Kontrovers, aber fair
Mediennutzung erfordert kritische Kompetenz der Rezipienten
Können Sie sich vorstellen, dass eine Demokratie wie die unsere ohne Medien funktionieren würde?
Natürlich nicht! Demokratie bedeutet, unterschiedliche Perspektiven, Positionen und Meinungen aushalten zu müssen und auf deren Grundlage Kommunikation aufzubauen. Dafür braucht es Vermittlungsformen, die Medien. Demokratie ist sicherlich insofern die schwerste aller Regierungsformen, als dass eine gewisse Gelassenheit vonnöten ist, um die teilweise absurden Widersprüche hinnehmen zu können und nach dem Prinzip des Kategorischen Imperativs von Kant zu agieren, dem anderen die Freiheit einzuräumen, die man für sich selbst auch fordert.
Auch in der griechischen Antike gab es Demokratie. Im Unterschied zu heute handelte es sich da aber um überschaubare Einheiten, sodass man sich auf dem Marktplatz treffen und debattieren konnte. In einer Gesellschaft mit 80 Mio. Menschen wäre das schwierig.
Das ist der entscheidende Punkt: In Massengesellschaften lässt sich keine Dorfplatzdemokratie organisieren. Hier brauchen wir einen öffentlichen medialen Verhandlungsraum, in dem grundsätzlich jeder eine Chance auf Partizipation hat, auch wenn letztlich die konkreten Formen der politischen Teilhabe relativ übersichtlich und durch Repräsentationsformen geregelt sind. Medien ermöglichen es uns, Demokratie als deliberatives Format zu erleben. Sie können Positionen verstärken und Räume bieten, in denen Resonanzen erzeugt werden.
Frank-Walter Steinmeier hat in seiner Antrittsrede als Bundespräsident die Frage nach dem Kitt gestellt, der unsere Gesellschaft zusammenhält. Sind das vielleicht die Medien oder das, was über die Medien kommuniziert wird?
Das, was eine Gesellschaft zusammenhält, sind Verabredungen über gemeinsame Normen und Werte. Diese werden natürlich öffentlich verhandelt und suchen sich ihre Kommunikationsräume. Hierfür sind Medien unabdingbar, denn auch sie haben einen wichtigen Anteil daran, Werte zur Disposition zu stellen und zu verhandeln. Das Besondere an der bundesdeutschen Demokratie ist, dass man sich auch äußern kann, wenn man gegen die Demokratie ist, ohne befürchten zu müssen, dafür eingesperrt zu werden. Widerspruch und Dissonanz sind einer Demokratie inhärent.
Demokratie bedeutet, unterschiedliche Perspektiven, Positionen und Meinungen aushalten zu müssen und auf deren Grundlage Kommunikation aufzubauen. Dafür braucht es Vermittlungsformen, die Medien.
In Deutschland spielt der Gedanke der Medienfreiheit eine große Rolle. In der Türkei beobachten wir derzeit eine gegenteilige Entwicklung: Wenn die Türken Erdoğans Verfassungsänderung zustimmen, schaffen sie die unabhängigen Medien quasi selbst ab. Wie gehen wir damit um?
Als Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft sollten wir uns zuerst über die Normative in unserem Land verständigen. Gleichzeitig können wir uns in einer heterogenen Gesellschaft diesen Fragen natürlich nicht entziehen, da auch in Deutschland Millionen von Deutschtürken leben, die die Freiheiten einer offenen Demokratie genießen und trotzdem der Meinung sind, dass Erdoğan die Rettung der Türkei sei. Diesen Widerspruch kann man meiner Ansicht nach nicht durch Vorgaben regulieren, sondern man sollte versuchen, ihn in einem öffentlichen Diskurs zu adressieren und aufzulösen. Zumindest was Deutschland betrifft, müssen wir uns Meinungs- und Pressefreiheit vorbehalten, um überhaupt mit solchen Positionen in eine Auseinandersetzung zu kommen. Und natürlich dürfen wir auch nicht vergessen, dass längst nicht jeder Deutschtürke ein Erdoğan-Fan ist. Es gibt auch in Deutschland eine dezidiert große Gruppe, für die es aufgrund ihrer Erfahrungen in einer offenen Gesellschaft wichtig ist, Position zu beziehen und Widerspruch zu Erdoğans Verfassungsänderung zu artikulieren.
