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TV populär

Zur Wissensgeschichte einer Fernsehform

Wolfgang Brylla, Oliver Ruf (Hrsg.)

Göttingen 2024: V&R unipress
Rezensent/-in: Lothar Mikos

Buchbesprechung

Online seit 25.06.2025: https://mediendiskurs.online/beitrag/tv-populaer-beitrag-1123

 

 

TV populär

Die zwölf Beiträge des Bandes stammen von deutschen und polnischen Wissenschaftler*innen der Universität in Zielona Góra. Damit wird das Phänomen des populären Fernsehens in Deutschland sowohl aus nationaler Perspektive als auch aus polnischer Außensicht behandelt. In einer Art Vorwort der beiden Herausgeber heißt es: „Während jedoch explizit weder Rezeption noch Wirkungen bestimmter Fernsehsendungen im Vordergrund stehen sollen, geht es aus medienkulturwissenschaftlicher Sicht darum, Strukturen, Inhalte und Wissensbestände einzelner Pop-Fernseh-Formen zu lokalisieren und einem entsprechenden close reading zugänglich zu machen“ (S. 7, H. i. O.). Dazu setzen sich die Autor*innen mit einzelnen Formaten oder Formattypen auseinander, von Scripted Reality wie Goodbye Deutschland über Datingshows, das „Dschungelcamp“ und Formate, die eng mit ihren Moderatoren wie Kurt Krömer oder Joko und Klaas verknüpft sind, bis hin zu begleitenden Social-Media-Aktivitäten, Podcasts oder den Polen-Klischees insbesondere in der Late-Night-Show von Harald Schmidt.

Gerahmt werden die Beobachtungen und Analysen einzelner Formate durch grundlegende Überlegungen des Medienwissenschaftlers Oliver Ruf zur populären Fernseh­ästhetik, die er als „Angebot kommunikationsästhetischer Funktionen verstanden“ wissen will (S. 17). Es geht dabei auch darum, von vielen Menschen gesehen zu werden, denn das Populäre wird zur Passion (vgl. S. 22), und das Fernsehen wird „in das Populäre integriert“ (S. 24). Ein Ausdruck dessen ist die Selbstthematisierung des Mediums in zahlreichen Formaten – wie der Literatur- und Medienwissenschaftler Thomas Heintz am Beispiel von TV Total, Kalkofes Mattscheibe und Ich bin ein Star – Holt mich hier raus! sehr anschaulich zeigt (vgl. S. 185 ff.). Damit wird das Fernsehen gewissermaßen auf eine Metaebene gehoben, indem es sich in seinen Sendungen immer auch selbst reflektiert – zum Beispiel in Serien wie Stromberg und Die Discounter (vgl. S. 208). Das zeigt sich aber auch bei Datingshows wie Der Bachelor, die „Bühnen bzw. Plattformen für die öffentliche Verhandlung sozialer Beziehungen der Intimität“ darstellen (S. 162).

Insgesamt bieten die Beiträge einen breiten Überblick über Aspekte des populären Fernsehens, seiner Ästhetik und seiner Funktionen. Sie regen die Leser*innen im besten Sinne zum Nachdenken und Philosophieren über dieses alltägliche Medium an, dessen Popularität angesichts der Streamingplattformen nach wie vor ungebrochen bleibt.

Prof. i. R. Dr. Lothar Mikos


Wolfgang Brylla/Oliver Ruf (Hrsg.): TV populär. Zur Wissensgeschichte einer Fernsehform. Göttingen 2024: V & R unipress. 262 Seiten, 50,00 Euro