Widersprüchliche Signale
Notizen zur Rezeption von True Crime
True Crime – das sagt ja schon der Name – handelt von wahren Verbrechen. Damit scheint das Genre, das in den letzten Jahren kaum mehr aus der Populärkultur wegzudenken ist, ein äußerst klares Verhältnis zu Wirklichkeit und Wahrheit zu haben. Die Literaturwissenschaftlerin Jean Murley stellt fest:
True crime is a genre that claims a strict and tidy relationship with ‚reality‘ or ‚truth‘, and many of its creators and consumers believe it to depict ‚just the facts‘.“ (Murley 2008, S. 13)
Aber so simpel, einfach „nur die Fakten“ zu zeigen, ist die Lage natürlich nicht. Mögen True-Crime-Formate zwar bisweilen diesen Anspruch hegen, so stellen sie – wie alle dokumentarischen Formen – selbstverständlich keinen direkten Zugriff auf die Wirklichkeit dar, sondern transformatieren die Geschehnisse vielmehr in ein Narrativ (vgl. Balke 2017, S. 2 ff.). So führt auch Murley weiter aus: „[T]rue crime always fictionalizes, emphasizes, exaggerates, interprets, constructs, and creates ‚truth‘, and any relationship to the facts is mediated and compromised“ (Murley 2008, S. 13).
A&E: The First 48: Road Rage 2 (2010)
Medialisieren, Konstruieren, Fiktionalisieren: Aus dieser Transformation von Verbrechen, Ermittlungen und Gerichtsverfahren ergibt sich eine Spannung zwischen faktualem, dokumentarischem Erzählen und Schnittstellen zur Fiktion. True-Crime-Serien, so im Folgenden die These, senden widersprüchliche Signale. Verstehen sie sich einerseits explizit als dokumentarisch, so erlauben sie implizit doch auch eine distanzierende Rezeption mit narrativen und ästhetischen Parallelen zu fiktionalen Formen.
Dabei soll selbstverständlich nicht behauptet werden, dass ein maßgeblicher Teil der Zuschauer:innen True Crime für bloße Fiktion hielte oder dass die Rezeption von True Crime insgesamt auf einen einzelnen Nenner zu bringen wäre – dazu sind die aktuellen Ausprägungen in Fernseh‑, Streaming‑, Podcast- oder Printformaten zu vielseitig. Stattdessen soll exemplarisch anhand der beiden Serien The First 48 und Unsolved Mysteries aufgezeigt werden, wo diese parallel zu ihrem offenbar eindeutig dokumentarischen Charakter auch Ansätze für eine fiktionalisierende Rezeption bieten.
Eine Frage der Rezeption
Die Uneindeutigkeit von True Crime zwischen Fakt und Fiktion ist kein neues Phänomen. So lässt sich schon für Truman Capotes oftmals zum Urtext des Genres stilisiertes Buch In Cold Blood von 1965 eine Unsicherheit diesbezüglich feststellen. Denn die Innovation, die dem Text zugeschrieben wird, liegt in der widersprüchlichen Form der Non-Fiction Novel oder des Tatsachenromans: Dem Zeitgeist eines New Journalism folgend, schwankt Capote zwischen journalistischem und literarischem Schreiben und produziert so einen „Borderline-Text“ des faktualen Erzählens (vgl. Klein/Martínez 2009, S. 4). In seinen Schilderungen eines brutalen Mehrfachmordes nutzt Capote – wie ihm insbesondere von Kritiker:innen vorgehalten wurde – Mittel, die typischerweise mit Fiktion assoziiert sind. So gibt er etwa private Gespräche oder gar Gedanken wieder, die zwar einem allwissenden Romanerzähler, nicht aber einem realen Autor zugänglich sind. Mag hierdurch der Wahrheitsgehalt im Hinblick auf die genaue Wiedergabe der Wirklichkeit doch mindestens zweifelhaft werden, so wird vor allem eine klare Trennung zwischen „bloßen Fakten“ und ausschmückender Fiktion für die Leser:innen unmöglich.
