Wie wir die Welt sehen

Was negative Nachrichten mit unserem Denken machen und wie wir uns davon befreien

Ronja von Wurmb-Seibel

München 2022: Kösel
Rezensent/-in: Tilmann P. Gangloff

Buchbesprechung

Printausgabe mediendiskurs: 26. Jg., 3/2022 (Ausgabe 101), S. 83-83

Vollständiger Beitrag als:

Wie wir die Welt sehen

Seit Jahren befindet sich die Welt in einer Dauerkrise. Manchen Menschen wird das zu viel; deshalb liest Ronja von Wurmb-Seibel keine Zeitungen mehr, TV-Nachrichten und Talkshows boykottiert sie ebenfalls. Das tun andere zwar auch, aber sie hat früher für das Politikressort der „Zeit“ gearbeitet. Ihr Sinneswandel erfolgte während ihrer Tätigkeit als Korrespondentin in Afghanistan. Als sie feststellte, dass ihr die Auseinandersetzung mit dem Elend jegliche Lebenskraft entzog, hielt sie gezielt Ausschau nach positiven Geschichten. Diese Haltung prägt auch ihr Buch. Darin geht sie der Frage nach, wie sehr Nachrichten unser Denken, unsere Wahrnehmung und unser Leben beeinflussen und was es mit uns macht, „wenn wir uns ohne Unterlass mit Katastrophen, Gewalt und Zerstörung konfrontieren“ (S. 9). Sie ist überzeugt, dass der dauerhafte Konsum negativer Nachrichten nicht nur zu Angst führt, sondern auch Schuldgefühle weckt, „weil wir nicht noch mehr tun, um die Welt zu verbessern“ (S. 20); schließlich erwecke die Berichterstattung den Eindruck, dass die Missstände unabänderlich seien. Daher appelliert Ronja von Wurmb-Seibel an die Kolleginnen und Kollegen in den Medien, die Blicke verstärkt auf das Positive zu richten. Ihre drastisch formulierte Formel für konstruktiven Journalismus lautet: „Scheiße plus X“ – den Missstand weder verschweigen noch verharmlosen, aber stets auch Auswege aufzeigen; und mehr Geschichten über Menschen erzählen, die die Welt ein Stückchen besser gemacht haben.

Tilmann P. Gangloff