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Sei doch selbst kritisch

Über die notwendige Revision einer pädagogischen Medienkritik in digitalen Zeiten

Bernward Hoffmann

Dr. Bernward Hoffmann ist Professor em. für Medienpädagogik an der FH Münster im Fachbereich „Sozialwesen“ und Prüfer bei der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF). Er publiziert zu Themen der allgemeinen Medienpädagogik, der (Kinder-)Filmarbeit, der praktischen Medienarbeit und des Jugendmedienschutzes.

Medien durchdringen nahezu alle Bereiche des modernen Lebens – sie informieren, unterhalten, beeinflussen Meinungen und gestalten gesellschaftliche Wirklichkeiten mit. Angesichts dieser Bedeutung ist eine fundierte Medienkritik unerlässlich, die über bloße Bewertung einzelner Inhalte hinausgeht und die strukturellen, politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen der Medienproduktion und -nutzung in den Blick nimmt. Der vorliegende Text reflektiert die historische Entwicklung, pädagogische Bedeutung und aktuelle Herausforderungen der Medienkritik und plädiert für eine Revision, die sowohl individuelle Medienkompetenz als auch gesellschaftliche Verantwortung stärkt – nicht zuletzt im Zeichen des digitalen Kapitalismus.

Online seit 03.06.2025: https://mediendiskurs.online/beitrag/sei-doch-selbst-kritisch-beitrag-772/

 

 

„Es gehört weder zu den Aufgaben noch zu den Möglichkeiten der Kritik, ihre Gegenstände abzuschaffen.“ So formulierte Hans Magnus Enzensberger (1962, S. 102) seine Position zur Medienkritik, die er im Übrigen selbst mehrfach geändert hat von der „Bewusstseinsindustrie“ (1962) über den „Baukasten […]“ (1970) bis zum „Nullmedium […]“ (1988) (vgl. Kübler 2005).

Die Medienpädagogik verdankt Enzensbergers früher Position wie Adornos Kritik der „Kulturindustrie“ (1953, vgl. Helmes/Köster 2002, S. 199 f.) wichtige Impulse für eine ideologie- und gesellschaftskritische Positionierung. Diese ist mit der Betonung des selbstverantwortlichen mündigen Subjekts in der Medienpädagogik aus dem Blick geraten. Der Kritischen Theorie ging es darum, die Transformationen der Kultur unter dem Einfluss der Massenmedien zu analysieren und eine daraus folgende Entfremdung der Menschen deutlich zu machen. Medienkritik gehört zu den Kernelementen der Medienpädagogik. Aber sie braucht eine Revision.
 

1. Kritik – pädagogisch motiviert

Unter Kritik verstehe ich eine prüfende und begründete Auseinandersetzung mit Objekten, Meinungen und Äußerungen von Menschen, aber auch mit Systemen. Medienkritik, pädagogisch motiviert, setzt sich mit Medien auseinander, so sie für pädagogisches Handeln relevant sind. Sie bewertet Medien sowie technologische, ökonomische, politische und kommunikativ-kulturelle Medienentwicklungen, nicht nur problematische, nach Kriterien. Diese können objektiv und/oder subjektiv sein; sie ergeben sich objektiviert aus dem medienkritischen Diskurs als gesellschaftlich ausgehandelten Normen und Werte (Ethik, aber auch Recht). Beim Individuum sind es für die eigene Person subjektiv gültige und von ihr zu verantwortende Werte. Beide müssen sozial verantwortet werden; das Subjekt muss dies vor sich und anderen selbst tun. Aber wer verantwortet bzw. bestimmt Medienentscheidungen in der „digitalen“ Gesellschaft? Dahinter stehen im besten Fall demokratische Entscheidungen, faktisch sind es oft Macht und ökonomische Interessen.

Medienkritik setzt medienbezogenes Wissen (und Können) voraus, beim Individuum auch die Fähigkeit und Bereitschaft zur (Selbst‑)Reflexion; beides trifft im Kompetenzbegriff zusammen. Wissen und Können braucht das Subjekt nicht generalistisch, sondern als Orientierungswissen. Das heißt, der Einzelne muss nicht irgendeinen von anderen definierten Wissenskanon übernommen (gelernt) haben. Aber es muss eine kommunikationsorientierte Offenheit vorhanden sein, die das eigene Wissen immer wieder infrage stellt und durch Informationen von außen sowie begründete Meinungen anderer prüft und erweitert.

