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In der Krise

Glauben, Kirche, Religion in Film und Serie

Werner C. Barg

Foto des Autors Werner C. Barg

Prof. Dr. Werner C. Barg ist Autor, Produzent und Dramaturg für Film und Fernsehen sowie Honorarprofessor im Bereich Medienwissenschaft der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF.

Edward Bergers Vatikan-Thriller Konklave oder das Drama Freud – Jenseits des Glaubens zeigen, dass Filme zum Thema Kirche und Religion im Kino erfolgreich sind. In Horrorfilmen werden kirchenkritische Töne angeschlagen; in Serien wird mit modernen Bildnissen von Priesterfiguren experimentiert. Der Beitrag geht dem Trend nach.

Online seit 17.03.2025: https://mediendiskurs.online/beitrag/in-der-krise-beitrag-772/

 

 

Gespräche über Gott

Zwei Tage nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs empfängt Sigmund Freud (Anthony Hopkins) in seinem Londoner Exil einen interessanten Gast: C. S. Lewis (Matthew Goode), Universitätsprofessor in Oxford, der später durch seine Fantasyromanreihe Die Chroniken von Narnia bekannt werden sollte. In Matthew Browns Film Freud – Jenseits des Glaubens (GB/USA 2023) begründet diese Begegnung eine fast zweistündige, recht wortgewandte Debatte über die Frage nach der Existenz Gottes und der Bedeutung des Glaubens. Als rationalistischer Wissenschaftler und Arzt sind Freud religiöse Dogmen zuwider; die Psychologie des Glaubens sieht er aus illusionistischem Wunschdenken des Menschen gespeist. Und angesichts der bevorstehenden Weltkatastrophe des Krieges vermag er, selbst wenn es einen Gott gäbe, dessen Güte nicht zu erblicken. Lewis hält als gläubiger Christ dagegen. Ursprünglich Atheist, wurden gerade die grausamen Erlebnisse als Frontsoldat im Ersten Weltkrieg für ihn zum Fundament, sich dem Glauben und einer damit verbundenen theologischen Zuversicht zuzuwenden. In der Sache uneins tauschen die beiden Gelehrten ihre Argumente mit gegenseitigem Respekt und großer Hochachtung voreinander aus. Unterbrochen und aufgelockert wird Browns dialoggesättigtes Kammerspiel, das an die Tugenden eines zivilisierten Diskurses erinnert, durch eine Parallelhandlung, die die Aktivitäten von Freud-Tochter Anna (Liv Lisa Fries) als Kinderpsychologin sowie ihre Beziehung zur Lebensgefährtin Dorothy Tiffany Burlingham (Jodi Balfour) zeigen.

Freud – Jenseits des Glaubens ist ein durchaus typischer Film über Glauben, Religion und Kirche. Es sind oft Kammerspiele, in denen die zentralen Figuren philosophische und theologische Fragen in ausschweifenden, oft aber auch in höchst prägnanten Dialogen diskutieren. So auch in Die zwei Päpste (GB/USA/I/ARG 2019).
 

Trailer Jenseits des Glaubens (KinoCheck, 13.09.2024)



„Gott verändert sich“

In dem Film des brasilianischen Regisseurs Fernando Meirelles treffen 2005 anlässlich der Wahl eines neuen Papstes die Kardinäle Jorge Mario Bergoglio (Jonathan Pryce), Erzbischof von Buenos Aires, und Joseph Ratzinger (Anthony Hopkins) im Konklave aufeinander. Ratzinger, konservativer Hardliner der Katholischen Kirche, wird gewählt. Bergoglio sieht durch diese Wahl die Möglichkeiten für Reformen in der Kirche schwinden. Er schreibt dem neuen Papst, dieser möge ihn von seinem Hochamt entbinden. Auf eine Antwort von Benedikt XVI. wartet Bergoglio vergebens. Sieben Jahre später reist er nach Rom, um dem Papst sein Rücktrittsgesuch persönlich vorzutragen. In Castel Gandolfo, der Sommerresidenz des Papstes, kommt es nun zu ausführlichen Streitgesprächen zwischen Benedikt und dem argentinischen Kardinal.

