Filme drehen

Haltung, Handlung, Handwerk

„Filme drehen“ ist ein viel zu bescheidener Titel für dieses Buch, das das Zeug zum Standardwerk hat. Was immer auch die interessierte Leserschaft über den künstlerischen Prozess des Filmemachens erfahren möchte: Hier steht alles drin. Bislang galt vor allem James Monacos 1977 erstmals erschienener und 2009 im Hinblick auf „Neue Medien“ überarbeiteter Klassiker Film verstehen als Lektüre, die allen Filmschaffenden dringend zu empfehlen war; Myllers Werk ist ab sofort im gleichen Atemzug zu nennen.

Das Besondere an seinen Ausführungen ist nicht nur die Kenntnis des Metiers; das darf bei einem derart erfahrenen Autor, Regisseur, Produzenten und Dozenten vorausgesetzt werden. Ein Gewinn ist das Buch für alle, die sich – in welcher Form und Funktion auch immer – mit dem Medium Film befassen, nicht zuletzt wegen seines Muts zum Exkurs und der Freude am sezierten Detail.

Gemäß dem Untertitel befasst sich Myller mit den Bereichen Geschichte, Montage und Regie, wobei die Montage – unerklärlicherweise selten genug Gegenstand intensiver Betrachtung – aus gutem Grund in der Mitte steht: Dieser Aspekt bildet das Herzstück des Buches, schließlich ließen sich mit identischem Ausgangsmaterial theoretisch gänzlich unterschiedliche Werke komponieren.

Anhand vieler Beispiele verdeutlicht der Autor, wie Geschichten richtig erzählt werden, wie Komik funktioniert, welche Bedeutung die Musik hat, und vor allem: wie Filme wirken. Diese fachlichen Ausführungen unterfüttert er immer wieder mit niemals abschweifenden, sondern stets im Sinn der Sache vorgenommenen Ausflügen in Kultur und Psychologie. Deshalb gehört zu der Trias, die aus seiner Sicht eine gute Regie auszeichnet – Haltung, Handlung, Handwerk – im Grunde als viertes H der Faktor historisches Wissen, sprich: eine profunde Allgemeinbildung.