„Gebildet ist, wer gesprächsfähig ist“, formulierte vor vielen Jahrzehnten der linkskatholische Publizist Walter Dirks (1964, S. 36); heute würde ich hinzufügen: gesprächsfähig und nicht leichtgläubig. Denn erst in der eigenen „kritisch“ denkenden Übernahme werden Informationen (Daten) zu Wissen. In diesem quasi hermeneutischen Zirkel werden sich auch die subjektiven Kriterien der Medienkritik ständig weiter differenzieren. „Der individuelle Mediennutzer ist Experte für sich selbst, mindestens aber könnte er es sein bzw. es werden – wenn er sich selbst, seine Bedürfnisse und Projektionen ernsthaft in den Blick nimmt – mit einem Wort: wenn er für sich selbst sorgt. Selbstsorge ist somit auch ein Ausweg aus Unmündigkeit, die aus Bevormundung resultiert.“ (Wunden 2006, S. 87). Andere nennen das (Selbst‑)Bildung. Das ist durchaus alltagsweltlich und nicht elitär zu verstehen.
 


Medienkritik setzt medienbezogenes Wissen (und Können) voraus, beim Individuum auch die Fähigkeit und Bereitschaft zur (Selbst‑)Reflexion […].



Medienkritik hat viele Facetten. Die bekannteste Form einer begründeten Auseinandersetzung mit Medienprodukten (z. B. Literatur- und Filmkritiken im Feuilleton für ein begrenzt elitäres Publikum) ist längst nicht mehr ExpertInnen vorbehalten. Vielfach wird sie auf Kurzkommentare oder gar auf Likes und Follower reduziert. Die Grenzen zu alltagsweltlicher, einfach als Meinung geäußerter Medienkritik sind fließend. Das führt teils zur Belanglosigkeit und fordert andererseits den kritischen Rezipienten. Der ist ohnehin sich selbst erster Adressat der Medienkritik. Denn für die Reflexion des eigenen Medienhandelns ist jede(r) voll und ganz selbst verantwortlich. Hilfreich dafür, aber auch in fortlaufender Veränderung befindlich, sind medienkritische Standards (z. B. Trennung von Information/Fakten und Meinung, Genres, Ausgewogenheit …) wie auch medienethische und medienrechtliche Grundsätze. Lange vernachlässigt, aber in digitalen Zeiten zentral ist Medienkritik als Gesellschafts- und Systemkritik der Monopole, der technologischen Zwänge, des Datenkapitalismus und der ökonomischen Abhängigkeiten.

Eine pädagogisch motivierte Medienkritik beurteilt und bewertet die Medienprodukte und Mediensysteme; zugleich will sie die Menschen befähigen, dies selbst tun zu können und sich möglichst souverän und selbstbestimmt wie sozial verantwortlich in den Medienwelten zu verhalten (vgl. Kübler 2006).
 

2. Medienkritik als Medienkompetenz

In allen Modellen von Medienkompetenz kommt der Aspekt Medienkritik vor; die Begriffe erscheinen manchmal fast deckungsgleich. In Dieter Baackes „Urmodell“ ist Medienkritik zentral und liegt quasi quer zu den anderen Dimensionen; Baacke unterteilt sie in drei Aspekte:

  • analytisch, d. h. Hintergrundwissen und differenziertes Verstehen; das findet sich auch im Aspekt „Medienkunde“, bei Baacke aufgeteilt in informativ und instrumentell-qualifikatorisch, also vereinfacht gesagt in Wissen über Medien und Können im Umgang mit Medien;
  • reflexiv, d. h. sich selbst und das eigene Medienhandeln (selbst‑)kritisch zu betrachten; das findet sich auch im Aspekt „Mediennutzung“, bei Baacke aufgeteilt in rezeptiv und interaktiv;
  • ethisch, d. h. verantwortungsvoller, sozialverträglicher Umgang mit Medien; das schließt die Kenntnis rechtlicher Regelungen ein, aber auch sittliche Konventionen wie z. B. Netiquette oder einen Social-Media-Knigge.

