„Medienpolitik ist Demokratiepolitik!“

Joachim von Gottberg im Gespräch mit Carsten Brosda

Das Medienangebot entwickelt sich in hoher Geschwindigkeit und mit beträchtlichem Einfallsreichtum. Dabei auftretende Probleme gibt es viele, sie reichen vom Datenschutz, Jugendschutz, Fake News oder Hate Speech bis hin zu der Frage, wie sich das öffentlich-rechtliche Fernsehen in der gegenwärtigen und zukünftigen Medienlandschaft sinnvoll aufstellen kann. Aus gewollter Medienvielfalt ist ein Überangebot geworden, das nur noch mit Suchmaschinen bewältigt werden kann. Wie soll aber garantiert werden, dass dieser Filterprozess nicht bestimmte Inhalte bevorzugt oder andere unterschlägt? Diese Fragen sind für die Meinungsbildung von grundlegender Bedeutung. Dr. Carsten Brosda, Hamburger Senator für Kultur und Medien, folgert: Medienpolitik ist Demokratiepolitik! Aber wie passen komplizierte gesetzgeberische Prozesse zur Geschwindigkeit der medialen Veränderungen? tv diskurs sprach mit dem Politiker.

Printausgabe tv diskurs: 22. Jg., 3/2018 (Ausgabe 85), S. 90-94

Vollständiger Beitrag als:

Sowohl das Kompetenzgerangel zwischen Bund und Ländern als auch die Uneinigkeit unter den Ländern führen zu einer Medienpolitik im Schneckentempo. Ist das noch zeitgemäß?

Ich finde, solche Debatten sind müßig. Richtig ist, dass in der Medienpolitik aktuell wichtige Entscheidungen zu treffen sind. Die Länder arbeiten z.B. an einem „Modernisierungsstaatsvertrag“, der sich Themen wie der Reform des Rundfunkbegriffs und der Plattformregulierung sowie einer Überarbeitung des geltenden Medienkonzentrationsrechts widmet. Zugleich werden hier erstmals Regelungen für Intermediäre vorgelegt werden. Die Vielfalt der Medienlandschaft in Deutschland ist ein hohes Gut, um das uns viele in Europa beneiden. Dass wir in dieser Lage sind, ist wesentlich auf den Föderalismus zurückzuführen, der hier strukturell bereits für Vielfalt und manchmal auch das notwendige Lokalkolorit sorgt. Medienpolitik ist Sache der Länder. Da ist unsere Verfassung glasklar und hat sich bewährt. Im Übrigen halte ich es für einen Irrglauben, dass sich die Dinge nur dadurch zum Besseren wenden, weil man sie auf eine andere Ebene delegiert. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) mit all seinen Unzulänglichkeiten ist dafür ein Beispiel.

Angesichts des explodierenden Medienangebots ist die Sicherung von Vielfalt aber doch wohl kein Problem mehr.

Natürlich müssen wir feststellen, dass es heute teilweise um etwas anderes geht als zu den Zeiten, in denen unsere Medienordnung entwickelt wurde. Als die geltende Medienrechtsordnung entstanden ist, gab es die Digitalisierung und vor allem deren aktuelle Ausprägung noch nicht. Die neuen Medienanbieter verschaffen uns zwar eine unendliche Fülle an Funktionen, zu denen auch Information und Unterhaltung gehören – dies ist definitiv eine enorme Weiterentwicklung, die zahlreiche Chancen bietet. Gleichzeitig darf aber nicht die Tatsache außer Acht gelassen werden, dass die Zahl der verfügbaren Onlineinhalte sekündlich in großen Mengen wächst – eine unendliche Medienvielfalt, deren Informationen von Suchmaschinen oder über soziale Netzwerke aggregiert, selektiert und präsentiert werden. Sie sind unsere neuen Gatekeeper zu Inhalten und haben dadurch auch großen Einfluss darauf, wer welche Inhalte in welcher Reihenfolge sieht. Daher sind sie nicht nur ein Medium, sondern auch ein entscheidender Faktor in der öffentlichen und individuellen Meinungsbildung. Gleich geblieben ist bei all dem der Umstand, dass Medien in erster Linie den notwendigen Raum bieten, den eine demokratische Gesellschaft zum Diskurs braucht. Auch wenn sich die technischen Gegebenheiten verändert haben und allein dadurch theoretisch mehr Vielfalt möglich ist, spricht schon sehr viel dafür, dass die Länder mit ihrer föderalen Vielfalt weiterhin für die Mediengesetzgebung zuständig sind. Allerdings stehen wir gemeinsam mit dem Bund und der Europäischen Union in der Pflicht, die Schnittstellen zwischen unseren jeweiligen Regeln besser abzustimmen.