Zeigt In Cold Blood die verschwimmende Grenze am Beispiel eines kanonischen True-Crime-Textes besonders anschaulich, so beschäftigt sie Theorien des Dokumentarischen aber auch auf sehr grundlegender Ebene. Denn selbst wenn postmoderne Extrempositionen, die eine Unterscheidung zwischen Fakt und Fiktion vollständig verwerfen, nicht von allen geteilt werden, so besteht doch ein Konsens, der mindestens anerkennt, dass das Dokumentarische nicht als inhärente Eigenschaft von Texten oder (Bewegt‑)Bildern zu verstehen ist.
Johnny Carson: Truman Capote Talks About In Cold Blood 1/3 (1972)
Eine mögliche Lösung für dieses „Problem“ des Dokumentarischen kann gefunden werden, indem es als ein Rezeptionsmodus verstanden und der Fokus somit auf die Seite der Rezipient:innen gelenkt wird. Eine solche Pragmatik des Dokumentarischen, die beispielhaft für den Dokumentarfilm etwa Frank Kessler entwirft, nimmt ihren Ausgangspunkt in der zunächst vielleicht banal scheinenden Feststellung, dass ein Publikum „einen Film dann als dokumentarisch auffaßt, wenn oder solange [es] an dessen dokumentarischen Charakter glaubt“ (vgl. Kessler 1998, S. 66). Daraus folgt, nicht mehr danach zu fragen, ob ein Film nun dokumentarisch oder fiktional ist, sondern in den Blick zu nehmen, weshalb er auf die eine oder andere Weise rezipiert wird.
Zwischen Reality-TV und Police Procedural: The First 48
Ein einfaches Mittel, um die Rezeption in die eine oder andere Richtung zu lenken, können sogenannte Paratexte sein, also etwa Titel, Genrezuordnungen oder auch Marketing (vgl. ebd., S. 66 f.). Wenn beispielsweise In Cold Blood nicht nur mit dem Label der Non-Fiction-Novel, sondern auch mit dem Untertitel A True Account of a Multiple Murder and Its Consequences versehen ist, kommuniziert dies zunächst einen klaren Anspruch auf einen Wirklichkeitsbezug des folgenden Textes – ein Anspruch, der dann wiederum durch die erwähnten Stilmittel der fiktionalen Erzählung unterlaufen wird.
Ganz ähnlich wie der Untertitel von Capotes Tatsachenroman kann der Vorspann der US-True-Crime-Serie The First 48 als Rezeptionsanweisung verstanden werden, die zunächst deren dokumentarische Qualitäten unmissverständlich unterstreicht. So heißt es hier: „These are not actors“ und „There is no script“ – was dann nur einen Schluss zulässt, nämlich: „This is real.“ Keine Schauspieler:innen und kein Drehbuch, das bedeutet die maximale Abgrenzung von fiktionalen Formen der Fernsehunterhaltung. Doch natürlich zeigt auch The First 48 nicht einfach die Realität, sondern transformiert die Ermittlungen in eine episodisch-serielle Struktur, die Ansatzpunkte für eine fiktionalisierende Rezeption liefert.
The First 48 läuft seit 2004 in über 20 Staffeln und ist in Deutschland auch auf dem Pay-TV-Spartensender Crime+Investigation sowie im Streamingangebot von RTL+ zu sehen. Neben dem dokumentarischen Anspruch erklärt der Vorspann auch Prinzip und Titel der Serie: Die Chancen zur Lösung eines Mordfalles halbieren sich, falls die Ermittlungen in den titelgebenden ersten 48 Stunden nach der Tat noch keine substanziellen Anhaltspunkte liefern. Am Tatort mit den US-Ermittlern – so der deutsche Untertitel – begleitet in jeder der knapp 45‑minütigen Folgen die Arbeit der Polizei in unterschiedlichen amerikanischen Städten bei ein oder zwei Mordfällen.
Der Zeithorizont von 48 Stunden strukturiert die Geschehnisse dabei zu einem spannungsreichen Narrativ, das klar auf ein Ziel ausgerichtet ist und die Ermittlungsarbeit in beinahe aristotelischer Einheit von Ort und Zeit auf die entscheidenden Momente verdichtet. Diesen Ablauf betont ein immer wieder eingeblendeter Countdown, der die verstreichenden Stunden seit der Tat rückwärts zählt und der als ästhetisches Mittel wohl auch Assoziationen zur fiktionalen Serie 24 aufruft, die nur drei Jahre vor The First 48 gestartet war. Insbesondere nähert sich The First 48 mit dem zielgerichteten Aufbau aber den Erzählmustern des Police Procedural an.