Medienkritik soll dazu führen, Werturteile über Medien, ihre Inhalte und Wirkungspotenziale zu fällen, diese auch begründet zu vertreten und das eigene Handeln danach auszurichten. Die vierte Dimension der Mediengestaltung ist bei Baacke fast idealistisch auf eine bessere Medienzukunft gerichtet: Zur Medienkompetenz gehört es auch, über den Status des reinen Medienkonsumenten hinauszugehen und selbst aktiv zu werden. In der Förderung kreativer und innovativer Projekte sah Baacke eine zentrale Aufgaben der Medienpädagogik; diese Idee verfolgt heute noch der jährlich verliehene Dieter-Baacke-Preis. Diese Vision ist nah an Enzensbergers „Baukasten“, der eine „Entfesselung der emanzipatorischen Möglichkeiten“ und in Anlehnung an Brechts Radiotheorie eine Entwicklung vom bloßen Distributions- zum Kommunikationsmedium forderte (Enzensberger 1970, zit. n. Helmes/Köster 2002, S. 255).

Man kann das anschaulich wandeln zu einem Dreieck der Medienkritik im strukturellen Rahmen:

Welche Spitze des Dreiecks oben ist, darüber kann man streiten. Alle Seiten bzw. Spitzen des Dreiecks müssen jedenfalls als voneinander abhängig gesehen werden. Auf der Makroebene stecken Produkte, Strukturen und Systeme von Medien den Rahmen ab. Rahmenbedingungen sind verfügbare Medien an sich und die dahinterstehenden Interessen, aber auch konkret etwa das Betriebssystem eines Computers oder Smartphones und die Voreinstellungen einer App. Diese Bedingungen enthalten Grenzen und Chancen zugleich. Sie ermöglichen Souveränität oder verschleiern bzw. verhindern sie. Das Individuum handelt innerhalb dieses Rahmens – manchmal auch die Grenzen durchbrechend – idealerweise kompetent, selbstreflexiv, kritisch die eigene Haltung und das eigene Handeln verantwortend. 
 

3. Bildung und digitaler Kapitalismus

„Kritik meint nicht gewaltsame Veränderung der Welt, sie deutet auf deren Alternative; sie ist nicht revolutionär, sondern revisionistisch gesonnen“ (Enzensberger 1962, S. 102). Revision, nochmals genau hinsehen will die Initiative „Bildung und digitaler Kapitalismus“, die 2021 von MedienpädagogInnen gegründet wurde (vgl. bildung-und-digitaler-kapitalismus.de). Mit zwei Positionspapieren und einem Sammelband (Dander et al. 2024) ist sie an die Öffentlichkeit getreten. Die Initiative möchte einen Beitrag leisten, „um digital-kapitalistische Formationsprozesse in kritischer Perspektive zu thematisieren und alternative, nachhaltige Entwicklungspfade in wissenschaftlichen Kontexten, pädagogischen Handlungsfeldern und bildungspolitischen Öffentlichkeiten zu fördern“ (Dander 2024, S. 9). Ziel ist ein Netzwerk vieler, die in verschiedenen Bildungsbereichen tätig sind und natürlich verschiedene Positionen zum weiten Spektrum von Bildung, Digitalität und Kapitalismus beitragen. Einige Positionen aus dem Sammelband werden im Folgenden für die Argumentation dieses Beitrags zusammengefasst.