Das Beharren auf dem eigenen Standpunkt und der Verabsolutierung dessen, was man als Wahrheit ansieht, ist wohl eine der Hauptursachen für Konflikte weltweit. An den Medien der westlichen Demokratien dürfte das weniger liegen, hier steht das Toleranzgebot doch deutlich im Vordergrund.
Ich glaube, Demokraten wissen sehr wohl, dass Wahrheiten nur im Plural zu haben sind. Gesellschaften, die auf eine Wahrheit setzen, operieren immer mit Ausschluss. Und diese Ausschlusserfahrung führt dazu, dass sie instabil werden, dass es Potenziale gibt, die gesellschaftlich nicht registriert, akzeptiert oder wohlgelitten sind und die dann Repressionen unterliegen. Systeme, die auf eine eindimensionale Wahrheit setzen, laufen aus meiner Sicht immer Gefahr, undemokratisch zu sein. Eine multiperspektivische Gesellschaft, die unterschiedliche Wahrheiten gelten lässt, braucht entsprechende Vorkehrungen dafür, dass die vielen Partizipierenden in der Gesellschaft ihre Wahrheiten auch kommunizieren und rezipieren können. Deshalb muss es in einer Demokratie freie Medien geben, die jedem den Zugang zu Informationen erlauben, um sich eigene Meinungen zu bilden und um diese auch mit anderen Menschen zu teilen.
Neben den Nachrichtenformaten haben wir auch einen großen Bereich an Unterhaltungsmedien. Viele sehen darin die Verflachung der Kultur, aber es werden dort auch viele Alltagserfahrungen vermittelt.
Das ist aus meiner Sicht unbestritten. In Unterhaltungsmedien spielen eher alltagskontextualisierte Aushandlungsprozesse eine Rolle. Keineswegs sind sie nur Tranquilizer, die die Leute dumm machen. Hier werden Normative verhandelt: Wie verhalte ich mich in der Situation eines Verkehrsunfalls? Wie positioniere ich mich bei einem Streit unter Freunden? In all diesen Formaten wird eine virtuelle Realität erzeugt, die aber Bezugspunkte zu dem aufweist, was wir selbst in unserem Alltag erleben. Und natürlich werden auch voyeuristische Interessen von Menschen bedient, die eben nichts mit eigenen Erfahrungen zu tun haben, weil sie in ganz anderen Kontexten leben oder sich für andere soziokulturelle Lebensentwürfe entschieden haben. Der Sinn liegt darin, vorübergehend die Perspektive anderer einzunehmen. Von daher sind Unterhaltungsmedien auch politische Medien.
Fake News sind aktuell ein Thema. Manche sprechen vom „postfaktischen Zeitalter“. Hat es jemals ein faktisches Zeitalter gegeben?
Seit Menschengedenken ist gelogen worden, dass sich die Balken biegen. Die Motivationen dafür waren unterschiedlich. Es ging um Fragen der Macht, um ökonomische und religiöse Fragen. All dies hat dazu geführt, dass mit der Lüge als Vermittlungsform Loyalitäten erzeugt oder aufgekündigt wurden. Die Existenz von Fake News, d.h. von Falschinformationen im Gewand vertrauenswürdiger Nachrichten oder Quellen, ist an sich nichts Neues. Was vielleicht neu ist, ist die quantitative Wucht solcher Lügen, die durch die Digitalisierung, vor allem in Form sozialer Netzwerke, entsteht. Informelle Kommunikation, die vorher eher in kleinem Rahmen stattgefunden und sich auch mal versendet hat, erfährt jetzt einen Verstärkereffekt, indem sie in den sozialen Medien abgebildet wird und in sogenannten Filterblasen ihre Verbreitung findet.
Seit Menschengedenken ist gelogen worden, dass sich die Balken biegen.
