Kritische Sympathie

YouTube-Stars und ihre Bedeutung für Jugendliche

Johanna von Großmann

Johanna von Großmann hat Medien- und Kommunikationswissenschaf-ten studiert und arbeitet im Bereich der Online-Kommunikation.

YouTube-Stars haben oft Tausende Abonnenten, ihre Videos werden teils millionenfach angeklickt und sind vor allem bei Jugendlichen beliebt – denn oft sind die Videoproduzentinnen und ­‑produzenten selbst junge Erwachsene. Im Rahmen einer Masterarbeit an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg wurden Jugendliche zu ihrem YouTube-Konsum und ihrem Verhältnis zu YouTuberinnen und YouTubern befragt.

Online seit 09.09.2019: https://mediendiskurs.online/beitrag/kritische-sympathie/

Vollständiger Beitrag als:

Der YouTuber Rezo war im Mai 2019 in aller Munde. Rund eine Woche vor der Europawahl veröffentlichte er auf seinem Kanal Rezo ja lol ey (1.047.281 Abonnenten) ein Video mit dem Titel Die Zerstörung der CDU, das innerhalb einer Woche über zehn Millionen Klicks generierte. Die Partei wehrte sich zunächst mit scharfer Kritik, der CDU-Europaabgeordnete Axel Voss beschrieb das Video in einem Interview mit dem WDR (WDR 2019) als „undifferenziert“ und warf Rezo vor, er würde junge Menschen „aufstacheln“. Kurz danach lud die CDU den „Bösewicht“ zu einem Gespräch in ihre Parteizentrale ein.
 


Welche Auswirkungen Rezos fast einstündiger Beitrag letztlich auf die Wahlentscheidung der jüngeren Generation hatte, ist unklar. Allerdings gewinnt die Frage nach dem Einfluss der YouTube-Stars auf das Weltbild ihrer Fans und allgemein auf Kinder und Jugendliche eine immer größere Bedeutung.
 

Regelmäßige Kontaktpflege und prinzipiell nahbar

YouTube-Stars sind die neuen Medienstars. Sie greifen jugendkulturelle Trends und Themen auf, filmen sich in verschiedenen Situationen und lassen ihre Zuschauerinnen und Zuschauer an ihrem Leben teilhaben. Die Interaktivität der Plattform und die direkte Ansprache in die Kamera erleichtern die Fanbindung – und das bringt Klicks. Ob bei Zuschauertreffen oder über Kommentare auf YouTube: Die neuen Medienstars suggerieren Alltagsnähe und scheinen für ihre Fans „prinzipiell erreichbar“ (Döring 2014, S. 9). Vor allem die „Feedback-Kanäle“ tragen dazu bei, dass YouTuberinnen und YouTuber als besonders authentisch wahrgenommen werden (Rihl/Wegener 2015, S. 85). YouTube-Stars sind nahbarer als die Stars in Film, Fernsehen oder Popmusik, denn die Internetplattform ermöglicht eine regelmäßige Kontaktpflege zwischen Star und Fan.

Ihrer Bedeutung für die Meinungsbildung sind sich viele YouTube-Stars durchaus bewusst. So sagt zum Beispiel Dagi Bee:

Ich bin für sie die Elternperson, das ist schon krass“ (Böhm/Reinbold 2015).

Sie stellt heraus, dass Transparenz und Authentizität für die Interaktion mit ihr wichtig seien, beispielsweise wenn sie Alkohol trinke. Trotzdem möchte sie „auf keinen Fall“ zum Nachahmen motivieren, sondern „wirklich ein gutes Vorbild sein“. Weiter schildert sie:

Manchmal schreiben mir auch Eltern: ‚Meine Tochter hat schlechte Noten, schaut aber dauernd deine Videos.‘ Dann thematisiere ich das nach dem Motto: ‚Hey, es ist superlieb, dass du meine Videos guckst, aber Schule ist auch wichtig‘“ (ebd.).

Die Auswahl an entsprechenden Vorbildangeboten ist groß. Jede/-r Heranwachsende hat die Möglichkeit, sich in einem oder mehreren YouTube-Stars wiederzufinden.

Welche Funktion haben die Akteurinnen und Akteure von YouTube und welchen Stellenwert nehmen sie in der Lebenswelt Jugendlicher ein? Inwiefern lässt sich die Theorie der parasozialen Interaktion auf YouTube-Stars anwenden? Und schließlich: Beeinflussen YouTuberinnen und YouTuber Jugendliche in ihrem Alltagshandeln? Diesen Fragen wurde in einer qualitativen Untersuchung im Rahmen einer Masterarbeit nachgegangen.
 

