Kommt ein Chatbot in eine Bar …

Claudia Mikat

Claudia Mikat ist Geschäftsführerin der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF).

Claudia Mikat, Geschäftsführerin der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF), über die Faszination und Ernüchterung beim Einsatz von Chatbots.

Printausgabe mediendiskurs: 27. Jg., 2/2023 (Ausgabe 104), S. 1-1

Vollständiger Beitrag als:

Künstliche Intelligenz (KI) und vor allem ChatGPT sind in aller Munde. Erfahrungsberichte werden ausgetauscht. Wieder wird eine Grundsatzdebatte um KI versus menschliche, vor allem emotionale Intelligenz geführt. Die üblichen Polarisierungen finden statt – zwischen entwarnender Naivität auf der einen und dramatisierender Skepsis auf der anderen Seite. Wer den Chatbot ausprobiert, ist ebenso schnell zwischen diesen Polen gefangen: Faszination und Ernüchterung.

So ein Chatbot kann viel, beispielsweise ein Editorial über Chatbots schreiben, in dem mögliche Risiken und Chancen unter besonderer Berücksichtigung des Jugendschutzes skizziert werden: Chatbots sind danach „allgegenwärtig“ und „zunehmend beliebt“, weil sie „Kundenservice kosteneffizient verbessern“ und die „Interaktion mit Nutzer:innen automatisieren“. Bei „unbeaufsichtigt und ohne angemessene Sicherheitsvorkehrungen online“ interagierenden Kindern und Jugendlichen besteht allerdings ein erhöhtes Risiko von „Cybermobbing, Belästigung oder Sexting“. Die Chancen liegen in der Aufklärung über „sicherheitsrelevante Themen“ und der Anleitung, wie Heranwachsende „sich online sicher verhalten können“.

So weit, so gut. Aber unter uns Menschen gesprochen: Die Aussagen sind grottenlangweilig (Chatbot korrigiert: „sterbenslangweilig“): banal, wenig konkret, ohne Emotion, ohne Haltung, ohne Problematisierung und ohne Lösungsideen! Ernüchternd sind aber nicht die gestanzten Outputs des Chatbots, sondern die Rückschlüsse auf den Input. Die Einsicht, dass ein Großteil der alltäglichen Kommunikation von Chatbots erledigt werden kann, schmerzt: weil sie den Blick auf die Konfektioniertheit von Alltagskommunikation öffnet, von Korrespondenz und journalistischen „Gebrauchs“-Texten bis zu Clickbait-Inhalten. Es wird uns vor Augen geführt, dass menschliche Kreativität in vielen Bereichen der Kommunikation nicht stattfindet, dass Haltung und Lösungsideen vielerorts nicht gefragt sind – und dass die Tätigkeit deshalb maschinell ersetzbar ist.

Was also macht den Menschen aus? Wessen Aufgabe wird es in Zukunft sein, Chatbots zu füttern? Werden Chatbots uns von lästiger Alltagskommunikation befreien, uns – menschlich gesprochen – „das Doofe“ abnehmen, während wir „das Kreative“ verfolgen und innovative Ideen liefern? Oder werden menschliches Denken und menschliche Arbeitskraft in der Kommunikation zunehmend überflüssig?

Fragen wir den Chatbot:

Insgesamt bieten Chat-Bots viele Vorteile, aber auch Risiken, insbesondere im Zusammenhang mit dem Jugendschutz. Es ist wichtig, dass Unternehmen, Eltern, Regierungen und Aufsichtsbehörden zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass die Chancen maximiert und die Risiken minimiert werden.“


Aha. Das letzte Wort soll (bis auf Weiteres noch) der Mensch haben: Chatbots können keine Witze! Das Lustigste, das „mein“ Chatbot nach einigen Witzanfragen und Dialogen über unschlüssige Pointen in Sachen Humor produzierte, war der Anfang folgender Episode: „Kommt ein Chatbot in eine Bar …“ Den Rest kann man sich schenken. Es ist – wirklich – nicht komisch.

Ihre
Claudia Mikat