CDU will Handyverbot an Grundschulen

Die Nutzung des Smartphones in Schulen kann zu erheblichen Problemen führen, vor allem dann, wenn es im Unterricht erlaubt ist. Die Konzentration leidet, wenn Schüler ständig durch neue Nachrichten abgelenkt werden. Auch können Fotos oder Videoaufnahmen ohne die Zustimmung Betroffener gemacht werden, etwa von als peinlich wahrgenommenen Situationen. Diese können in den sozialen Netzwerken verbreitet werden und etwa zu Mobbing von Mitschülern führen. Die CDU will nun die Nutzung von Handys zumindest an Grundschulen komplett verbieten.

Online seit 09.10.2023: https://mediendiskurs.online/beitrag/cdu-will-handyverbot-an-grundschulen-beitrag-1122/

 

 

Der Bundesvorstand der CDU hat ein Positionspapier zum Thema Bildung verabschiedet. Darin wird gefordert, in Grundschulen die Nutzung von Handys zu privaten Zwecken komplett zu verbieten. An weiterführenden Schulen sollen Maßnahmen ergriffen werden, um zumindest eine private Handynutzung im Unterricht auszuschließen. Dass das Papier vom Vorstand beschlossen wurde, bedeutet, dass auch Parteichef Friedrich Merz hinter dem Vorschlag steht.
 

Unterschiedliche Regelungen

Der Beschluss geht zurück auf eine Idee der stellvertretenden Parteivorsitzenden Karin Prien, Bildungsministerin in Schleswig-Holstein. Ihr Argument: „Handys auf dem Schulhof und in den Pausen sind eben auch ein Einfallstor für die Verbreitung von Gewaltvideos, Mobbing unter Schülerinnen und Schülern und die Propaganda von Extremisten […]. Social-Media-Plattformen und Chaträume bergen Suchtgefahren und sind für Kinder im Grundschulalter nicht geeignet.“ (Herrmann & Müller-Lancé 2023)

In Frankreich gibt es bereits ein Handyverbot für Schüler bis 15 Jahre, in den Niederlanden werden Handys ab 2024 im Klassenzimmer verboten. In Deutschland werden entsprechende Regelungen bisher den Schulen selbst überlassen. In einigen gilt ein Verbot der Handynutzung im Unterricht, in anderen sogar auf dem Schulhof. Solche Verbote an deutschen Schulen betreffen ausschließlich die Nutzung, ein generelles Verbot zum Mitführen von Handys in der Schule ist verfassungsrechtlich nicht möglich.

In Bayern gab es bis 2022 ein Handynutzungsverbot, das inzwischen allerdings durch den Kultusminister Michael Piazolo (FREIE WÄHLER) gelockert wurde, der pauschale Verbote für nicht mehr zeitgemäß hält, weil das Smartphone zum ständigen Begleiter der Jugendlichen geworden sei (vgl. ebd.). Das Nutzungsverbot gilt, abgesehen von Ausnahmefällen, nur noch an Grundschulen. Weiterführende Schulen in Bayern können den Umgang mit dem Handy wieder eigenständig regeln.
 

Einfluss auf Wortschatz und Lesefähigkeit

Dass exzessive Handynutzung vor allem im Unterricht vom Lernen ablenkt, ist nachvollziehbar. Insbesondere in der Zeit der Corona-Pandemie hat die Nutzung digitaler Medien im Zuge der Einschränkungen persönlicher Kontakte erheblich zugenommen, eben auch durch das Smartphone. Nicht nur aus der Politik kommen kritische Töne: „Eine starke Smartphone-Nutzung durch Schüler könne nach wissenschaftlichen Erkenntnissen zu massiven Bildungsrückständen führen, stellte Professor Klaus Zierer aufgrund der neuesten Ergebnisse der renommierten Hattie-Studie fest. Schulen müssen sich nach Ansicht des Ordinarius für Schulpädagogik der Augsburger Universität besonders um die Handynutzung der Kinder kümmern.“ (Süddeutsche Zeitung et al. 2023) Zierer zufolge zeigten Studien, dass eine intensive Smartphonenutzung in Lernrückständen von bis zu einem Jahr resultieren können. Außerdem stünde sie mit Schlafstörungen und Cyber-Mobbing in Verbindung. (Vgl. ebd.)