Die Spannung zwischen der individuellen Selbstverantwortung und systemischen Zwängen der digitalen Medienwelten ist nicht aufzulösen. Aber keinesfalls darf dem Individuum und seiner „Kompetenz“ die alleinige, nicht einmal die primäre Verantwortung („Selbstsorge“) zugeschoben werden. Dazu sind die Lebenslagen der Menschen, ihre Bildungszugänge und ‑chancen zu unterschiedlich. Die „Selbstsorge“ kann selbst dem digitalen Fetisch erliegen, wenn der Mensch zum unternehmerischen Subjekt mutiert, indem er sich über digitale Tools immer mehr selbst optimiert; damit ordnet er sich neoliberalen Kapitalismusprinzipien unter. Richtig ist: Es gibt mindestens ebenso viele gute Gründe, von Digitalisierung und Kapitalismus je für sich, aber auch ihren Affinitäten zu profitieren, wie es Gründe gibt, beide zu kritisieren (vgl. Leineweber, S. 130).

Horst Niesyto, dessen Aktivitäten schon 2006 und 2018 zu wegweisenden Publikationen in Sachen struktureller Medienkritik führten, arbeitet zentrale Berührungspunkte zwischen kapitalistischen und digitalen Strukturprinzipien heraus (vgl. Niesyto, S. 17). Er plädiert dafür, alternative Entwicklungspfade stärker zu beachten und zu fördern.

Die Offenheit digitaler Medien für eine Beteiligung vieler ist eigentlich eine demokratische Chance, die aber nur reduziert genutzt wird. Warum das so ist, ist bereits eine Frage struktureller Medienkritik. Dass in den Netzwelten die „Gatekeeper“ (JournalistInnen, Redaktionen, Review-Verfahren …) bedeutungsloser werden, es dafür aber immer mehr Influencer gibt, und dass KI-generierte Informationen keine Quellen ausweisen, stellt Anforderungen an die kritische Kompetenz der Rezipienten, aber auch an die Ethik der BetreiberInnen. Das muss im Orientierungswissen der Nutzenden verankert werden.
 


Die Nutzung digitaler Medien durch nahezu alle Menschen kommt kapitalistischen Machtinteressen sehr entgegen.



Die Nutzung digitaler Medien durch nahezu alle Menschen kommt kapitalistischen Machtinteressen sehr entgegen: „Eines der charakteristischsten Merkmale von Herrschaft ist die Kunst, den Beherrschten weiszumachen, alles, was politisch geschieht, geschehe zu ihrem Nutzen und sie seien daher aufgefordert, in ihrem eigenen Interesse mitzutun. Die Digitalisierung erledigt dieses Geschäft aufs Beste […].“ Es ist Aufgabe des Bildungssystems, „Hilfestellung bei der Herausbildung einer kritischen Urteilskraft zu leisten. […] Betrachten wir aber die ausufernde Digitalisierung, so ist zu konstatieren, dass Kinder zunehmend in eine Situation gebracht werden, die ihre Denkleistung vermindert, da erstens die Maschine in vielerlei Hinsicht das Denken abnimmt, zweitens das Gedächtnis durch die Übertragung auf die Maschine nicht mehr geübt wird und drittens, weil in der digitalen Welt keinerlei Rücksicht auf die kindlichen Entwicklungsphasen genommen wird“ (Borst, S. 204 f.). Nicht nur in einigen skandinavischen Ländern und in Australien wird die Digitalisierung in Bildungssystemen neuerdings zunehmend kritisch gesehen (vgl. Lankau, S. 211 ff. und dessen Initiative/Website Die pädagogische Wende).  

Unter dem Stichwort „digitale Suffizienz“ wird darüber diskutiert, welches Maß an Digitalisierung individuell bzw. kulturell als „ausreichend“ oder „genug“ gelten sollte; das betrifft Datenschutz ebenso wie Datenreduktion und Datenvermeidung, um auch die ökologischen Auswirkungen der IT zu reduzieren. Vielleicht müsste sogar eine Maxime „generell eher weniger“ Geltung erhalten (vgl. Eckert, S. 63 ff.).

Digitale Medien in Bildungsinstitutionen und eine damit einhergehende formale Gleichbehandlung sozial und strukturell Ungleicher vertiefen die ökonomische und soziale Spaltung der Gesellschaft (vgl. Butterwegge, S. 98). Sie verhindern Inklusion als regulative Idee gesellschaftlicher Transformation; schichtspezifische Unterschiede in der Art und Weise der Nutzung von digitalen Medien und Technologien müssten viel stärker berücksichtigt werden (vgl. Schluchter/Böhmer, S. 101 ff.). Eine „kooperative kritisch-reflexive Medienpädagogik für alle braucht situative Ansätze, flexible Rahmenbedingungen, Zeit für Beziehungsarbeit und gemeinsame Entwicklung […] sowie viel Kommunikation, Zeit und Raum zum Ausprobieren“ (Bröckling, S. 123).