Während der Papst auf die Traditionen einer 2000-jährigen Kirchengeschichte verweist und auf die korrekte Auslegung der Sakramente pocht, betont Bergoglio, dass „die Natur niemals statisch sei und auch Gott sich verändert“. So müsse sich die Kirche gleichfalls den Herausforderungen der Zeit stellen, Tradition und Moderne verbinden, um die Krise der Kirche bewältigen und den Mitgliederschwund aufhalten zu können. Dass unter der Regentschaft von Benedikt gegen die massenhaften Missbrauchsfälle weltweit wenig unternommen wurde, kritisiert Bergoglio scharf. Statt den Tätern die Beichte abzunehmen und sie zur „Buße“ auf eine neue Priesterstelle zu versetzen, wo sie teilweise ihre Verbrechen fortführen konnten, hätten sie in „kanonischen Verfahren“, so Bergoglio, aus der Kirche entfernt werden müssen. Dass die Kirche sich zudem gegenüber den Opfern ignorant verhalte, geiselt der Kardinal sehr: „Beichte reinigt die Seele des Sünders. Sie hilft nicht dem Opfer.“ Scharf kritisiert er auch das Festhalten am Zölibat. Er sagt zum Papst: „Du bist der Nachfolger des Heiligen Petrus. Petrus war verheiratet [Pause] Das Zölibat wurde erst im 12. Jahrhundert eingeführt.“

Alles an Bergoglio, von seinen Schuhen bis hin zu seinen Äußerungen, empfindet Benedikt als „Kritik“. Und wenn er dem Kardinal nun erlauben würde, sein Amt aufzugeben, würde dies auch als Kritik an ihm, dem Papst, ausgelegt werden. Später nähern sich Bergoglio und Benedikt an. Bergoglio bekennt, in einer Glaubenskrise zu stecken und räumt ein, während der argentinischen Militärdiktatur im Umgang mit den Obristen falsch gehandelt und dadurch Glaubensbrüder in Gefahr gebracht zu haben. Benedikt, der mitten in den Turbulenzen eines Finanzskandals der Vatikanbank steckt, gibt zu, amtsmüde zu sein und lässt erkennen, dass er Bergoglio für einen guten Nachfolger hält. Nachdem Benedikt ein Jahr später tatsächlich zurücktritt, wird Bergoglio zum bis heute amtierenden Papst Franziskus gewählt. Dessen wichtigsten Stationen als Priester in Argentinien hatte der Film zuvor in Rückblenden aufgerollt. Deutlicher noch als in Freud – Jenseits des Glaubens bringt Regisseur Meirelles die Krise der Kirche und deren Gründe über seine Figur Bergoglio zur Sprache. Sein Film vermittelt damit aber auch, wie wenig Papst Franziskus unter seiner Regentschaft hat verändern können.
 

Trailer Die zwei Päpste (Netflix Deutschland, Österreich und Schweiz, 29.08.2019)



Kirchenkritik

Neben den eher philosophisch orientierten Dialogfilmen über Glauben, Kirche und Religion lässt sich eine zweite Gruppe von Filmen und Serien ausmachen, die deutliche Missstände in der Kirchenorganisation kritisieren. Zentrales Thema ist in zahlreichen Filmen der Missbrauchsskandal in der Katholischen Kirche, der in Meirelles‘ Film als einer der Hauptgründe für die Kirchenkrise benannt wird. Eine der wichtigsten Produktionen zu diesem Thema im Mainstreamkino ist Spotlight (USA 2015) in der Regie von Tom McCarthy. Er erzählt von dem Team investigativer Journalisten der Tageszeitung „The Boston Globe“, die 2001 den sexuellen Missbrauch durch katholische Priester an mehr als tausend Kindern und Jugendlichen allein in der Region Boston aufdeckten. Damit brachten sie damals den Stein ins Rollen, der weltweit Recherchen zu kirchlichen Missbrauchsfällen auslöste und Opfer ermutigte, über ihr Schicksal zu sprechen.

