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Kritische Medienbildung

Eine Einführung in Macht-, Herrschafts- und Ungleichheitsverhältnisse digitaler Kultur

Maximilian Waldmann

Opladen/Stuttgart 2024: Barbara Budrich/utb
Rezensent/-in: Bernward Hoffmann

Buchbesprechung

Online seit 13.05.2025: https://mediendiskurs.online/beitrag/kritische-medienbildung-beitrag-1123/

 

 

Das Buch ist aus einem Studienbrief der Fernuniversität Hagen entstanden. Der Autor untersucht in drei Hauptkapiteln, wie Digitalisierung unser Verhältnis zu uns selbst, zu anderen und zu gesellschaftlichen Ordnungen verändert. Die kritische Perspektive wird dabei von den Begriffen Macht, Herrschaft und Ungleichheit geleitet. Die insgesamt tiefgreifende Analyse der digitalen Kultur und ihrer Auswirkungen auf Bildung und Gesellschaft verbindet interdisziplinäre Perspektiven aus Soziologie, Medienwissenschaft, Gender Studies und Informatik, um Deutungs- und Interventionsmöglichkeiten für Medienpädagogik und Medienbildung aufzuzeigen.

Die theoretischen Reflexionen und Analysen werden immer wieder durch Fallbeispiele und konkrete Problemaspekte der pädagogischen Digitalisierungsdebatte veranschaulicht.

Im ersten Kapitel steht die Frage im Vordergrund, wie Technologien des Digitalen das Verhältnis zu uns selbst (Subjektivierung) verändern. Als Konkretionen dienen hier Beispiele der Digitalisierung des Lernens wie Tests, Monitoring, Evaluation, aber auch Gamifizierung, Learning Analytics und Selftracking.

Das zweite Kapitel thematisiert die hegemoniale Funktion des sogenannten „Othering“, in dem andere Menschen als „unterlegene“, „gefährliche“, „exotische“ Andere figuriert werden, um das eigene Selbst dadurch aufzuwerten. Als Konkretionen dienen hier u. a. Entstehung und Wirkung von Kartografie und das Phänomen der Fake News. Um die Reproduktion von imperialen Subjektpositionen zu ändern, erläutert der Autor notwendige Prozesse des Verlernens, Umlernens und Intervenierens.

Im dritten Kapitel geht es um Algorithmen, ihre Funktion zur Herstellung von Ordnungen und zur Sicherung von Macht. Bei der Betrachtung der Algorithmen, die letztlich gesellschaftliche Selektion und Ungleichheiten reproduzieren, ist eine Parallele zu Pierre Bourdieus soziologischen Analysen erhellend.

Zu jedem Kapitel gibt es umfangreiche Literaturbelege. Zwischenfazits erleichtern die Lektüre etwas, und ein Glossar ermöglicht es den Leser*innen, komplexe und teils sehr spezielle Fachbegriffe zu klären.

Der sprachliche Abstraktionsgrad und die theoretische Dichte dürften schon im Studienbrief den Studierenden viel abverlangt haben; das erschwert auch im Buch den Zugang für Leser*innen ohne entsprechendes Vorwissen. Einen konkreten Bezug zur pädagogischen Praxis liefert das Buch nicht. Aber es kann der medienpädagogischen Theorie gerade in der kritischen Auseinandersetzung mit kapitalistischen Formierungen der Digitalisierung wichtige Impulse liefern. Waldmann adaptiert den Begriff einer Social-Media-Literacy (Kapitel 2.5), um die Debatte um Medienkompetenz in Richtung einer „Multidirektionalität“ von Medienbildung, die auch unsere Relationen zu Algorithmen erfasst, weiter aufzubrechen (Kapitel 3.5). 

Bildung impliziert das Wagnis, bisherige Verhältnisse zu sich selbst, zu Anderen und zu dominanten Ordnungsgefügen aufs Spiel zu setzen.“ (S. 233)

Prof. Dr. Bernward Hoffmann


Maximilian Waldmann: Kritische Medienbildung. Eine Einführung in Macht-, Herrschafts- und Ungleichheitsverhältnisse digitaler Kultur. Opladen/Toronto 2024: Barbara Budrich. 282 Seiten, 34,00 Euro