Der Textnachrichtendienst „Short Message Service“ (SMS) wird 30 Jahre alt

Noch bevor Mobiltelefone internetfähig wurden, konnte man über das Handy Kurznachrichten verschicken: Short Message Service (SMS) veränderte die Kommunikation. Vor 30 Jahren wurde sie zum ersten Mal verschickt.

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Am 3. Dezember 1992 verschickte der Ingenieur Neil Papworth an seinen Vodafone-Kollegen Richard Jarvis die erste Textnachricht als SMS: „Merry Christmas“ war darin zu lesen. Allerdings dauerte es noch drei Jahre, bis die SMS offiziell auf den Markt kam. Um eine SMS zu schreiben, benötigte man damals viel Geduld und Geschick: Das Display des Handys verfügte nur über die zehn Ziffern, über die man auch die Buchstaben eingeben musste: Bis zu dreimal konnte man eine bestimmte Taste drücken, um den gewünschten Buchstaben zu generieren. Außerdem kostete jede SMS Geld. Richtig durchgesetzt hat sich die Kommunikation per SMS deshalb erst in den späten Neunzigerjahren: Zu dem Zeitpunkt wurden die Handys für jede*n erschwinglich, die Preise für Mobilfunknetze fielen und die ersten SMS-Flatrates kamen auf den Markt. (Vgl. Eberl 2022)

Die erste Statistik wurde 1996 von der heutigen Bundesnetzagentur, damals noch Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, erhoben: 41 Mio. SMS wurden in dem Jahr in Deutschland versendet, danach ging es steil bergauf: Im Jahr 2000 waren es bereits 14,8 Mrd., der Rekord wurde 2012 mit 60 Mrd. SMS in Deutschland angegeben – bereits in den ersten 60 Minuten des neuen Jahres verschickten die Deutschen damals alleine im Netz der Telekom fast 12 Mio. Kurznachrichten. (Ebd.)

Die SMS war auf 160 Zeichen beschränkt und insofern genau das Richtige für diejenigen, die keine Neigung zu langen Texten hatten und einem längeren Gespräch aus dem Weg gehen wollten. Sie konnten als Upgrade für eine Verabredung nur kurz den Ort und die Zeit des Treffens durchgeben. 2004 wurde die Kommunikation per SMS als „simsen“ auch in den Duden aufgenommen (vgl. Duden o. J.). Um möglichst viele Informationen in 160 Zeichen zu übermitteln, haben sich bestimmte Abkürzungen etabliert, zum Beispiel „hdl“ für „hab dich lieb“.

Nach Torsten Gerpott, Professor am Lehrstuhl für Unternehmens- und Technologieplanung an der Mercator School of Management der Universität Duisburg-Essen, war die SMS eine „geniale Zufallsentdeckung“ (Gerpott, zitiert nach Eberl 2022). Sie sei eine sehr sinnvolle und zeitgemäße Ergänzung zur sprachlichen Kommunikation:

Sprache ist sehr direkt, man muss Rede und Antwort stehen, bei der Schrift kann man reflektieren oder Emojis einsetzen, man hat also Mittel, die man bei der Sprache nicht einsetzen kann. Die Begrenzung auf 160 Zeichen war dabei zunächst eine technische Beschränkung, die man mit akzeptiert hatte. (Ebd.)

Doch die gute alte SMS bekam bald Konkurrenz. Messengerdienste wie WhatsApp, Threema oder Telegram liefen über das Internet und waren dadurch komfortabler. Zudem boten sie die Möglichkeit, unkompliziert Fotos oder Videos zu verschicken, inzwischen kann man über die Messengerdienste sogar recht gut über das Internet telefonieren.

Trotzdem hat die SMS aufgrund ihrer kurzen Zustellzeit den Grundstein für eine veränderte Kommunikationsform gelegt. Während es im Zeitalter der Briefe noch normal war, ein paar Tage auf eine Antwort zu warten, stieg die Erwartungshaltung in Zeiten der SMS schnell an. Bei Messengerdiensten wie WhatsApp kann man heutzutage sogar genau sehen, wann der andere zuletzt online war, wann er die Nachricht bekommen und wann er sie gelesen hat – sofern man diese Funktionen nicht in den Einstellungen deaktiviert hat. Das erhöht die Erwartungshaltung und verstärkt den Druck.

Darüber hinaus hat sich die Kommunikation via Messengerdienste immer mehr der mündlichen Sprache angepasst, da es keine Zeichenbegrenzungen mehr gab und die Nachrichten zunehmend Chatcharakter angenommen haben. So fanden für die mündliche Kommunikation typische Gesprächspartikel wie „tja“ oder „hm“ Einzug in die schriftliche Sprache. Daneben bereichern Emojis, mit denen Gefühlszustände kommuniziert werden können, die schriftlichen Unterhaltungen – diese werden nicht nur von jüngeren, sondern auch von vielen älteren Nutzer*innen verwendet. (Vgl. Alex 2022)

Trotz der modernen Konkurrenz wird uns die SMS aber erhalten bleiben, schon aus Datenschutzgründen: Man benötigt keine App, keine besondere Anmeldung und keine Internetverbindung. Unter anderem nutzen deshalb Kreditinstitute die SMS als einen Teil der Zwei-Faktoren-Identifizierung: Wer über das Internet ein Geschäft abwickeln will, muss dieses mit einem per SMS zugesandten Code freigeben.

‚Auch wenn die SMS nicht mehr den Charme vergangener Jahre versprüht, wird sie uns wohl noch länger erhalten bleiben‘, ist sich Vodafone-Technik-Chefin [Tanja] Richter sicher. ‚Die SMS wird uns im Kosmos der Kurznachrichten noch viele Jahre begleiten. Sie ist einfach zu simpel und vor allem bei Zweifach-Authentifizierungen von Zugängen für Online-Dienste oder als Benachrichtigungsservice für Mailbox-Nachrichten noch immer unverzichtbar.‘ (Eberl 2022)

Am 08.12.2022 kam noch eine ganz neue Funktion für die SMS hinzu: „Mit der Probewarnung, die am 8. Dezember um 11 Uhr ausgelöst wird, soll überprüft werden, wie gut die technische Infrastruktur funktioniert. Die Entwarnung ist für 11.45 Uhr vorgesehen. Für das neue System wird das Verfahren ‚Cell Broadcast‘ genutzt. Handybesitzer*innen müssen dafür nicht aktiv werden, denn es funktioniert ganz automatisch.“ (Stöhr 2022)  

Quellen:

Alex, U.: 30 Jahre SMS: "Die Kurznachrichten haben unsere Kommunikation verändert". Ulrike Alex im Gespräch mit Dr. Christa Dürscheid. In: SWR Aktuell, 05.12.2022. Abrufbar unter: www.swr.de

Duden: simsen. Abrufbar unter: www.duden.de

Eberl, J.: SMS wird 30 Jahre alt – Erfolgsgeschichte in 160 Zeichen. In: Tagesschau.de, 03.12.2022. Abrufbar unter: www.tagesschau.de

Stöhr, S.: Warntag 2022: Was passiert am 8.12.? In: SWR4/swr.de,11.11.2022. Abrufbar unter: www.swr.de