Einige Filme und Serien thematisieren zudem die unhaltbaren Zustände in kirchlichen Heimen und Einrichtungen, besonders im Umgang mit jenen Frauen, die seitens der Kirche als „gefallen“ angesehen wurden, und mit indigenen Bevölkerungen, die zum „richtigen Glauben“ umerzogen werden sollten.
 

Small Things Like These

In Small Things Like These (IRL/BEL 2024) des belgischen Regisseurs Tim Mielants kommt der irische Kohlenhändler Bill Furlong (Cillian Murphy) in der Vorweihnachtszeit des Jahres 1985 bei der Belieferung des nahen katholischen Klosters zufällig brutalen Erziehungsmethoden auf die Spur. Er findet heraus, dass die Nonnen die im Kloster aufgenommenen alleinstehenden, oft schwangeren Mädchen drangsalieren. Bill zeigt die Missstände bei der Äbtissin des Klosters an. Doch Schwester Mary (Emily Watson) spielt die Angelegenheit herunter. Wenn er die Sache weiterverfolgt, so fürchtet Bill, könnten seine Kinder, die alle die Schule des Klosters besuchen, Nachteile erleiden. Da die Kirche in der ärmlichen Region sehr einflussreich ist, hat Bill Angst, dass sie sein Geschäft, das ihm und seiner Familie ein halbwegs gutes Auskommen beschert, schädigen könnte. So schweigt er, allerdings mit durchaus schlechtem Gewissen als guter Christ. Als er aber weitere Missbrauchsfälle entdeckt, findet er eine Lösung, die eine zutiefst humane Botschaft an die Zuschauer des Films sendet.
 

Trailer Small Things Like These (LionsgateFilmsUK, 17.09.2024)



Schwarze Pädagogik

Die Serie 1923 (USA 2022–2025), Prequel der mittlerweile sehr bekannten Paramount-Serie Yellowstone (USA 2018–2024), erzählt die Vorgeschichte der Farmerfamilie Dutton in Montana. In einem Nebenstrang der Handlung geht es um Teonna Rainwater (Aminah Nieves), eine Vorfahrin des Häuptlings Rainwater aus der Yellowstone-Serie. Teonna lebt 1923 bei ihrer Familie im Broken Rock Reservation. Nachdem die Mutter starb, der Vater wegen seiner Arbeit bei der Herde des Reservats die Kindererziehung nicht hinreichend übernehmen konnte und die Großmutter einer Indigenen als Erziehungsberechtigte vom US-Gesetz nicht anerkannt wird, muss Teonna ihr sicheres Zuhause verlassen. Sie kommt in ein staatliches Internat in North Dakota, weit weg von ihrer Familie. Hier wird sie von den Nonnen geschlagen, gequält und gedemütigt. Als sie irgendwann zurückschlägt, beginnt für sie ein grausamer Leidensweg, auf dem sie massive physische Gewalt durch den Internatsleiter Pater Renaud (Sebastian Roché) erfährt. Die Teonna-Episode in der Neo-Western-Serie von Taylor Sheridan hat einen authentischen Kern, der für das Schicksal der Ureinwohner Nordamerikas zumindest in Kanada aufgearbeitet wurde (vgl. Amnesty Journal 2023). 2015 legte eine von der kanadischen Regierung eingesetzte Untersuchungskommission ihren Abschlussbericht vor: „Laut Kommission mussten zwischen 1883 und 1996 mehr als 150.000 Ureinwohnerkinder die Zwangsinternate besuchen, die vom Staat eingerichtet und finanziert und von den Kirchen betrieben wurden. 6.000 Kinder kehrten nicht zurück. Sie starben an den Folgen der Quälereien, der Erniedrigungen oder der Einsamkeit. Der Kommissionsvorsitzende, Justice Murray Sinclair, sprach bei der Vorstellung des Berichts von einem ‚kulturellen Völkermord‘“ (Michel 2015). Für das Leid, das ihnen Kirchenvertreter angetan haben, hat Papst Franziskus sich mittlerweile bei allen Betroffenen entschuldigt (vgl. tagesschau.de 2022). In Sheridans Serie gelingt es Teonna, sich am Ende der 1. Staffel durch Flucht aus den Klauen der schwarzen Pädagogik der Katholischen Kirche zu befreien.
 