Natürlich ist man bei Facebook vorwiegend mit Menschen befreundet, die ähnliche Meinungen und Anschauungen teilen. Das bedeutet: Man wird immer wieder in den eigenen Positionen und Vorurteilen bestätigt oder nimmt die tatsächliche Relevanz bestimmter Themen oder Meinungen verzerrt wahr. Diese Effekte führen sprichwörtlich dazu, dass die Lügen Beine bekommen. Bezogen auf Fake News möchte ich an dieser Stelle anfügen, dass es hier unterschiedliche Akzente gibt. Ethan Zuckerman hat auf drei Kategorien hingewiesen: Zum einen benennt er die Information, die durch besondere Übertreibung relevanter gemacht wird und dadurch Majorität erlangen soll. Zweitens gibt es klassische oder auch neue Formen von Propaganda und drittens sind es gezielte Desinformationen, mit denen durch falsche Interpretationen Loyalitäten erzeugt werden sollen. Der Fall „Lisa“ ist hierfür ein gutes Beispiel. In russischsprachigen Medien, unter den Russlanddeutschen und Kontingentflüchtlingen wurde ganz plötzlich eine Dynamik erzeugt und es wurden Loyalitäten geschaffen, die außerhalb der Normative der Gesellschaft lagen. Durch die Ermittlungen der Polizei wissen wir, dass der Fall nicht so stattgefunden hat, wie dort behauptet wurde. Dennoch halten die Leute diese Desinformation immer noch oder zumindest in Teilen für wahr. Das hat damit zu tun, dass Fake News es geschafft haben, durch die Verstärkereffekte den Falschheits- oder Wahrheitsgrad einer Information zu relativieren. Hinzu kommt: Wenn man sich diskriminiert fühlt, glaubt man gerne Geschichten, die der emotionalen Grundstimmung entsprechen.
In der klassischen Rolle als Gatekeeper sammelt der Journalist Informationen und überprüft sie gemäß bestimmter Berufsregeln auf ihren Wahrheitsgehalt hin, bevor er sie als Nachricht an die Rezipienten weitergibt. In der Vergangenheit wurde aber auch damit viel Unheil angerichtet, wenn Falschmeldungen weiterverbreitet worden sind. Die klassischen journalistischen Formate wollen in der Geschwindigkeit mit den sozialen Netzwerken mithalten – und da bleibt für Recherche oft keine Zeit.
Natürlich findet man für die Protagonisten in den Medien immer solche und solche Fälle. Ebenso kann ich Ihnen Beispiele für große investigative Leistungen nennen, Stichwort „Panama Papers“. Insofern wird uns in der jetzigen Situation der digitalisierten Medien einfach gespiegelt, dass wir die Berufsgruppe der Journalisten nicht etwa gering schätzen dürfen, sondern kollaborative Haltungen entwickeln müssen und uns selbst ein Stück weit der Techniken und Praktiken des Journalismus bedienen, um zu prüfen, ob eine Information tatsächlich die Relevanz oder Resonanz besitzt, die sie vorgibt zu haben. Sprich, wir müssen uns immer wieder vor Augen führen, dass es in den heutigen Vermittlungskanälen sehr viele Abgründe gibt, und deshalb müssen wir Informationen immer hinterfragen: Woher kommt die Info? Was sagen andere Quellen? Gibt es konkurrierende Aussagen? Wenn wir einfach nur rezipieren, was uns Fake-News-Macher verkaufen wollen, dann sind wir die dummen Schafe, die sich unkritisch und unpolitisch bestimmten Interessen aussetzen. Wir müssen Kritik lernen und das bedeutet, andere Perspektiven einzunehmen, Widerspruch zuzulassen und vor allem auch Quellen und ihre Absender zu prüfen. Das ist heute das Repertoire, das wir auch in der politischen Bildung vermitteln müssen.
Ein anderes großes Thema neben Fake News heißt Hate Speech. Können wir mit deutschem Recht Facebook zwingen, bestimmte Kommentare zu löschen? Wollen wir das überhaupt und ist das zielführend?
