EU-Richtlinie gegen Greenwashing geplant

Angesichts des hohen Stellenwertes des Umweltschutzes ist es modern, damit zu werben, als Unternehmen umweltneutral zu werben. Oft bestehen für den Kunden jedoch Zweifel, ob die Werbung den Tatsachen entspricht. Dies soll sich durch eine geplante EU-Richtlinie ändern.

Online seit 05.05.2023: https://mediendiskurs.online/beitrag/eu-richtlinie-gegen-greenwashing-geplant-beitrag-1122/

 

 

Das Umweltbewusstsein in Deutschland ist hoch. Deshalb liegt es nahe, dass Firmen damit werben, ihre Dienstleistungen oder Produkte klimaschonend und umweltneutral anzubieten bzw. herzustellen. Dabei hat man als Kunde zuweilen den Eindruck, dass die in der Werbung verbreiteten Versprechen wohl kaum umsetzbar sind. Da wirbt eine Fluggesellschaft damit, klimaneutral zu fliegen, weil sie für jeden Flug entsprechend viele Bäume pflanzen würde, die das CO2 aufnehmen. Wenn man sich konkret vorstellt, wie viele Bäume das bei einer gesamten Flugflotte sein müssen, klingt das nicht besonders realistisch.
 

Greenwashing ist verbreitet

Das eigene Unternehmen in der Werbung als klimafreundlich darzustellen, ohne dass dies den Tatsachen entspricht, ist allgemein als „Greenwashing“ bekannt. Dies will die EU demnächst mit einer neuen Richtlinie verhindern, die gegenwärtig im EU-Parlament beraten wird. Wann diese Richtlinie in Kraft treten wird, kann noch nicht abgesehen werden, allerdings ist eines klar: Sie kann für Unternehmen teuer werden.

„Einer Studie der Kommission aus dem Jahre 2020 zufolge wurden 53,3 Prozent der geprüften Umweltaussagen in der EU als vage, irreführend oder unfundiert beurteilt. 40 Prozent der Aussagen waren nicht belegt. Da es keine gemeinsamen Vorschriften zu freiwilligen Umweltaussagen, sogenannten Green Claims, von Unternehmen gibt, kommt es zu Grünfärberei und es entstehen ungleiche Wettbewerbsbedingungen auf dem EU-Markt. Das benachteiligt wirklich nachhaltige Unternehmen“, heißt es in einer Pressemitteilung der EU vom 22. April 2023 (Europäische Kommission 2023). Das Ziel ist, für Kunden mehr Sicherheit bei der Kaufentscheidung zu schaffen. Für die Unternehmen bringt die geplante Richtlinie, so die Pressemitteilung, den Vorteil, dass ihre umweltbezogene Werbung beim Kunden weniger bezweifelt und so vermutlich stärker bei der Kaufentscheidung berücksichtigt wird.
 

Aussagen sollen überprüfbar und vergleichbar werden

Nach dem Vorschlag sollen für Produkte und Dienstleistungen Mindeststandards eingeführt werden, die festlegen, wie die umweltbezogenen Aussagen kommuniziert werden und zu belegen sind. „Der Vorschlag zielt ab auf ausdrückliche Werbeaussagen, wie z. B.: ‚T‑Shirt aus recycelten Kunststoffflaschen‘, ‚klimaneutraler Versand‘, ‚Verpackung zu 30 Prozent aus recyceltem Kunststoff‘ oder ‚ozeanfreundlicher Sonnenschutz‘. Außerdem soll gegen den zunehmenden Wildwuchs öffentlicher und privater Umweltzeichen vorgegangen werden.“ (Ebd.) Umweltaussagen in der Werbung von Unternehmen müssen zukünftig unabhängig überprüft und anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse bewiesen werden können. Dazu wird die EU entsprechende Prüfstellen einrichten.

In der Pressemitteilung wird ebenfalls die Vermutung geäußert, dass die derzeit circa 230 unterschiedlichen Umweltkennzeichen für den Kunden verwirrend sind. Die Kriterien, auf deren Grundlage sie vergeben werden, sind völlig unterschiedlich und nicht vergleichbar. Hier will die EU mehr Transparenz schaffen (vgl. ebd.).
 

Beratung hat erst begonnen

Nach Schätzungen von Fachleuten ist mit der Umsetzung der Richtlinie aber vermutlich nicht vor 2025 bis 2026 zu rechnen. Christina Kufer, Rechtsanwältin und Spezialistin für gewerblichen Rechtsschutz und Digital Business, rät den Unternehmen im Interview mit der Fachzeitschrift Horizont, sich schon jetzt auf die Richtlinie einzustellen: „Das Werben mit Umweltaussagen wird ab Inkrafttreten der Vorgaben massive Kosten für Unternehmen mit sich bringen, so viel steht schon fest. Im Moment ist die Rede von 500 Euro für einen sogenannten einfachen Claim wie beispielsweise ‚komplett recycelt‘. Alles, was mit dem CO2-Fußabdruck zu tun hat, soll etwa 8.000 Euro kosten und wenn sich ein ganzes Unternehmen als klimaneutral zertifizieren lassen will, rechnet die EU mit etwa 54.000 Euro. Da sind die Studien, die zuvor vorgelegt werden und auch finanziert werden müssen, noch gar nicht mitgerechnet.“ (Kufer 2023)
 

Wirkung umstritten

Da das ganze Verfahren sehr aufwendig ist – es müssen zunächst einmal die Kosten für die Überprüfungen finanziert werden, und das Risiko einer Strafe ist hoch – könnte das die Motivation für Umweltschutz bei den Unternehmen reduzieren, da dieser Bereich in der Werbung riskant ist: „Ich kann mir vorstellen, dass Werbung damit zumindest deutlich weniger wird – wobei die genannten Claims momentan natürlich sehr inflationär verwendet werden. Aus meiner Sicht schießt die Richtlinie schon ein bisschen übers Ziel hinaus, denn es dämmt nicht nur Greenwashing ein, sondern jede Art von grüner Werbung. Der Prozess ist sehr aufwendig, die Kosten sind enorm, dazu das drohende Bußgeld … Aus meinem Gefühl heraus wird es dadurch besonders für kleinere und mittlere Unternehmen schwieriger werden.“ (Kufer 2023)

Quellen:

Europäische Kommission: Gegen „Greenwashing“: Kommission pocht auf verlässlichere Umweltangaben für Produkte und Dienstleistungen. Pressemitteilung vom 22.04.2023. Abrufbar unter: germany.representation.ec.europa.eu

Kufer, C. im Gespräch mit Sonnenschein, B.: Juristin über Green Claims: „Werben mit Umweltaussagen wird erheblich teurer“. In: Horizont, 28.04.2023. Abrufbar unter: www.horizont.net