Untersuchungsgegenstand und Methode

Die Untersuchung fand im Winter 2018 im Rahmen eines dreitägigen Unterrichtsprojekts an einem oberbayerischen Gymnasium statt. 18 Schülerinnen und Schüler einer achten Klasse wurden zu ihrer YouTube-Nutzung befragt. 13 von ihnen schauten regelmäßig (mindestens dreimal wöchentlich) Videos auf YouTube. Zu den beliebtesten Formaten zählten Comedy sowie Beauty- und Lifestyle-Formate, gefolgt von Vlogs und Gaming. Zehn Schülerinnen und Schüler gaben an, mehr als zwei Formate gern zu sehen. Mit ihnen wurden schließlich längere leitfadengestützte Interviews geführt.
 


„Weil: Er denkt sich ja nur: Ja, ich bin ja eigentlich nur ein berühmter YouTuber, aber für die Leute, die ihn dann treffen, da ist der ganze Tag gerettet.“ (Junge, 14 Jahre)



Bedeutung von YouTube-Stars in der Lebenswelt Jugendlicher

Im Folgenden werden einige Aspekte und Erkenntnisse aus den Interviews zusammengefasst:
 

Häufigkeit

Mehr als die Hälfte der Befragten gibt an, täglich auf YouTube aktiv zu sein. Viele nutzen YouTube, seitdem sie ein eigenes Handy haben. Wenn sie die Benachrichtigung erhalten, dass ein neues Video hochgeladen wurde, sehen sie es sich sofort an. Zusätzlich folgen sie ihren liebsten Videoproduzentinnen und ‑produzenten rund um die Uhr auf deren Social-Media-Kanälen. Man kann sagen, dass die Plattform ihren Tagesablauf strukturiert.
 

Favoriten

Im Internet hat jeder Mensch die Möglichkeit, Inhalte online zu stellen und dadurch berühmt zu werden. Das Angebot an Projektionsflächen für Heranwachsende ist daher groß: Sie entwickeln eigene Vorlieben, suchen sich die Stars aus, denen sie gern ähnlich wären oder es im Ansatz vielleicht schon sind. Dies fällt auch bei den Interviews auf: Sieben von zehn Befragten nennen mehrere YouTuberinnen und YouTuber als ihre Favoriten. Fan oder zumindest Bewunderer eines bestimmten YouTube-Stars zu sein, kann daher als Ausdruck der eigenen Interessen und Vorlieben gedeutet werden.

Alle YouTuberinnen und YouTuber besitzen Alleinstellungsmerkmale. Sich diesen zugehörig zu fühlen kann auch als klare Abgrenzung zu anderen gesehen werden. Eine Schülerin gibt beispielsweise an, sie sehe „eher englische“ YouTuber, da berühmte deutsche Videoproduzentinnen und ‑produzenten etwas für „Jüngere“ seien. Durch diese Aussage hebt sie sich von anderen ab und ordnet sich einer abweichenden Gruppe oder auch Anhängerschaft zu.
 

Anschlusskommunikation

Im Regelfall kennen sich Fans nicht untereinander, dennoch kommt es vor, dass im Freundeskreis dieselben Stars beliebt sind. Damit verdeutlichen sie nicht nur die Zugehörigkeit zu ihrer Peergroup, sondern auch die Wichtigkeit des Austausches mit Gleichaltrigen. Es findet eine Form der Anschlusskommunikation sowohl online als auch beispielsweise in der Schule statt. Über die Hälfte der Befragten gibt an, sich mit ihren Freunden über aktuelle Videos zu unterhalten oder gemeinsam in Kinofilme oder auf Konzerte von YouTuberinnen und YouTubern zu gehen.
 

Geschlechtsspezifische Vorlieben

Viele erfahren über ihre Freunde von aktuellen YouTube-Trends. Bei den Vorlieben zeigen sich Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Während sich die Schüler über Let’s Plays und Comedy-Formate unterhalten, neue Computerspiele (allen voran Fortnite) testen, sich diese selbst kaufen und gemeinsam neue Spieltaktiken entwickeln, sieht die Mehrheit der Schülerinnen eher „Mädchenkanäle, die so typisch alle Mädchen“ verfolgen. Großer Beliebtheit erfreuen sich hier zur Zeit der Interviews vor allem die Kanäle BibisBeautyPalace, Julia Beautx und ViktoriaSarina.
 