Zunächst muss man sagen, dass der Begriff „Hate Speech“ im Angelsächsischen etwas anders verwendet wird als im Deutschen. Im Deutschen ist die „Hassrede“ eher im juristischen Kontext verwendet worden. Wenn sich jemand antisemitisch oder rassistisch äußert, wird diese Äußerung auf ihre Strafbarkeit hin geprüft, weshalb auch aktuell im Entwurf des Bundesjustizministeriums Fragen von Strafbarkeit eine sehr starke Rolle spielen. An dieser Stelle ist der Gesetzentwurf wohl auch angreifbar, weil sich nicht nur diese klassischen Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, sondern auch ganz normale kriminelle Vergehen plötzlich darin wiederfinden, die auf diesem Weg strafrechtlich verfolgbar gemacht werden sollen. Der Staat muss aufpassen, dass er in derartigen Fragen von Fake News und Hate Speech nicht Wahrheitskommissionen einrichtet. Wichtiger ist, eine Atmosphäre und Kultur der fairen Auseinandersetzung zu schaffen und eine aktive Zivilgesellschaft zu ermutigen, auch Widerspruch zu äußern. Das geschieht zwar, aber leider noch viel zu wenig. Und so gibt es im Netz Räume, in denen einem unwidersprochen Formen von Hassreden begegnen, die tatsächlich bis hin zu realer Gewalt führen können.
Woher kommt dieser tiefe Hass?
Der war schon immer da. Wir wissen aus den sogenannten Mitte-Studien, dass es immer einen Teil von 15 bis 20 % in der Gesellschaft gab, der relativ stark homogenen Gesellschaftsbildern zuneigt, Antisemitismus propagiert und rassistische Vorurteile perpetuiert. Diese Formen sind in der Gesellschaft anzutreffen, glücklicherweise sind sie in weiten Teilen domestiziert worden. Wenn man das auf das Wählerverhalten herunterbricht, sind die Volksparteien diejenigen Parteien, die die meiste Zustimmung von Menschen mit derartigen Vorurteilen bekommen. Das bedeutet, wenn man so will, ist diese Form von Domestizierung eine, die in Teilen immer noch funktioniert. Auf der anderen Seite ist mit dem Auftreten der AfD ein neues parteipolitisches Angebot entstanden, das diese Vorurteile verstärkt und nicht relativiert oder eine kritische Auseinandersetzung damit befördert.
… Quasi losgelöst von dem Korsett der Volksparteien.
Richtig, und ich würde das nicht unbedingt nur als negativ beschreiben, denn es hat jetzt ein Gesicht, verschafft sich Gehör und bleibt nicht im Dunkeln und wird auf der Straße ausgetragen. Aber das Recht auf öffentliches Gehör bedeutet nicht das Recht auf den Verzicht von Widerspruch. Wer Gehör will, muss Widerspruch ertragen – und genau das erleben wir momentan. Menschen, die sich eigentlich aus der politischen Mitbestimmung zurückgezogen haben, entschließen sich im Kontext der Auseinandersetzung mit diesen Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit oder Populismus wieder dazu, Position zu beziehen. Das gesteigerte Wahlverhalten bei den letzten Landtagswahlen zeigt, dass Leute, die aus dem Nichtwählerbereich stammen und in die politische Partizipation zurückkommen, ganz offenbar die Mitte stärken. Das ist insgesamt ein recht interessanter Befund, der deutlich macht, dass es vielen Menschen in diesem Land relativ gut geht und sie durch solche extremen und populistischen Formen den Standard nicht leichtfertig aufs Spiel setzen wollen. Das ist das halb volle Glas. Das halb leere Glas ist, dass es diese Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sehr artikulationsreich gibt, dass sie Verstärkungseffekte durch die sozialen Medien erfahren und auch Menschen motiviert werden, Straftaten zu begehen. Da muss der Rechtsstaat seine Zähne zeigen.
Fremdenhass gab es aber auch immer in gebildeten Milieus, in denen man das so nicht erwartet hätte.