Serien dieses Genres – etwa die des erfolgreichen Law & Order-Franchise – erfreuten sich in den 1990er- und 2000er-Jahren großer Beliebtheit und laufen z. T. bis heute. Auf oftmals stark formalisierte Weise erzählen sie aus der Perspektive von Polizist:innen über die Aufklärung von Verbrechen. Beginnend bei der Tat, erstreckt sich die Erzählung über das Sammeln von Beweisen, die Vernehmung von Zeug:innen und Verdächtigen bis hin zur Lösung des Falles. Daraus ergeben sich Überschneidungen mit narrativen Mustern und Szenarien in The First 48, orientieren sich doch sowohl die fiktionalen Serien als auch das dokumentarische Format an den Ermittlungsprozeduren der Polizei. Der Ablauf wird dabei von beiden auf ähnliche Weise zeitlich verdichtet, inklusive dramaturgischer Mittel wie Cliffhangern vor den Werbepausen. So wie Zuschauer:innen beim Schauen eines fiktionalen Police Procedural bereits vorab mit dessen Erzählweise vertraut sind, so kann dieses Vorwissen auch in der Rezeption von True Crime die Erwartungen formen. Diese löst The First 48 durchaus ein, wird doch hier die überwiegende Zahl der Fälle – so suggeriert es die Serie zumindest – oftmals tatsächlich im Rahmen der 48 Stunden gelöst.
Doch gleichzeitig finden sich innerhalb der Serie auch Signale für eine entgegengesetzte Rezeption. Zu Beginn und Ende jeder Folge weist eine – wohl aus rechtlichen Gründen notwendige – Einblendung darauf hin, dass die gezeigten Personen bis zur Verurteilung als unschuldig zu gelten haben. Diese Einschränkung widerspricht der Eindeutigkeit, mit der zuvor die Ermittlungsergebnisse als Abschluss des Falles präsentiert wurden. Es stehen sich also zwei Rezeptionshinweise gegenüber: Explizit wird unterstrichen, dass die realen Personen nicht vorzuverurteilen sind, während gleichzeitig die Erzählkonventionen eine Lösung des Falles suggerieren – etwa wenn zu sehen ist, wie ein Verdächtiger in Handschellen zum Gefangenentransporter geführt wird.
Hier zeigt sich, dass eine fiktionalisierende Rezeption von True Crime ethische Fragen des Erzählens nicht aufhebt. Nicht nur werden Verdächtige für ein Fernsehpublikum potenziell fälschlich als Täter:innen inszeniert, auch wird ein bestimmtes Bild von Polizeiarbeit reproduziert. Wie in vielen Police Procedurals – und durchaus anders als in einigen True-Crime-Serien, die die Arbeit der Ermittlungsbehörden auch kritisch beleuchten – haben Polizei, Forensik und Staatsanwaltschaft in The First 48 einen privilegierten, unzweifelhaften Status (vgl. auch Murley 2008, S. 125 f.). Die dokumentarische „Strahlkraft“ der Serie kann hier stereotype Konventionen fiktionaler Narrative bekräftigen.
Zwischen Fahndungsaufruf und ästhetischer Abstraktion: Unsolved Mysteries
Die Bezüge zwischen dokumentarischen Serien wie The First 48 und Erzählmustern fiktionaler Formate entstehen auch durch mediale Kontexte. Denn weder im linearen Fernsehprogramm noch auf Streamingportalen steht True Crime für sich allein: Die Programmierung von Spartenkanälen wie RTL Crime oder die Vorschlagsalgorithmen von On-Demand-Angeboten stellen fiktionale und faktuale Crimeformate nebeneinander.