Persönlichkeitsentwicklung

Betrachtet man die Mediensozialisation von Jugendlichen oder genauer, welchen Stellenwert Medien bei der Persönlichkeitsentwicklung einnehmen, fällt auf, dass YouTuberinnen und YouTuber dabei eine besondere Rolle spielen. Jugendliche experimentieren mit verschiedenen Identitätsfacetten, testen Grenzen aus. Dazu gehört auch, dass man sich Pranks oder Make-up-Trends nicht nur ansieht, sondern auch nachmacht. Fast alle Befragten geben an, schon einmal etwas aus YouTube-Videos übernommen und ihnen nachgeeifert zu haben. Trotzdem schließen alle aus, selbst einmal als YouTuberin bzw. YouTuber zu arbeiten. Die Jugendlichen überlegen zwar, wie sie zukünftig sein wollen, es geht ihnen dabei jedoch eher um das Austesten von Grenzen, wenn sie beispielsweise wie die PrankBros eine Wassermelone auf ein Trampolin werfen.
 


Motivation

Die Mediennutzung nimmt einen hohen Stellenwert im Alltag der Schülerinnen und Schüler ein. Die Befragten nennen vor allem affektive Motive für ihre Medien- und im Besonderen YouTube-Nutzung. Mehr als die Hälfte der Befragten gibt an, Videos vornehmlich zur Unterhaltung oder zum bloßen Zeitvertreib zu sehen. Dabei muss es noch nicht einmal ein spezielles Comedy-Format sein, das die Schülerinnen und Schüler erheitert. Insgesamt ist YouTube deshalb so beliebt, weil die Plattform für die Heranwachsenden verschiedene Zwecke erfüllt: von Information und Inspiration über Unterhaltung und Zeitvertreib bis zur Anschlusskommunikation mit Freunden.
 

YouTube in der Peergroup

Es zeigt sich, dass der Freundeskreis trotz des umfangreichen Medienkonsums die elementare Sozialisationsinstanz bleibt. Allen Interviewten ist es wichtig, über soziale Netzwerke mit ihren Freundinnen und Freunden in Kontakt zu stehen. Einige verfolgen vorrangig YouTuberinnen und YouTuber, die auch in der Peergroup beliebt sind. Ein 14-jähriges Mädchen beschreibt dies so:

Ich glaub’, auch wenn einer Fan ist und der ’ne beste Freundin hat, dann fühlt sich die andere Freundin auch immer so gezwungen, die zu mögen.“

Das heißt, die befreundeten Gleichaltrigen geben ein Stück weit vor, welche Rollenbilder und somit YouTube-Stars angesagt sind.
 

Fazit

Den Akteurinnen und Akteuren der Plattform kann eine hohe Relevanz für die Identitätskonstruktion zugeschrieben werden. Sie demonstrieren verschiedene Lebensformen, vermitteln Werte und Charaktereigenschaften, dienen als Orientierungsrahmen und Vorbilder. Die Vielfalt an YouTube-Stars sowie deren Alleinstellungsmerkmale macht es Heranwachsenden leicht, verschiedene „Identitätsfacetten“ oder „Teilidentitäten“ auszuprobieren (vgl. Keupp et al. 1999; Theunert 2009, S. 10).
 


Mädchen, 13 Jahre: „Er kann so Leute für sich begeistern. Also zumindest mich.“



YouTube-Stars und parasoziale Interaktion
 

Parasoziale Interaktion
Unter parasozialer Interaktion (PSI) versteht man das „soziale Handeln von Zuschauern“ in Bezug auf mediale Akteurinnen und Akteure („Personae“), „bei dem sich ähnliche psychische Prozesse abspielen wie in Interaktionssituationen mit realen Personen“ (Gleich et al. 2007, S. 347). Die Rezipientinnen und Rezipienten entscheiden, ob und wie sie die Videoproduzentinnen und ‑produzenten anhand ihres digitalen Bildes wahrnehmen möchten. Geht die parasoziale Interaktion über den Rezeptionsrahmen hinaus, entwickeln sich individuelle parasoziale Beziehungen (PSB). Die Faktoren zum Aufbau einer PSB gehen mit Prozessen des sozialen Vergleichs eng einher. Denn eine PSB findet statt, wenn die Zuschauerinnen und Zuschauer Gemeinsamkeiten (oder auch Abgrenzungsmöglichkeiten) zwischen sich und der Persona entdecken (Hartmann 2010, S. 36).

