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Künstliche Intelligenz im Film

Narrative und ihre Entwicklung von 1970 bis 2020

Nadine Hammele

Bielefeld 2024: transcript
Rezensent/-in: Uwe Breitenborn

Buchbesprechung

Online seit 17.02.2025: https://mediendiskurs.online/beitrag/kuenstliche-intelligenz-im-film-beitrag-1123/

 

 

Künstliche Intelligenz im Film

Das vorliegende Buch ist die Dissertation der Autorin, in der sie Filme zwischen 1970 und 2020 mit Blick auf die Frage analysiert, was sie uns über künstliche Intelligenz erzählen. Das Thema steht hoch im Kurs, da die menschliche Spezies derzeit mit einer rasanten KI-Entwicklung konfrontiert ist, die viele Fragen aufwirft.

Es überrascht nicht, dass die Autorin drei zentrale Metanarrative herausarbeitet: Bedrohung, Befreiung und Beziehung. Wer denkt da nicht an Terminator (1984), Ex Machina (2015) oder Her (2013), die beispielhaft für diesen Dreischritt stehen können?

Ziel der Arbeit ist es, auf Basis narrativer Strukturen Rückschlüsse auf kulturelle Vorstellungen von KI zu ziehen und filmische Entwicklungen im Kontext gesellschaftlicher Debatten zu analysieren. Dabei bietet das Buch zahlreiche Exkurse: Neben grundlegenden Begriffsklärungen, Darlegungen des Forschungsstandes und weitgreifenden Historisierungen des Betrachtungsfeldes (u. a. künstliche Geschöpfe in der Antike) finden wir einen akribisch zusammengetragenen empirischen Fundus an filmhistorischen Beispielen.

Ihren Materialkorpus begrenzt die Autorin auf 70 Spielfilme des „westlichen Kulturraums“, womit sie englisch- oder deutschsprachige Science-Fiction-Langfilme aus Europa, den USA, Kanada und Australien meint (vgl. S. 39 ff.). Grenzfälle zur Fantastik – etwa Matrix – sind integriert, während Weltraumfilme und postapokalyptische Szenarien ausgeschlossen wurden. Diese methodische Abgrenzung ist nicht immer ganz schlüssig, schmälert aber nicht das Gesamtanliegen der medien- und kulturwissenschaftlichen Untersuchung. Sie ist eher deskriptiv angelegt und möchte zugleich ein aktuelles Anwendungsbeispiel für die Theorie der Metanarrative sein. Und so wühlt sich die Autorin fleißig durch ihren immensen Materialkorpus, der die drei oben genannten Metanarrative bestätigt.

Während frühe Filme KI oft als kriegerische Bedrohung inszenieren, rücken später Geschichten in den Fokus, die sich mit der Menschenähnlichkeit und Emanzipation künstlicher Intelligenz oder mit romantischen Beziehungen zwischen Mensch und Maschine befassen. Im Kern geht es letztlich immer um Kontrollverlust, der sich in vielen Facetten zeigt.

Hammeles Kategorisierung des umfangreichen Filmkorpus ermöglicht detaillierte Aussagen über historische Entwicklungen, narrative Muster und hat einen enzyklopädischen Wert. Im Anhang ist die Dokumentation dieser Analyse verfügbar. Für Kinofreaks gibt’s in der Zusammenstellung sicherlich hier und da noch Details neu zu entdecken; für filmhistorische und philosophische Seminare ist das Buch ein gutes Arbeitsmaterial, um über unser Verhältnis zu künstlicher Intelligenz nachzudenken.

Dr. Uwe Breitenborn