Dieser Punkt ist äußerst wichtig. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit kommt nicht nur in prekären Milieus vor, es gibt sie in der gesamten Gesellschaft. Vorurteile, die mit überkommenen Gesellschaftsbildern zu tun haben, bedürfen einer Auseinandersetzung. Jeder von uns muss sich die Frage stellen: Gehöre ich zu denjenigen, die intervenieren, wenn eine solche Menschenfeindlichkeit sichtbar wird, oder nicht? Riskiere ich den Widerspruch? Wir haben als Bundeszentrale mit RTL II eine sehr schöne Kooperation durchgeführt: Zeit für Helden. Das ist ein Format, das couragierte Formen von Einspruch in einem Entertainmentformat abbildet. Gezeigt werden jeweils fiktive Situationen, in denen beispielsweise antisemitische Vorurteile gespielt werden, aber in echte Kontexte verlegt werden, wie etwa in den Supermarkt. Dann kommt es darauf an, dass du als Mensch, der im realen Alltag mit solch einer gespielten Situation konfrontiert wirst, den Mund aufmachst und „Nein“ sagst. Dieses Format operiert nicht mit den oft herkömmlichen Formen von Blamage, dem Versagen, über das man dann lacht, sondern es zeigt die couragierten Interventionen von Menschen. Das Erstaunliche ist, dass man mit diesem Format die doppelte Senderquote erreicht hat, was zeigt, dass auch scheinbar unpolitische Distributionskanäle hochpolitische Stoffe verhandeln können, weil die Menschen in ihrer Realität mit solchen Fragen konfrontiert sind. Ich halte das für ein sehr ermutigendes Zeichen.
Alles in allem können wir also festhalten, dass es aus der Zivilbevölkerung heraus eine ganze Menge an positivem Engagement gibt. Gleichzeitig müssen wir als Rezipienten mündiger werden und uns im Klaren darüber sein, dass Dinge, die an uns herandringen, immer auf Plausibilität überprüft werden müssen.
Das kann ich nur unterschreiben. Die Pluralität der Gesellschaft muss sich auch im Netz widerspiegeln und ich finde, es gehört zur Seriosität von Medien in der Demokratie dazu, diese öffentlichen Kontroversen als Wert zu begreifen. Im Übrigen hat auch die Bundeszentrale für politische Bildung schon selbst mit Fake News zu tun gehabt. Gerade vor ein paar Tagen ist die Desinformation als Tweet durchs Netz gegangen, dass wir geheimer Förderer der „Pulse of Europe-Bewegung“ wären. Das hat sich irgendjemand ausgedacht und es ist Dutzende Male retweetet worden. Wir als staatliche Behörde haben mit dieser Bewegung gar nichts zu tun, außer dass vielleicht einzelne Mitarbeitende – so wie ich – sie persönlich sympathisch finden. Zudem positioniert sich Pulse of Europe selbst als eine Bürgerbewegung, die sich nicht mit Parteienvertretern oder staatlichen Einrichtungen assoziiert. In diesem Zusammenhang ist mir noch ein anderer Punkt wichtig: In der politischen Bildung gibt es ein Aufklärungsgebot. Das bedeutet: Wir versuchen, anhand von rationalen Kriterien die Faktenlage zu klären. Die Meinungen, die wir uns aber bilden, folgen nicht nur rationaler Logik, sondern sind auch von Emotionen bestimmt. Wir beginnen gerade, in der politischen Bildung zu reflektieren, was das für unsere Angebote bedeutet. Wie können wir mit emotional glaubwürdigeren Multiplikatoren aus den jeweiligen Milieus bestimmte Zielgruppen besser erreichen? Und es bedeutet auch, bestimmte Frames zu bedienen, die die politischen Debatten nicht von vornherein als negativ oder problembehaftet sehen, sondern andere Perspektiven einnehmen. Die Medien spielen hier wieder eine wichtige Rolle. Dabei ist die Komplementarität von Unterhaltung und seriöser Berichterstattung zentral. Wir brauchen beides: die Auseinandersetzung mit Nachrichten und Informationen, aber auch die Kritikfähigkeit, was Informationen betrifft. Und wir brauchen eine Selbstreflexion, wie wir mit Emotionen in Unterhaltungsmedien umgehen.
Thomas Krüger (Foto: bpb/Martin Scherag)
Prof. Joachim von Gottberg (Foto: privat)