Die Untersuchung zeigt deutlich, dass zwischen den Befragten und ihren Lieblingsakteurinnen und ‑akteuren auf YouTube parasoziale Prozesse stattfinden. Die Interviewten können sich in „ihre“ YouTuberinnen und YouTuber hineinversetzen, fühlen mit ihnen, bewundern sie, stellen sich vor, wie es wäre, wenn sie sich einmal persönlich kennenlernen würden, Diese affektiven parasozialen Interaktionen sind unterschiedlich stark ausgeprägt. Alle Schülerinnen und Schüler können auf Anhieb ihre liebsten YouTuberinnen und YouTuber benennen. Die Hälfte der Befragten hat relevante Kanäle abonniert, wodurch nicht nur die Personae kontinuierlich erscheinen, sondern auch eine gewisse Intimität entsteht. Das Liken und Kommentieren verstärkt dieses Gefühl und kann als parasoziale Antwort gedeutet werden. Die meisten Befragten kommentieren jedoch eher, um ihren Stars Tipps zu geben und nicht um in erster Linie ihre Bewunderung auszudrücken:

Wenn der sagt: ‚Bitte helft mir‘, und ich weiß halt was Gutes, was ihm helfen könnte, dann schreib ich ihm vielleicht mal was in die Kommentare.“

Im Gegensatz zur klassischen parasozialen Interaktion, die ausschließlich einseitig von den Zuschauerinnen und Zuschauern ausgeht und wo eine Response des parasozialen Gegenübers ausbleibt, kann so zumindest die Illusion eines Austausches entstehen.

Die befragten Jugendlichen haben sich auf Basis ihrer Rezeption ein ausdifferenziertes Bild ihrer YouTuberinnen und YouTuber konstruiert und schreiben ihnen verschiedene Merkmale zu. Dabei finden auch Übertragungsprozesse in Form eines sozialen Vergleichs statt. Es sind vor allem Mädchen, die ihren Alltag mit dem der Stars vergleichen:

Boah, hat der ein cooles Haus, boah, hat der coole Sachen.“

Die meisten Schülerinnen interessieren sich vor allem dafür, wie ihre Stars leben. Deshalb sehen sie bevorzugt Roomtouren und Vlogs an.

Es treten vermehrt Assimilationseffekte auf. Die befragten Jugendlichen arbeiten dabei Gemeinsamkeiten zwischen sich und den Personae heraus. Alle Interviewten gehen davon aus, dass sie sich im „echten“ Leben gut mit ihren Lieblings-YouTuberinnen und ‑YouTubern verstehen würden:

Ich würd’ auch mit vielen klarkommen, ich würd’ auch mit vielen gerne was machen.“

Manche können sich sogar vorstellen, mit YouTuberinnen und YouTubern befreundet zu sein:

Oh, ob ich mit ihnen befreundet wär’? Ich WÄR’ gern mit ihnen befreundet.“

Die Mehrzahl konstruiert zudem mögliche Interaktionssituationen mit ihren favorisierten Akteurinnen und Akteuren. Das reicht von „Wenn sie in meiner Klasse wären, wären wir sicherlich befreundet“ bis zu „Und da stellt man sich das schon so manchmal vor, wie das ist, wenn du da jetzt wärst. Und sie überraschen ja manchmal Fans im Klassenzimmer, und da denkt man sich schon ‚Okay, was mach’ ich jetzt, wenn die jetzt reinkommen würden?‘ oder so was.“

Ein Treffen mit ihren Stars wäre für alle Befragten spannend. Während einige direkt ins Schwärmen geraten, sind sich andere bewusst, dass die gefühlte Nähe zu einer Persona nicht unbedingt von dieser geteilt würde. Für viele ist die Vorstellung, etwas „Besonderes“ zu sein, durchaus wichtig. Das wird auch bei der Schilderung eines Jungen deutlich:

Und dann am Nachmittag hab’ ich ihn halt gesehen, nur gesehen, wir haben uns nicht irgendwie getroffen oder so. Und das hat mir schon gereicht. Weil von drei Millionen Leuten, da wollen sehr viele ihn auch treffen.“

Die nicht unwahrscheinliche Möglichkeit, mit ihren YouTuberinnen und YouTubern in Kontakt zu treten oder sie bei einem Fantreffen kennenzulernen, erklärt vielleicht, warum es im Vergleich beispielsweise zu Musikstars oder Schauspielern besonders einfach ist, eine parasoziale Interaktion oder Beziehung mit einem YouTube-Star einzugehen. Wenigstens für einen kurzen Moment ereignet sich keine asymmetrische, sondern eine „echte“ Unterhaltung zwischen Zuschauer/-in und Persona. Damit wird aus der parasozialen fast eine soziale Interaktion.
 