Flucht aus einengenden religiösen Verhältnissen

Fliehen aus religiös motivierten Zwangsverhältnissen möchte auch die junge Pervin (Gizem Erdogan) in der schwedischen Serie Kalifat (S 2020). Sie war mit ihrem Mann den Aufrufen des IS gefolgt und von Schweden nach Syrien gereist. Nun gerade Mutter geworden, erlebt sie die Schreckensherrschaft hautnah mit, die die radikale Religionsauslegung der Terroristen im, vom IS besetzten Raqqa anrichtet. Pervins Geschichte ist nur eine von drei Erzählsträngen, in denen  die Serie von Wilhelm Behrmann, Niklas Rockström in der Regie von Goran Kapetanović nicht nur über die Gräueltaten des IS in Syrien aufklärt, sondern realistisch die Methoden der Propaganda nachzeichnet, mit dem IS-Terroristen in Europa muslimische Jugendliche anzuwerben versuchen.

Wie eng das Korsett an Regeln durch althergebrachte und überkommene religiöse Rituale für Männer wie Frauen sein kann, zeigt die Miniserie Unorthodox (D 2020). Auf der Grundlage des gleichnamigen Debütromans von Deborah Feldman zeichnen Regisseurin Maria Schrader und die Drehbuchautorinnen Anna Winger und Alexa Karolinski das Leben einer jungen Frau in einer ultraorthodoxen jüdischen Glaubensgemeinschaft in New York nach. Sie zeigen aber auch, wie sich die junge Esty (Shira Haas) nach einer Ehekrise durch ihre Flucht von Brooklyn nach Berlin aus diesen Zwängen zu befreien beginnt.
 

Konklave

In großen Zwängen steckt in Edward Bergers Konklave der Kardinaldekan Thomas Lawrence (Ralph Fiennes). Er ist der Vorsitzende des Kardinalskollegiums, das nach dem überraschenden Tod des Papstes in einem der wichtigsten und ältesten Rituale der Katholischen Kirche ein neues Kirchenoberhaupt wählen muss. Wie schon in Meirelles‘ Film Die zwei Päpste angedeutet, stehen sich ebenfalls in Bergers Film im Konklave die Fraktionen der konservativen Traditionalisten und der liberalen Erneuerer unversöhnlich gegenüber. Zudem taucht ein der Kurie völlig unbekannter neuer Kardinal auf, der Mexikaner Vincent Benitez (Carlos Diehz), Erzbischof von Kabul. Das alles macht es Lawrence nicht leicht, seine Aufgaben zu erfüllen. Während das Konklave tagt, gerät er durch ihm zugespielte negative Informationen über einzelne Kardinalsbrüder immer stärker unter Druck. Ist er zum Spielball intriganter Mächte geworden, die die Wahl manipulieren wollen? Soll er der vermeintlichen Wahrheit hinterherjagen oder doch lieber alle Informationen ruhen und einfach Gottes Wille geschehen lassen?

Als sich abzeichnet, dass die liberale Fraktion unter den Kardinälen keine Mehrheit finden wird, besprechen sich die Kardinäle Bellini (Stanley Tucci) und Sabbadin (Merab Ninidze) mit Lawrence zum weiteren Abstimmungsverhalten. Die Szene gipfelt im folgenden Dialog:

Sabbadin: „Ein Papst war in der Hitlerjugend und kämpfte für die Nazis. Andere konspirierten mit Kommunisten und Faschisten. Päpste haben haarsträubende Berichte über Kindesmissbrauch ignoriert.“
Bellini: „Schon gut. Wir haben verstanden.“
Sabbadin: „Nein, wir finden nie einen Kandidaten, der eine absolut weiße Weste hat.“
 

