EU plant auf Satelliten gestütztes, sicheres Internet
In Europa wird das Internet bisher vor allem durch Kabel im Erdboden verbreitet. Dies kann in Krisenzeiten, beispielsweise in Kriegen oder bei Überflutungen, zum Ausfall der kritischen Infrastruktur führen. Die EU plant deshalb, eine parallele Verbreitung digitaler Daten über ein System von Satelliten im Orbit aufzubauen.
Der Krieg in der Ukraine hat zeigt, dass die terrestrischen digitalen Infrastrukturen anfällig sind. Das private, satellitengestützte Internet der Firma Starlink von Elon Musk stellt den Ukrainer*innen nun ein funktionierendes Ersatzsystem zur Verfügung. Diese Erfahrung hat die EU dazu veranlasst, durch ein eigenes satellitengestütztes Internetsystem für die Sicherheit der digitalen Kommunikation nicht nur in Kriegszeiten, sondern auch in Fällen von Katastrophen, wie beispielsweise die Überflutung des Ahrtals 2021, zu sorgen. Das Projekt heißt Iris2 und soll bis 2027 ein Netzwerk von Satelliten aufbauen, um die kritische Infrastruktur im Katastrophenfall zu ersetzen.
Für das Projekt stellt die EU 2,4 Mrd. Euro zur Verfügung. Andreas Knopf vom Institut für Informationstechnik von der Universität der Bundeswehr erklärt, geplant sei eine Satelliten-Megakonstellation, die aus einem Netzwerk von mehreren hunderten, vielleicht sogar tausenden Satelliten besteht, die in einem nahen Orbit die Erde mit etwa 25.000 km/h umkreisen und damit ein Netzwerk aufspannen, mit dem man dauerhaft die Internetversorgung sicherstellen kann. Die Netze auf der Erde sind beispielsweise bei Stromausfällen verwundbar, und in solchen Fällen ist es wichtig, dass man eine digitale Kommunikation zur Verfügung hat, die unabhängig von terrestrischer Stromversorgung arbeitet. Am Beispiel der Ukraine sieht man, dass es wichtig ist, eine Netzwerkverbindung herzustellen, der man vertrauen kann. Es geht auch darum, die eigene Truppenführung störungslos aufrecht zu halten und die Bevölkerung ohne mögliche Verfälschung, zum Beispiel durch feindliche Geheimdienste, zu informieren. Die EU will so auch von privaten Unternehmen, etwa die von Elon Musk oder Amazon, die etwas Vergleichbares planen, unabhängig werden. Die ausschließlich kommerziell arbeitenden Systeme entziehen sich der parlamentarischen Kontrolle, was vor allem brisant wird, wenn moderne Waffen über dieses Netz gesteuert werden sollen.
Allerdings sei das Projekt mit einer Reihe von Voraussetzungen verbunden, man muss erstmal ein Design für das System entwerfen und technisch umsetzen, bevor man es in den Orbit schicken kann. Hinzu kommt eine notwendige Bodeninfrastruktur, die mit Militär, Polizei und Katastrophenschutz verbunden ist. Natürlich brauchen wir auch die nötigen Senderechte für die Frequenzen, das kennen wir ja schon vom Mobilfunk.
Um das Projekt zu finanzieren, soll es auch Kooperationen mit der Wirtschaft geben.
Wir sprechen da von der nächsten Generation Mobilfunk 6G, was ganz sicher nicht ohne eine Weltraum-Komponente umgesetzt werden wird. […] Aber wir sprechen auch von autonomem Fahren, von E-Health, von Inflight-Entertainment, also vielen Services, mit denen man schlussendlich eben auch Geld verdienen will und Geld verdienen muss, damit das System funktioniert.“ (Knopp 2022)
„Ergänzend ist der Plan, nicht nur in Europa Funklöcher zu stopfen, sondern auch die Anbindung an strategische Regionen wie Afrika und die Arktis zu ermöglichen. Die Einigung muss noch formell vom EU-Parlament und den Staaten bestätigt werden, das gilt jedoch als Formsache.“ (Simmons 2022)
Quellen:
Knopp, A. im Gespräch mit Bigalke, K. und Wiese, T.: Europäische Union baut Iris² – Eigenes Satelliteninternet soll Infrastruktur schützen. In: Breitband, Deutschlandfunk Kultur, 26.11.2022. Abrufbar unter: www.deutschlandfunkkultur.de
Simmons, L.: Europäische Union: EU beschließt eigenes Satellitennetz für sicheres Internet. In: ZEIT ONLINE, 18.11.2022. Abrufbar unter: www.zeit.de