Wie es hier anklingt, weisen Praxisvorschläge überwiegend in eine Richtung: Handlungsorientierte Medienarbeit (vgl. Niesyto, S. 24) und Medienpartizipation (Moser, S. 171) müssen kritisch-reflexive Prozesse anregen und stärker integriert werden. Das hat Dieter Baacke (1996) als visionären Aspekt von Medienkompetenz deutlich machte: die Bedeutung von aktivem Medienhandeln, von medienpädagogischen Projekten aktiver Medienarbeit in allen pädagogischen Kontexten. Dort und so kann Orientierungswissen für Medienkritik wachsen (vgl. auch Kritische Zeiten 2005).

 

4. Medienkritik ist unverzichtbar

„In seinem eignen Bewußtsein dünkt ein jeder, und noch der unselbständigste Kopf, sich souverän“ (Enzensberger 1962, S. 7). Orientierungswissen ist die Basis einer begründeten Medienkritik: über Medien, wie sie gemacht sind, wie sie funktionieren, wer sie beherrscht. Medienkritik muss die gesellschaftliche Rahmung und Rechtfertigung der digitalen Medienentwicklung aus pädagogischer Sicht zur Revision zwingen und Handlungsalternativen aufzeigen. Medienkritik führt zur Medienkompetenz, die sich im Handeln erproben und erweisen muss: Wie will ich mein Medienhandeln gestalten? Und welche Rahmenbedingungen verhindern das bzw. könnten das ermöglichen? Wie kann Medienhandeln für mich nützlich, risikoarm und zugleich sozial verantwortbar sein? Wie kann ich mich distanzieren, schützen, wehren? Das ist angesichts der Macht globaler, digitaler Monopole sehr schwer geworden, weil der persönliche Nutzen des Digitalen so verführerisch daherkommt und bequem ist. Sich davon zu distanzieren, verlangt viel Resilienz. Wenn das Medienumfeld anders wäre, bräuchten wir das nicht.
 


Medienkritik muss die gesellschaftliche Rahmung und Rechtfertigung der digitalen Medienentwicklung aus pädagogischer Sicht zur Revision zwingen und Handlungsalternativen aufzeigen.



Das letzte Wort soll H. M. Enzensberger haben, der in einem Essay aus dem Jahr 2000 digitale Medien und ihre Propheten schon im Blick hat. Dort heißt es zum Abschluss: „Medien spielen eine zentrale Rolle in der menschlichen Existenz, und ihre rasante Entwicklung führt zu Veränderungen, die niemand wirklich abschätzen kann. Medienpropheten, die sich und uns entweder die Apokalypse oder die Erlösung von allen Übeln weissagen, sollten wir jedoch der Lächerlichkeit preisgeben, die sie verdienen. Die Fähigkeit, eine Pfeife vom Bild einer Pfeife zu unterscheiden, ist weit verbreitet. Wer Cybersex mit Liebe verwechselt, ist reif für die Psychiatrie. Auf die Trägheit des Körpers ist Verlass. Das Zahnweh ist nicht virtuell. Wer hungert, wird von Simulationen nicht satt. Der eigene Tod ist kein Medienereignis. Doch, doch, es gibt ein Leben diesseits der digitalen Welt: das einzige, das wir haben“ (Enzensberger 2000).