Trailer Konklave (LEONINE Studios, 01.08.2024)



Dieses Beispiel macht deutlich, dass das gerade oscarprämierte Drehbuch von Peter Straughan viele Motive der kirchenkritischen Filme bündelt. Regisseur Berger verdichtet das Kammerspiel am Tatort Vatikan mit einfallsreichen Montagekonstruktionen und in opulenten Bildtableaus auf der Grundlage des Romans von Thomas Harris zu einem spannenden Thriller. So stellt Bergers Konklave zugleich einen Brückenfilm zu einer dritten Gruppe von Kinoproduktionen und Serien dar, in denen von Glaube, Kirche und Religion unter genrespezifischen Gesichtspunkten erzählt wird.
 

Auf Teufel komm raus

Arkasha Stevensons Das erste Omen (USA/I 2024), das Prequel zur Omen-Horrorfilmreihe der 1970er-Jahre, erweist sich hier als ein interessantes aktuelles Beispiel. Der Film verbindet Body-Horror und kirchenkritische Elemente: Wiederum am Tatort Vatikan entdeckt die junge, aus den USA stammende Novizin Margaret (Nell Tiger Free), dass eine Gruppe einflussreicher Würdenträger glauben, der Mitgliederschwund in der Kirche sei Teufelswerk. Indem sie dem Teufel nun höchstselbst erlauben, sich mit jungen Frauen zu paaren, hoffen sie ihn überlisten zu können.

Die so gezeugten Teufelskinder werden Lucifers Einfluss entzogen und sollen im Geiste der Kirche bei wichtigen politischen Entscheidungsträgern aufwachsen, später so selbst Macht erlangen und den Einfluss der Kirche in der Gesellschaft wieder stärken.
 

Evil

Weniger abstrus als vielmehr kulturpessimistisch fällt die Erklärung für den desolaten Weltzustand durch den angehenden Priester und ehemaligen Journalisten David Costa (Mike Colter) aus. In der Erfolgsserie Evil – Dem Bösen auf der Spur (USA 2019–2024) von CBS/Paramount+, geschrieben von den Showrunnern Michelle und Robert King, stellt Costa eine interessante These auf. „Die Welt wird immer schlimmer“, erläutert er der Gerichtspsychologin Dr. Kristen Bouchard (Katja Herbers) am Ende der ersten Folge, „weil das Böse nicht mehr isoliert ist. Böse Menschen reden miteinander. Sie sind miteinander verbunden.“ „In den sozialen Netzwerken“, schlussfolgert Bouchard. „Ja“, antwortet Costa.

Gemeinsam mit dem Techniker Ben Shakir (Aasif Mandvi) gehen die beiden fortan im Auftrag der Katholischen Kirche auf Dämonenjagd, überprüfen vermeintliche Wundererscheinungen und klären, ob Menschen besessen oder doch voll strafmündig sind. Die auch in Jenseits des Glaubens geführte Debatte um wissenschaftliche Rationalität und/oder religiöse Bewusstseinserweiterung blitzt hierbei im Streit zwischen Costa und Bouchard immer wieder auf, wird aber ungleich populärer erzählt, zumal Ben als „Mann aus dem Volke“ die beiden Streithähne zu erden versteht.
 

Die Strafe Gottes

Mysteriös dagegen bleibt die Geschichte des argentinischen Thrillers Die Strafe Gottes (ARG 2022): Luciana (Macarena Achaga) ist die Assistentin des bekannten Schriftstellers Kloster (Diego Peretti). Als sie ihn der sexuellen Belästigung bezichtigt, geraten die Leben beider völlig aus dem Ruder. Kloster verliert Frau und Kind. Und in der Pfarrersfamilie, der Luciana entstammt, häufen sich bald die merkwürdigsten Todesfälle. Regisseur Sebastián Schindel nutzt seine düstere Geschichte, um durch seine Figuren Glaubensfragen zu diskutieren. Hat Gott immer einen Plan, auch wenn wir ihn nicht verstehen? Ist menschliche Rache göttliche Gerechtigkeit? Gibt es Dinge jenseits der Religion, an die zu glauben wir erst lernen müssen? Und: Ist der wahre Glaube wirklich der, an dem wir festhalten, wenn schreckliche Dinge passieren?
 