Eine Studie der Universität Dortmund untersuchte 2022 den Zusammenhang der Mediennutzung mit dem Wortschatz sowie der Lesefähigkeit: „Hinsichtlich des Leseverhaltens wurde deutlich, dass insgesamt 50 Prozent der Viertklässler:innen angaben, täglich oder fast täglich Bücher zu lesen, während 22 Prozent nie oder höchstens einmal im Monat Bücher lesen […]. 25 Prozent lasen außerhalb der Schule täglich oder fast täglich an digitalen Geräten. Es bestand zudem ein Zusammenhang zwischen dem Leseverhalten und dem Wortschatz: Der Wortschatz der Kinder in der vierten Klasse war im Mittel umso größer, je häufiger sie Bücher lasen […]. Im Gegensatz dazu war der mittlere Wortschatz umso kleiner, je häufiger Kinder außerhalb der Schule an digitalen Geräten lasen. Diese Zusammenhänge bestanden auch, wenn man berücksichtigte, dass Wortschatz und Leseverhalten mit dem familiären Hintergrund assoziiert sind.“ (Ludewig et al. 2022)
 

Ablehnung bei Grünen und FDP

Die FDP und die Grünen lehnen ein Handyverbot ab. Die bildungspolitische Sprecherin der FDP, Ria Schröder, präferiert die gegenwärtig geltende Regelung. SZ.de zitiert sie wie folgt: „Die private Nutzung der Handys während des Unterrichts oder auf dem Schulgelände müssen Schulen selbst regeln. Dies bundesweit zu reglementieren, ist wie mit Kanonen auf Spatzen zu schießen“ (Herrmann & Müller-Lancé 2023). Nina Stahr von den Grünen meint: „Nicht das Handy an sich ist gut oder schlecht, sondern die jeweilige Nutzung kann sinnvoll oder schädlich sein“ (zitiert nach Herrmann & Müller-Lancé 2023). Sie betont, dass es Aufgabe der Schule sei, einen reflektierten Umgang mit dem Smartphone und entsprechenden Apps zu vermitteln (vgl. ebd.).
 

Pro und Contra

Es gibt wohl gute Argumente für ein Handynutzungsverbot, vor allem dann, wenn das Handy auch im Unterricht erlaubt ist und Schüler durch Notifications oder Chats vom Unterricht abgelenkt werden. Außerdem können unliebsame Fotos und Videoaufnahmen die Privatsphäre anderer verletzen, verbreitet werden und sogar zu Mobbing führen. Sollte so etwas geschehen, wäre es gut, wenn die betreffende Schule die Möglichkeit hätte, die Handynutzung entsprechend der jeweiligen Problematik zu reglementieren. Gleichzeitig können Smartphones aber auch produktiv im Unterricht eingesetzt werden, beispielsweise zu Recherchezwecken. So erscheint es sinnvoll, den Schulen und Lehrern die Möglichkeit zu geben, die Vor- und Nachteile in ihren Klassen beziehungsweise in der Schule selbst abzuwägen und angemessen zu handeln (vgl. auch MEIN-LERNEN.AT 2023).

Quellen:

Herrmann, B. / Müller-Lancé, K.: Positionspapier. CDU will handyfreie Grundschulen. In: SZ.de, 25.09.2023. Abrufbar unter www.sueddeutsche.de (letzter Zugriff: 06.10.2023)

Ludewig, U. / Lorenz, R. / Kleinkorres R. / McElvany, N.: Sonderauswertung: Zum Stand von Wortschatz und Leseverhalten bei Viertklässler:innen in Deutschland – Daten einer repräsentativen bundesweiten Studie. Institut für Schulentwicklungsforschung der technischen Universität Dortmund, Dezember 2022. Abrufbar unter ifs.ep.tu-dortmund.de (letzter Zugriff: 06.10.2023)

MEIN LERNEN.AT: Erörterung Handyverbot an Schulen Argumente. In: MEIN-LERNEN.AT. Abrufbar unter mein-lernen.at (letzter Zugriff: 06.10.2023)

Süddeutsche Zeitung/dpa/tmn/ssc: Risiken des Smartphones. Gefährliche Ablenkung durch Handys, 27.01.2022. Abrufbar unter: www.sueddeutsche.de (letzter Zugriff: 06.10.2023)