Abschiede und Aufbrüche

Das Alter im Film

Reinhold Zwick, Joachim Valentin, Viera Pirker (Hrsg.)

Marburg 2024: Schüren
Rezensent/-in: Tilmann P. Gangloff

Buchbesprechung

Online seit 06.06.2024: https://mediendiskurs.online/beitrag/abschiede-und-aufbrueche-beitrag-1123

 

 

Das Alter im Film

Im Kino, heißt es auf der Rückseite dieses Buches, „florieren Filme mit Protagonist:innen in der Lebensphase nach dem Ende ihres Berufslebens“. Zumindest aus Sicht von Schauspielern und vor allem Schauspielerinnen klingt das zu schön, um wahr zu sein: Ab einem gewissen Alter bekommen Frauen kaum noch Angebote; seit Jahren machen Kampagnen wie „#Sichtbarkeit47+“ oder „Let’s Change The Picture!“ auf diese Form der weiblichen Altersdiskriminierung aufmerksam. Auch die in der Einführung durch Zahlen der Filmförderungsanstalt gestützte Feststellung, das Kinopublikum werde immer reifer, ist nicht mehr aktuell: Diese Entwicklung hat durch Corona ein abruptes Ende gefunden.

Trotzdem hat der Sammelband über das Alter im Film seine Berechtigung, denn seit geraumer Zeit ist die Zahl der Werke, die sich mit dem letzten Lebensabschnitt befassen, in der Tat deutlich gestiegen; und das keineswegs nur in der Arthouse-Sparte. Unter den besprochenen Filmen sind kommerzielle Werke (Gran Torino, 2008; Oben, 2009) jedoch die Ausnahme. Dabei sind die Autorinnen und Autoren für die populären Spielarten des audiovisuellen Spektrums durchaus aufgeschlossen, wie ein Aufsatz über die Star Trek-Serie Picard (2020–2023) oder einer der Einführungsessays, der sich mit dem Altersbild in Computerspielen befasst, belegen. Trotzdem bleibt es fraglich, ob wirklich von einem Paradigmenwechsel die Rede sein kann, wie der Begriff „Trope“ im Titelzusatz dieses Beitrags andeutet. Gerade die vier Grundlagentexte sind dennoch hochinteressant.

Der weitaus größere Teil des Buches ist Einzelfallanalysen gewidmet, die sich auch mit Klassikern (Wilde Erdbeeren, 1957), größtenteils jedoch mit Produktionen der letzten 20 Jahre befassen, und naturgemäß ist die Lektüre gewinnbringender, wenn man auch die Filme kennt. Abschiede und Aufbrüche dokumentiert ein Symposium in der Katholischen Akademie Schwerte (2022), die meisten Mitwirkenden haben einen theologischen Hintergrund.

Tilmann P. Gangloff