Trailer Die Strafe Gottes (Trailer Auf Deutsch, 30.7.2024)



The Fiery Priest

In der südkoreanischen SerieThe Fiery Priest (KOR 2019–2024) ist für den katholischen Priester Michael (Kim Nam-gil), einem ehemaligen Geheimagenten, Gottes Plan dagegen völlig klar: Er kämpft mit Köpfchen und Kampfkunst um Gerechtigkeit in einer Welt voller Betrug und Hinterlist. Von der Kanzel schmettert er den vermeintlich Gläubigen im Gottesdienst wütend entgegen, sie kämen nur, um Vergebung für ihre Sünden zu erheischen, doch für die Opfer ihrer Taten würden sie sich überhaupt nicht interessieren. Und einer korrupten jungen Staatsanwältin verweigert er nach der Beichte sogar die Absolution.

Sehr klischeehaft, aber unterhaltsam erinnert The Fiery Priest durch eine kraftvolle, moralische, aber nie moralinsaure Hauptfigur an die sozialen Grundwerte des Katholizismus und hält zugleich einer von Korruption und Gewalt geprägten Gesellschaft den Spiegel vor.
 

Hot Priest

In Serienklassikern wie The Sopranos (USA 1999–2007) oder Brothers & Sisters (USA 2006–2011) war es am Rande schon Thema: Der Flirt oder sogar eine sexuelle Beziehung zwischen einer der Zentralfiguren und einem Priester.

In der 2. Staffel der Dramedy-Serie Fleabag (GB 2016–2019) verlieben sich die Titelfigur und ein Priester (Andrew Scott) ineinander.  Dort, wo in der Dramaturgie der Romantischen Komödie zumeist äußere Umstände zunächst dafür sorgen, dass die Liebenden nicht zueinanderfinden können, baut Autorin und Hauptdarstellerin Phoebe Waller-Bridge ein starkes psychologisches Motiv als Hindernis ein: das Ringen des Priesters um Identität zwischen Fleischeslust und Seelenfrieden. Die Durchbrechung oder Umgehung des Zölibats wird zum zentralen Motiv der Romantic-Comedy-Konstruktion.

Dieses Konzept des Hot Priest machte schnell Schule – ja, wird in der Comedyserie Nobody Wants This (USA, seit 2024) von Erin Foster sogar noch zugespitzt und radikalisiert: Hier ringen die offenherzige Sexpodcasterin Joanne (Kristen Bell) und der schüchterne Rabbiner Noah (Adam Brody) um Sex und Liebe, was mal zu tiefgründigen, mal zu albernen und witzigen Situationen führt, zumal sich Noah schwer damit tut, seiner Familie die Beziehung mit einer nicht-jüdischen Frau zu offenbaren. So zeigen die drei letztgenannten Beispiele, wie sich Priesterbilder in modernen Serienerzählungen deutlich wandeln und damit zugleich neue Sympathien für religiöse Glaubensprozesse vermittelt werden.
 

Quellen:

Amnesty Journal: Geschlagen, Gedemütigt, Missbraucht. In: Amnesty International, 17.03.2023. Abrufbar unter: www.amnesty.de (letzter Zugriff: 10.03.2025)

Michel, J.: Ureinwohner in Kanada. „Kultureller Völkermord“. In: taz.de, 03.06.2015. Abrufbar unter: https://taz.de (letzter Zugriff: 10.03.2025)

tagesschau.de: Gewalt an Kindern in Kanada. Papst Franziskus bittet Indigene um Vergebung. In: tagesschau.de, 25.07.2022. Abrufbar unter: www.tagesschau.de (letzter Zugriff: 10.03.2025)