Künstliche Intelligenz und der Kopierschutz

Dass diese Frage einmal auftauchen würde, war klar: Künstliche Intelligenz nutzt für ihre Antworten oder Kreationen bestehende Texte, Musikstücke oder Bilder, die sie aus Datenbanken oder dem Netz bezieht. Der schöpferische Akt besteht also im optimalen Zusammensetzen bereits existierender Werke. Deren Urheber werden allerdings nicht gefragt, ob sie damit einverstanden sind. Ist das ein Verstoß gegen den Kopierschutz?

Online seit 13.07.2023: https://mediendiskurs.online/beitrag/kuenstliche-intelligenz-und-der-kopierschutz-beitrag-1122/

 

 

Die Comedian Sarah Silverman hat nun zusammen mit den Autoren Christopher Golden und Richard Kadrey Klage gegen den ChatGPT-Betreiber OpenAI und Facebooks Mutterkonzern Meta eingereicht: Sie sollen gegen die Bestimmungen des Kopierschutzgesetzes verstoßen haben. „In angehängten Beweismitteln legen die drei Autor:innen dar, wie extrem genau die Sprach-KIs ihre Bücher ‚The Bedwetter‘ (Silverman), ‚Ararat‘ (Golden) oder ‚Sandman Slim‘ (Kadrey) zusammenfassen können.“ (Mansholt 2023)
 

KI: Verstoß gegen Kopierschutz

„Ihre Argumentation: Auch wenn der KI dabei kleinere Fehler passieren, sei ein solcher Grad der Reproduktion nur möglich, wenn die Sprachmodelle mit den Büchern gefüttert wurden. Werden sie nun reproduziert, stellt das nach Ansicht der Kläger einen Kopierschutzverstoß dar.“ (Mansholt 2023) Außerdem besteht der Verdacht, dass die KI teilweise aus Datenbanken gespeist werde, welche die Bücher nicht gekauft, sondern als Raubkopie erworben hätten. „Und die Sprachmodelle sollen sich dann aus diesen sogenannten ‚Schattenbibliotheken‘ bedient und so schon vor Beginn des Trainings gegen Kopierschutzgesetze verstoßen haben.“ (Ebd.)

Dass KI-Modelle mit unzähligen Datensätzen trainiert werden, ist bekannt, woher sie diese Datensätze beziehen und mit welchen genau sie gefüttert werden, ist allerdings das Betriebsgeheimnis der Unternehmen. Die Frage ist nun, ob den Schöpfern und Autoren der verwendeten Texte, Bilder, Fotos oder Songs eine Lizenzgebühr zusteht.
 

Gewinnanteil und Schadensersatz

Silverman, Golden und Kadrey verlangen nun einen Anteil an den durch die Verwendung ihrer Werke geschaffenen Gewinne sowie Schadensersatz in noch nicht genannter Höhe. Sollten sie in letzter Instanz gewinnen, wäre KI in der gegenwärtigen Form praktisch nicht mehr möglich, weil das Herausfiltern von Verstößen angesichts der Menge der verwendeten Datensätze weder zu bewältigen noch zu bezahlen wäre. Für die Kläger besteht das Problem allerdings darin, einigermaßen genau aufzuzeigen, wie hoch der Anteil ihres schöpferischen Aktes an der Neukreation im Vergleich zum Anteil der KI ist.
 

Alle Künstler bedienen sich an bereits bestehenden Werken

Dass sich die künstliche Intelligenz bei ihren Kreationen an existierenden Werken orientiert, reicht wohl kaum als Begründung eines Verstoßes gegen den Kopierschutz aus, schließlich generiert sie ein neues, niemals mit dem Ausgangsmaterial identisches Werk. Jeder Autor, Maler und Komponist bedient sich der Daten und Kompositionen aus der Literatur-, Kunst und Musikgeschichte. Bestimmte Studiengänge sind geradezu dafür da, sich dieses Wissen um die Vorgänger anzueignen. Außerdem besteht ein Verstoß gegen den Kopierschutz nur dann, wenn nachweislich ein bestimmter Prozentsatz des neuen Werkes mit einer Vorlage identisch ist.

In der Popmusik gibt es ständig Ähnlichkeiten neuer Songs mit bereits bestehenden. Bestimmte Künstler schaffen einen neuen Stil und andere übernehmen diesen. Sie schreiben Songs, die ähnlich klingen, im Detail dann aber doch sehr anders gebaut sind. Das wird nicht als rechtswidriges Plagiat angesehen. Die Grenze ist erst dann überschritten, wenn vier oder fünf aufeinanderfolgende Takte des vermeintlich neuen Songs mit denen eines bereits urheberrechtlich geschützten Werk identisch sind.
 

Notwendig: klare Kriterien

Es wird also nicht einfach sein, das Schutzrecht der Urheber gegen das Interesse der Öffentlichkeit abzuwägen, sich frei zu informieren und bilden zu können. Denn eine zu starke Begrenzung der KI, sich an bestehenden Daten zu bedienen, könnte viele Menschen an intellektuellen Entwicklungen hindern und die Möglichkeit zur Meinungsbildung einschränken. Möglich wäre, eine klare Regel zu definieren, die besagt, wie viel Prozent identisches Material mit einem bereits bestehenden Werk nachgewiesen werden muss, damit das KI-Produkt als Plagiat gelten kann. Im Bereich der Musik ist dies bereits üblich.

Quellen:

Mansholt, M.: Generative KI und Copiyright. Comedian Sarah Silverman verklagt OpenAI und Meta – und könnte damit ChatGPT vor riesige Probleme stellen. In: Stern, 10.07.2023. Abrufbar unter www.stern.de (letzter Zugriff: 13.07.2023)