Studie von ARD und ZDF zur Mediennutzung

Zeitunabhängige Mediennutzung immer beliebter, Fernsehnutzung stabil

Joachim von Gottberg

Prof. Joachim von Gottberg ist Chefredakteur der Fachzeitschrift MEDIENDISKURS.

99 % der Deutschen ab 14 Jahren nutzen täglich Medien. Die Fernsehnutzung bleibt stabil, die des linearen Radios geht etwas zurück und liegt wieder auf dem Vor-Corona-Niveau. Auffallend ist der zunehmende Trend zur zeitunabhängigen Videonutzung.

Online seit 14.10.2022: https://mediendiskurs.online/beitrag/studie-von-ard-und-zdf-zur-mediennutzung-beitrag-1122/

 

 

Nach der Studie ARD/ZDF – Massenkommunikation Trends 2022 steigt die Bedeutung der digitalen Angebote in der Nutzung zwar weiter an, die meistgenutzten Medien in Deutschland bleiben jedoch das Fernsehen und das Radio: 65 % der Bevölkerung ab 14 Jahren nutzen täglich lineares Fernsehen und 68 % hören täglich lineares Radio (vgl. ARD/ZDF 2022).

Bei Videoinhalten zeigt sich, dass die zeitunabhängige Nutzung in Mediatheken oder Internetplattformen immer beliebter wird: Mit 88 % der Befragten nutzen täglich etwa ähnlich so viele Menschen Videoinhalte wir im Vorjahr. Die tägliche Nutzung aller Audioinhalte – Radio, Podcast, Musik – sank im Vergleich zu 2021 um fünf Prozentpunkte auf 80 %, das lineare Radio verlor acht Prozentpunkte im Vergleich zu 2021. Damit liegt die Nutzung auf dem Niveau vor dem Corona-Lockdown, der offenbar zu einer vermehrten Radionutzung geführt hatte. Immerhin 63 % der ab 14-Jährigen lesen täglich redaktionelle Texte, ein Zuwachs von 18 % gegenüber dem Vorjahr, der, so die Autoren der Studie, allerdings auch mit methodischen Neuerungen zusammenhängen könnte (epd medien aktuell 2022).

Dass die zeitunabhängige Nutzung von Medieninhalten immer mehr an Bedeutung gewinnt, zeigt sich bei der Nutzung von Bewegtbildern: 11 % der Befragten sahen täglich mindestens eine Sendung in den Mediatheken, das sind 6 % mehr als 2021. Hinzu kommen 13 % der Befragten, die regelmäßig Sendungen von Fernseheranbietern auf YouTube schauen, das ist gegenüber 2021 ein Anstieg von 10 %. Andere Videos auf YouTube, die nicht von Fernsehsendern stammen, schauten täglich 15 % der Befragten, ein Zuwachs von 5 %, dagegen sahen 24 % täglich Videos auf Streamingdiensten, ein Plus von 2 % (ebd.).

Der Intendant des Hessischen Rundfunks und stellvertretender Vorsitzende der ARD/ZDF-Forschungskommission Florian Hager kommentiert das Ergebnis der Studie so: „Wir wissen seit Jahren um den Kipppunkt: Absehbar werden Menschen mehr digitale Angebote nutzen als lineare. Die Studie zeigt nun Veränderungen in der Altersverteilung. Erstmals sind es die 14- bis 29-Jährigen, die die höchste tägliche Bewegtbildreichweite aufweisen. Das bestätigt, wie wichtig für uns als öffentlich-rechtliche Sender junge Programmangebote sind. Wie wichtig es für die ARD ist, Mediathek und Audiothek attraktiv weiterzuentwickeln, um auch hier relevanter zu werden für junge Menschen. Denn als gemeinschaftlich finanziertes Angebot haben wir den Auftrag, die ganze Gesellschaft zu erreichen.“ (ARD/ZDF 2022)

Die gesamte Mediennutzungsdauer sank der Studien zufolge im Vergleich zum Vorjahr leicht um neun Minuten auf nun 420 Minuten pro Tag. Dem Konsum von Bewegtbildangeboten (214 Minuten) stehen die Audioinhalte mit 170 Minuten gegenüber. Erkennbar gestiegen ist dagegen die tägliche Zeit, die mit Lesen verbracht wird: Sie stieg auf 70 Minuten, ein Plus von 18 Minuten gegenüber dem Vorjahr. (ARD/ZDF Forschungskommission 2022, S. 10) „Der markante Zuwachs von 18 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr dürfte dabei vorrangig auf die veränderte Methodik zurückgehen. Durch sie wird auch das Lesen von Artikeln im Netz valider erfasst.“ (ARD/ZDF 2022).

„Homeoffice-Pflicht, ein neues Infektionsschutzgesetz und nicht zuletzt eine umfangreiche Infektionswelle im März 2022 führten zu vorübergehenden Einschränkungen in der Freizeitgestaltung. Im Vergleich zum Vorjahr wurden jedoch weniger Maßnahmen zur Eindämmung des Virus ergriffen.“ (Hess/Müller 2022, S. 414). Das hatte wohl Einfluss auf die Mediennutzung. Auch der Ukraine-Krieg könnte die Nutzung von Informationen und Brennpunktsendungen öffentlich-rechtlichlicher und privater Sender erhöht haben: „Mitten in der Feldzeit der diesjährigen Studie begann der Angriffskrieg Russlands in der Ukraine. Bei genauerer Betrachtung der Ergebnisse bestätigte sich der Verdacht, dass diese Art der Nachrichtenlage einen signifikanten Einfluss auf die allgemeine Mediennutzung der Menschen gehabt hätte, allerdings nicht. Die Abweichungen zwischen den Erhebungszeiträumen vor und nach Kriegsbeginn waren eher marginal und keineswegs kausal auf den Einfluss des Ukraine-Kriegs zurückzuführen.“ (Ebd.)

Die Studie wurde von Ende Januar bis Mitte April durchgeführt. Befragt wurden 2007 deutschsprachige Personen ab 14 Jahren. „Bei der Interpretation der diesjährigen Ergebnisse sind die methodischen Anpassungen der Studie zu beachten. Vor allem jüngere Menschen sind immer schwerer über Telefonbefragungen zu erreichen. Um weiterhin repräsentative Daten für die gesamte Bevölkerung erheben zu können, wurde daher ein Teil der Studienteilnehmer (30 Prozent) über ein repräsentatives Onlinepanel rekrutiert und befragt. Durch diesen sogenannten ‚Mixed Mode‘-Ansatz wird die Validität der Daten weiter verbessert – beim Vergleich mit den Daten der Vorjahre ist dieser Methodenwechsel zu beachten”, heißt es in der Pressemitteilung (ARD/ZDF 2022).
 

Quellen:

ARD/ZDF: Pressemitteilung von ARD/ZDF vom 06.10.2022. Abrufbar unter: www.ard-zdf-massenkommunikation.de

ARD/ZDF Forschungskommission: ARD/ZDF Massenkommunikation Trends 2022. Präsentation. In: ARD/ZDF Massenkommunikation. Abrufbar unter: www.ard-zdf-massenkommunikation.de

epd medien aktuell: Fernsehen und Radio bleiben meistgenutzte Medien. In: epd medien, 06.10.2022. Abrufbar unter: epd.de

Hess, C./Müller, T.: Aktuelle Ergebnisse der repräsentativen Langzeitstudie. ARD/ZDF-Massenkommunikation Trends 2022: Mediennutzung im Intermediavergleich. In: Media Perspektiven 9/2022, S. 414 – 424. Abrufbar unter: www.ard-media.de