YouTuber-Stars und das Alltagshandeln der Fans

Durch ihren intensiven Zugang zu einer jungen Zielgruppe kann man YouTube-Stars durchaus als dominante Einflussquelle betrachten. Zudem strukturiert die Rezeption von YouTube-Videos den Alltag der Jugendlichen mit. Die Mehrzahl der Befragten wünscht sich in einigen Punkten, etwas mehr wie ihre Lieblings-YouTuberinnen und ‑YouTuber sein zu können, da sie Werte und Eigenschaften verkörpern, die für sie als nachahmenswert gelten.

Mit ansprechenden Thumbnails und Videotiteln wecken die Videoproduzentinnen und ‑produzenten das Interesse der Heranwachsenden. In Realtalks äußern sie ihre Meinung, klären über Gerüchte und Streitthemen auf und schaffen es, die Jugendlichen für sich zu gewinnen.

Oftmals informieren YouTuberinnen und YouTuber über Produkte, bewerten diese teils positiv, teils kritisch. Diese Rezensionen, vor allem die positiven, werden dabei ins Meinungsbild ihrer Rezipientinnen und Rezipienten übernommen. Beim nächsten Einkauf werden die besprochenen Produkte dann eher von ihnen nachgekauft. Teilweise suchen die befragten Schülerinnen und Schüler auch gezielt nach Produktbesprechungen auf YouTube.

Und dennoch fällt auf, wie reflektiert die Jugendlichen auf der anderen Seite in ihrem Umgang mit der Plattform YouTube sind. Zwar werden sie durchaus (teils unbewusst) von YouTube-Stars beeinflusst, bilden sich aber trotz allem eigene Meinungen. Sie hegen Abneigungen gegen manche Akteure und sehen die Beschäftigung der YouTuberin bzw. des YouTubers durchaus kritisch. Mehrfach wird angemerkt, dass manche YouTuberinnen und YouTuber nur auf „schnelles Geld“ aus seien und Produkte nur aus kommerzieller Motivation heraus bewerben würden.

YouTube-Stars dienen als Orientierungspunkt für junge Menschen. Dennoch sollte man sich darüber im Klaren sein, dass nicht alle YouTuberinnen und YouTuber einen positiven Beitrag zur Identitätsbildung leisten. Dessen sind sich die Befragten zwar bewusst, thematisch fragwürdige Videos sehen sie sich trotzdem gern an. Die inhaltliche Hoheit liegt also bei den YouTube-Stars: Sie selbst können und sollten neue Qualitätsmaßstäbe setzen.
 

Literatur

Böhm, M./Reinbold, F.:YouTube-Star Dagi Bee über ihre Fans: „Ich bin für sie die Elternperson, das ist schon krass.“ In: Spiegel Online, 13.08.2015, abrufbar unter www.spiegel.de (letzter Zugriff: 25.07.2019)
Döring, Nicola: Schöne neue Mädchenwelt. Mädchen geben auf YouTube Schminktipps. In: Psychologie Heute, 41, 5/2014, S. 8 – 9
Gleich, U./Suckfüll, M./Vogel, I.: Medienhandeln. In: R. Gimmler/U. Gleich/U. Six (Hrsg.): Kommunikationspsychologie – Medienpsychologie. Weinheim 2007, S. 335 – 355
Hartmann, T.: Parasoziale Interaktion und Beziehungen. Baden-Baden 2017
Keupp, H./Ahbe, T./Gmür, W./Höfer, R./Mitzscherlich, B./Kraus, W./Straus, F.: Identitätskonstruktionen. Das Patchwork der Identitäten in der Spätmoderne. Reinbek bei Hamburg 1999
Rihl, A./Wegener, C.: YouTube-Stars. Zur Rezeption eines neuen Phänomens. In: tv diskurs, Ausgabe 73, 3/2015, S. 82 – 85
Theunert, H. (Hrsg.): Jugend – Medien – Identität. Identitätsarbeit Jugendlicher mit und in Medien. München 2009
WDR: Aktuelle Stunde. In: wdr.de, veröffentlicht am 20.05.2019 (nicht mehr abrufbar)