Unsolved Mysteries - Season 7, Episode 12
Die Rolle eines solchen Kontextes zeigt sich auch am Beispiel der Serie Unsolved Mysteries, die mit einigen Unterbrechungen von 1987 bis 2010 vom US-Sender NBC produziert wurde, bevor Netflix sie 2020 neu aufgelegt hat. Wie der Titel bereits deutlich macht, stehen ungelöste und mysteriöse Fälle im Zentrum der Serie, die sie mit einem stilbildenden Mix aus Interviews mit Angehörigen und Expert:innen, Archivaufnahmen und nachgestellten Szenen rekonstruiert. Mit dem Reboot soll einerseits die Stimmung des Originals beibehalten und gleichzeitig eine Modernisierung vorgenommen werden. So bewirbt Netflix Unsolved Mysteries als eine Produktion „[v]on den Schöpfern der legendären gleichnamigen Dokumentarserie und den Produzenten von Stranger Things.“ Schon das Marketing kann also als ein widersprüchliches Signal für die Rezeption verstanden werden, wird damit doch gleichzeitig die dokumentarische Natur des Vorbildes betont und der personelle Bezug zu einer fiktionalen Serie hervorgehoben.
Stranger Things ist dabei nicht nur ein inhaltlicher Bezugspunkt – thematisiert Unsolved Mysteries im Original wie in der Neuauflage neben Verbrechen auch vermeintlich übernatürliche Phänomene wie Ufo-Sichtungen und Geistererscheinungen –, sondern auch ästhetische Referenz. Die Serie steht für die Konventionen eines „Netflix-Stils“, in den sich nun auch Unsolved Mysteries einfügt. So wird den fiktionalen wie dokumentarischen „Premium“-Produktionen des Streaminganbieters oftmals sowohl ein hohes Level an Komplexität zugeschrieben, als auch ein gewisser „Look“ nachgesagt (vgl. auch Walters 2021, S. 32 f.).
Diese ästhetische Angleichung zeigt sich deutlich in den nachgestellten Spielszenen. Bezeugen die Interviews die Realität der Fälle, so verfolgen die Reenactments weniger den Anspruch, die Gegebenheiten exakt wiederzugeben, sondern versuchen eher, Impressionen davon zu vermitteln (vgl. ebd.). Ein atmosphärischer Soundtrack, geringe Tiefenschärfe und mysteriös-dunkel ausgeleuchtete Szenen geben hier einen abstrahierten Eindruck vom Geschehen. Anders als etwa The First 48, wo das Gefühl entstehen kann, „live“ und direkt bei der Aufklärung von Verbrechen dabei zu sein, stellen die hochgradig stilisierten Bilder von Unsolved Mysteries ihre künstliche Gemachtheit geradezu aus.
Dazu trägt auch eine zeitliche Distanz von teilweise mehreren Jahrzehnten zu den nacherzählten Fällen bei. Mit Kostümen und Requisiten reinszenieren die Reenactments historische Szenarien, die den dokumentarischen Charakter der Bilder damit weiter in den Hintergrund treten lassen. Auch geografische oder kulturelle Differenz kann den Rezeptionsvorgang beeinflussen, etwa durch den Transfer der Serie von den USA nach Deutschland: So dürften die Ansichten aus Verhörzimmern und Polizeibüros, von amerikanischen Polizeiautos und ‑uniformen insbesondere für ein deutsches Publikum fiktionalisierend wirken, weisen diese doch auf eine Erzählwelt hin, die die meisten Zuschauer:innen hierzulande vor allem als Setting fiktionaler Filme und Serien kennen dürften.
Doch ebenso wie bei The First 48 steht am Ende jeder Folge von Unsolved Mysteries ein Widerspruch zur Rezeption als reine Fiktion: Eine Einblendung weist auf die Kontaktdaten der Polizei sowie auf die Website unsolved.com hin, an die man sich mit Informationen zu dem bislang ungelösten Fall wenden kann. Neben die distanzierende Wirkung der stilisierten Reenactments tritt also die zumindest theoretische Möglichkeit, die Wirklichkeit durch konkrete Handlungen zu beeinflussen, wenn es schon im Trailer heißt: „[Die Macher] zählen auf dich, um neue rätselhafte Fälle zu lösen.“ Mit der Hoffnung, durch Teilhabe der Rezipient:innen am Rätsel neue Hinweise zu erhalten, nehmen diese gewissermaßen selbst die Rolle von Ermittler:innen ein (vgl. ebd., S. 28). Damit schließt Unsolved Mysteries einerseits an Formate wie America’s Most Wanted oder dem in Deutschland schon früh etablierten televisuellen Fahndungsaufruf in Aktenzeichen XY … ungelöst an, zugleich integriert True Crime aber auch Formen einer aktiven Rezeption, die unter dem Stichwort der Partizipationskultur paradigmatisch für ein digital vernetztes Publikum stehen (vgl. Horeck 2019, S. 4 ff.).
