Ethics for the Future

Perspectives from 21st Century Fiction

Stephanie Bender

Bielefeld 2023: transcript
Rezensent/-in: Lothar Mikos

Buchbesprechung

Printausgabe mediendiskurs: 28. Jg., 3/2024 (Ausgabe 109), S. 80

Vollständiger Beitrag als:

Ethik für die Zukunft

Die Kulturwissenschaftlerin Stephanie Bender stellt sich in ihrer englischsprachigen Dissertation die Frage, wie eine Ethik für die Zukunft aussehen kann. Ihre Ausgangsüberlegung ist, dass angesichts des Wechselspiels von Ökologie, Hochtechnologie und vom Kapitalismus getriebener Globalisierung die alten ethischen Prinzipien der humanistischen Theorien, die sich auf Individuen und menschliche Akteure konzentrierten, nicht mehr zeitgemäß sind. Stattdessen plädiert sie für eine posthumanistische Ethik, die auch in der Lage ist, künftige Ökologien, Biopolitik und künstliche Intelligenz einzubeziehen (vgl. S. 281 f.). Der Mensch steht nicht mehr allein im Mittelpunkt, sondern wird in Relation zu seiner materiellen Umwelt gesehen (vgl. S. 45). Diese posthumanistische Ethik versucht die Autorin in verschiedenen fiktionalen Werken, Romanen und Filmen zu finden – von Avatar, Blade Runner 2049 über Interstellar und Don DeLillos Null K bis hin zu Dave Eggers’ Der Circle und Margaret Atwoods MaddAddam-Trilogie, um nur einige zu nennen.

Dem Buch liegt die These zugrunde, dass sowohl Romane als auch Filme in der Lage sind, mögliche Welten zu schaffen. Die behandelten Werke lösen dies ein.

Bender macht als gemeinsames ästhetisches Merkmal der Werke einen „spekulativen Realismus“ aus (S. 291). Die analysierten Romane und Filme werden von ihr unterschieden nach „geschlossenen oder offenen moralischen Universen“ (S. 63). Sehr offene ethische Perspektiven findet Bender nur in der MaddAddam-Trilogie, im Film Transcendence und im Roman Biokrieg von Paolo Bacigalupi. Sie vermeiden die Binarität von Gut und Böse. Stattdessen inszenieren sie ein komplexes Gefüge von Welt(en) (vgl. S. 285). Aus ihnen können wir für die Zukunft lernen.

Prof. i. R. Dr. Lothar Mikos