Literatur:

Baacke, D.: Medienkompetenz – Begrifflichkeit und sozialer Wandel. In: A. v. Rein: Medienkompetenz als Schlüsselbegriff. Bad Heilbrunn 1996, S. 112–124

Borst, E.: Fast Food für den Geist. Bildungstheoretische Reflexionen über ChatGPT. In: V. Dander/N. Grünberger/H. Niesyto/H. Pohlmann: Bildung und digitaler Kapitalismus. München 2024, S. 201–210

Bröckling, G.: Kritisch-reflexive Medienkompetenzförderung für alle. Wie eine kooperative kritische Politische (Medien)Bildung in einer Kultur der Digitalität die Demokratie stärkt. In: V. Dander/N. Grünberger/H. Niesyto/H. Pohlmann: Bildung und digitaler Kapitalismus. München 2024, S. 115–128

Butterwegge, C.: Bildungsungleichheit im digitalen Finanzmarktkapitalismus. In: V. Dander/N. Grünberger/H. Niesyto/H. Pohlmann: Bildung und digitaler Kapitalismus. München 2024, S. 91–100

Dander, V./Grünberger, N./Niesyto, H./Pohlmann, H.: Bildung und digitaler Kapitalismus. München 2024

Dirks, W.: Bildung durch Rundfunk und Fernsehen? In: Becker, K./Siegel, K.-A. (Hrsg.): Rundfunk und Fernsehen im Blick der Kirche, 7. Beiheft, Frankfurt a.M. 1964, S. 28–54

Eckert, G.: Die anspruchsvolle Abschätzung der Auswirkungen digitaler Suffizienz. In: V. Dander/N. Grünberger/H. Niesyto/H. Pohlmann: Bildung und digitaler Kapitalismus. München 2024, S. 63–74

Enzensberger, H. M.: Einzelheiten 1. Bewußtseins-Industrie. Frankfurt 1962

Enzensberger, H. M.: Das digitale Evangelium. In: Der Spiegel, 2/2000

Helmes, G./Köster, W. (Hrsg.): Texte zur Medientheorie. Stuttgart 2002

Kritische Zeiten:Kritische Zeiten – Medienkritik mit Kindern und Jugendlichen. In: MedienConcret – Magazin für pädagogische Praxis, 18. Jg., Themenheft 2005

Kübler, H.-D.: Prämissen und Paradigmen von Medienkritik. Versuch einer Kategorisierung. In: H. Niesyto/H. Moser: Medienkritik im digitalen Zeitalter, 2006, S. 15–32

Lankau, R.: Von Benthams Panopticon zum „Age of Surveillance Capitalism“. In: V. Dander/N. Grünberger/H. Niesyto/H. Pohlmann: Bildung und digitaler Kapitalismus. München 2024, S. 211–223

Leineweber, Ch.: Widersprüche des Fortschritts. Perspektiven einer medienpädagogischen Kapitalismuskritik. In: V. Dander/N. Grünberger/H. Niesyto/H. Pohlmann: Bildung und digitaler Kapitalismus. München 2024, S. 129–141

Moser, H.: Medienpädagogische Überlegungen zum Strukturwandel der Öffentlichkeit im Zeichen von digitalem Kapitalismus und künstlicher Intelligenz. In: V. Dander/N. Grünberger/H. Niesyto/H. Pohlmann: Bildung und digitaler Kapitalismus. München 2024, S. 171–182

Niesyto, H.: Digitaler Kapitalismus. Analysen, Herausforderungen, Bildungsbezüge. In: V. Dander/N. Grünberger/H. Niesyto/H. Pohlmann: Bildung und digitaler Kapitalismus. München 2024, S. 15–28

Niesyto, H./Rath, M./Sowa, H.: Medienkritik heute. Grundlagen, Beispiele und Praxisfelder. München 2006

Niesyto, H.: Medienkritik und Medienpädagogik. In: MedienPädagogik, 37/2020, S. 23–50

Wunden, W.: Selbstsorge als Quelle kritischer Kompetenz. In: H. Niesyto/M. Rath/H. Sowa: Medienkritik heute. Grundlagen, Beispiele und Praxisfelder. München 2006, S. 87–99

Schluchter, R./Böhmer, A.: Kapitalismus im digitalen Zeitalter. Bildungstheoretische Anmerkungen zu digitaler Ungleichheit und Inklusion. In: V. Dander/N. Grünberger/H. Niesyto/H. Pohlmann: Bildung und digitaler Kapitalismus. München 2024, S. 101–114