Kein Schutz vor Kritik
Die Rezeption von True Crime – so zeigt der flüchtige Blick auf The First 48 und Unsolved Mysteries – muss sich nie ganz festlegen. Als populärkulturelle Unterhaltung integriert sich das Genre in einen Kontext fiktionaler Crimeformate, an deren Konventionen und Ästhetiken es sich immer wieder annähert. So erlauben auch explizit dokumentarische Serien, einen fiktionalisierenden Blickwinkel einzunehmen. Dieser kann jedoch nie vollständig beibehalten werden, schieben sich doch immer wieder Elemente des Dokumentarischen in den Vordergrund, die den Bezug zur Wirklichkeit ins Gedächtnis rufen.
Es ist dieses Spannungsverhältnis, das wohl auch wesentlichen Anteil an jenem Unbehagen hat, welches das Genre bisweilen auslöst – zielt Kritik an ihm und seinem Publikum doch oft gleichzeitig in zwei konträre Richtungen: Einerseits impliziert ein Hinweis wie der oben zitierte von Murley eine Naivität des Publikums, das sich der Konstruiertheit von True Crime nicht bewusst ist und die dramatisierten Darstellungen für eine neutrale Präsentation „bloßer Fakten“ hält. Andererseits häufen sich insbesondere in letzter Zeit Stimmen, die True Crime und seinen Rezipient:innen eine Vergessenheit für das reale Leid von Opfern und Angehörigen vorwerfen, den Bezug zur Realität also gerade auszuklammern und die Erzählungen als bloßes Entertainment zu sehen.
Die aufgezeigten Ansatzpunkte für eine fiktionalisierende True-Crime-Rezeption entbinden damit keinesfalls von solchen ethischen Fragen. Vielmehr rücken unlängst die fiktionalen Konventionen, auf die auch True Crime zurückgreift, in den Fokus, wenn etwa vor dem Hintergrund der Black-Lives-Matter-Proteste zunehmend die Frage aufkommt, wie der unkritische Blick auf die Arbeit der Polizei in Crimeserien die öffentliche Wahrnehmung formt (vgl. Curtis 2021, S. 89 ff.). Der Rückgriff auf Mittel der Fiktion festigt im Fall von True Crime nicht nur Stereotype und verzerrte Darstellungen von Verbrechen, sondern kann auch ganz reale Konsequenzen für konkrete Personen haben, die sich als Gegenstand einer solchen Erzählung wiederfinden. Es gilt also – wie hier nur angedeutet werden konnte –, einen kritischen Blick auf die Erzählmuster und Ästhetiken zu richten, mit denen True Crime von wahren Verbrechen berichtet (vgl. Biressi 2001, S. 32).
Literatur:
Balke, F.: Theorie des Dokumentar- und Essayfilms. In: B. Groß/T. Morsch (Hrsg.): Handbuch Filmtheorie. Wiesbaden 2017, S. 1 – 18
Biressi, A.: Crime, Fear and the Law in True Crime Stories. Houndmills/Basingstoke 2001
Curtis, R.: Die Verzeichnung der Polizeiarbeit in US-Serien. In: POP. Kultur und Kritik, 1/2021/10, S. 88 – 92
Horeck, T.: Justice on Demand. True Crime in the Digital Streaming Era. Detroit 2019
Kessler, F.: Fakt oder Fiktion? Zum pragmatischen Status dokumentarischer Bilder. In: montage AV. Zeitschrift für Theorie und Geschichte audiovisueller Kommunikation, 2/1998/7, S. 63 – 78
Klein, C./Martínez, M.: Wirklichkeitserzählungen. Felder, Formen und Funktionen nicht-literarischen Erzählens. In: C. Klein/M. Martínez (Hrsg.): Wirklichkeitserzählungen. Felder, Formen und Funktionen nicht-literarischen Erzählens. Stuttgart/Weimar 2009, S. 1 – 13
Murley, J.: The Rise of True Crime. Twentieth Century Murder and American Popular Culture. Westport, Connecticut/London 2008
Walters, E.: Netflix Originals. The Evolution of True Crime Television. In: The Velvet Light Trap, 2021/88, S. 25 – 37