienpädagogische Arbeit.

Dr. Uwe Breitenborn