Nach dem neuen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) sollen Freigaben eines Films für das Fernsehen auch für die Kino- bzw. DVD-Auswertung gelten. Die Obersten Landesjugendbehörden fühlen sich jedoch an den Staatsvertrag nicht gebunden, weil sie nach dem Jugendschutzgesetz (JuSchG) arbeiten.

Die Länder haben im novellierten Jugendmedienschutz-Staatsvertrag eine neue Durchwirkungsregelung geschaffen, die leider bisher ohne entsprechendes Pendant im Jugendschutzgesetz des Bundes geblieben ist. Eigentlich war dieses aufgrund der Verabredungen zwischen Bund und Ländern im Rahmen der Bund-Länder-Kommission zur Konvergenz der Medien anders geplant. Demnach sollte in § 14 des JuSchG eine verfassungskonforme Regelung zur Übernahme von Altersbewertungen nach dem JMStV integriert werden. Ich bin aber nach wie vor guter Dinge, dass wir hier künftig zu einer besseren Lösung kommen werden, so steht es jedenfalls im Vertrag der Großen Koalition im Bund.

Wäre es nicht sinnvoll, sich in den Gesetzen auf Eckdaten und Zielrichtung zu beschränken und der Aushandlung zwischen Anbietern und Aufsicht mehr Spielraum einzuräumen, um schneller auf mediale Entwicklungen reagieren zu können?

Ich denke schon, dass wir künftig stärker prinzipiengeleitet und damit auch etwas abstrakter werden regulieren müssen. Dazu brauchen wir dann klar mandatierte Institutionen, die diese Prinzipien auf den Einzelfall anwenden können. Die Landesmedienanstalten bringen dafür mit ihrer Staatsferne eine wesentliche Voraussetzung mit, müssen sich aber auch noch modernisieren. In all diesen Diskussionen sollten wir darauf achten, lieber erst einmal vernünftige kleine Schritte zu machen, statt ewig den einen großen Wurf zu versuchen, der dann tatsächlich Gefahr läuft, von der Realität überholt zu sein. Ich bin mir auch sicher, dass wir nicht alles im Gesetz bis in jede Verästelung regeln müssen. Die Landesmedienanstalten haben in der Vergangenheit immer wieder bewiesen, dass sie in der Lage sind, auch komplexe, neue Sachverhalte mit den Vorgaben der Rundfunkstaatsverträge zu lösen. Ich persönlich bevorzuge auch untergesetzliche Regelungen, wo immer das geht. Nur ganz ohne gesetzliche Leitplanken geht es in weiten Bereichen eben nicht.

Den meisten Nutzern scheinen sowohl in Bezug auf den Datenschutz als auch auf Suchmaschinen die Probleme durchaus bekannt zu sein. Trotzdem ziehen sie daraus keine Konsequenzen, weil jeder die Vorteile des Produkts gerne nutzen möchte.

Wenn Sie damit meinen, gewählte Regierungen könnten mit ihren Gesetzen nichts mehr bewirken, würde ich heftig widersprechen. Allerdings befinden wir uns immer noch in einer Phase, in der die Gesellschaft den Umgang mit neuen Kommunikationsmitteln einübt. Und es ist ja auch menschlich, trotz der bekannten Probleme digitale Plattformen zu nutzen – das sind sehr praktische und bequeme Dienste, die oft neue Formen von Teilhabe erst möglich machen. Deshalb darf es ja auch nicht darum gehen, ihre Funktionen einzuschränken, sondern ihren Rahmen so zu gestalten, dass die Nutzung keine unerkannten negativen Folgen hat. Wer mit anderen digital interagieren und zugleich seine Privatsphäre und seine Daten schützen will, muss sich derzeit noch viel zu sehr mit technischen Details befassen.

Wer Nutzer auf die Sorglosigkeit im Umgang mit Daten anspricht, hört immer wieder das Argument: Es ist ja kein Mensch, der die Daten kennt, sondern es sind im Grunde nur digitale Zeichen in irgendwelchen Maschinen. Was würden Sie dieser Position entgegnen?

Diese Sichtweise wäre mindestens naiv. Natürlich spüren wir einen möglichen Schaden aus Datenmissbrauch meist nicht oder können den Zusammenhang nicht erkennen. Wenn jemand neben mir sitzt und mitliest, was ich auf dem Smartphone schreibe, bekomme ich das unmittelbar mit und störe mich daran. Im Netz sind die Übergriffe auf meine Privatsphäre selten spürbar – trotzdem können die Konsequenzen erheblich sein. Dem müssen wir mit Regeln vorbeugen, die die Souveränität im Umgang mit eigenen Daten stärken.

Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Themen, die politisch in absehbarer Zeit angegangen werden müssen?

Wichtig ist die Diskussion um den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Hier geht es darum, dieser wichtigen Säule unseres Mediensystems einen rechtlichen und finanziellen Rahmen zu geben, mit dem sie sich zukunftssicher weiterentwickeln kann. Zum anderen geht es um die Absicherung der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung im Internet in Bezug auf Intermediäre. Wir müssen uns der Frage stellen, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk künftig aussehen soll. Was soll in Zukunft produziert werden? Auf welchen Wegen soll die Verbreitung stattfinden? Diese Fragen sollten wir nicht in erster Linie ängstlich und mit Blick auf die Beitragshöhe diskutieren, sondern aus dem klaren Verständnis heraus, dass wir einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk ebenso brauchen wie eine leistungsfähige freie Presse. Das duale System, mit einer systemischen Konkurrenz über alle Sparten und Inhalte hinweg, ist der beste Garant für echte Medienfreiheit in unserem Land. Ich kann mir zu seiner Sicherung ein höheres Maß an Freiheit für die öffentlich-rechtlichen Anstalten bei gleichzeitig steigender Kostenverantwortung vorstellen. Wir könnten künftig eher abstrakt die Produktion von Inhalten öffentlich-rechtlicher Qualität beauftragen und den Anstalten hierfür ein Programmbudget zur Verfügung stellen. Gleichzeitig könnten die Anstalten ein Distributionsbudget bekommen, mit dem sie dann selbst entscheiden, in welchem Maße sie welche Verbreitungswege nutzen. Damit ist auch schon die Frage nach der künftigen Bestimmung des Finanzbedarfs des gesamten Systems angesprochen. Ein Modell, in dem wir einen Index für den Rundfunkbeitrag festlegen und eine Budgetierung vornehmen, liegt aus meiner Sicht nahe. Damit würde den Anstalten ein verlässlicher finanzieller Rahmen gegeben, in dem sie ihren Auftrag künftig freier und eigenverantwortlicher erfüllen können. Natürlich müssten wir diesen Auftrag im Gegenzug präzisieren und auf einem abstrakten Niveau klarer formulieren, welche Qualität in Programm und Verbreitung wir von den öffentlich-rechtlichen Sendern erwarten.

Wird der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Zukunft auch im Bereich des Internets aktiver?

Auch die Novellierung des Telemedienauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks steht weiter auf der medienpolitischen Agenda. Unser Ziel ist es, den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Telemedienbereich jetzt zügig zukunftsfähig auszugestalten. Die Ministerpräsidenten haben im Oktober letzten Jahres in Saarbrücken beschlossen, dass die bisherige „Sieben-Tage-Regel“ für Sendungen und auf Sendungen bezogene Telemedien aufkommensneutral zeitgemäß ausgedehnt und die Regelung zum Verbot presseähnlicher Angebote weiter konkretisiert werden soll. Die Anstalten sollen mehr Flexibilität erhalten. Aber auch die Interessen der Verlage müssen angemessen berücksichtigt werden. Hier müssen wir zu einem intelligenten Ausgleich der Interessen kommen.1 Bei dem zweiten zentralen Punkt, der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung im Internet, ist derzeit absehbar, dass wir Mitte 2018 konkrete Regelungsvorschläge zu Intermediären diskutieren können. Hamburg ist im Länderkreis federführend im Bereich der Intermediären. Gemeint sind damit alle digitalen Mittler, wie z.B. Suchmaschinen oder soziale Netzwerkdienste, die eine Orientierungsfunktion für Nutzerinnen und Nutzer erfüllen, indem sie die Massen an verfügbaren Informationen im Internet für sie sortieren und gewichten. Im Mittelpunkt der Überlegungen steht dabei, wie wir für angemessene Transparenz hinsichtlich der Selektion, Aggregation und Präsentation sorgen können sowie Fragen rund um die Diskriminierungsfreiheit. Dies sind sowohl tatsächlich als auch rechtlich sensible Bereiche. Wir haben es mit Akteuren zu tun, die auf mehrseitigen Märkten agieren und für Inhalteanbieter, etwa journalistisch-redaktionelle Medien, sowie Nutzerinnen und Nutzer gleichermaßen wichtig sind. Eine aktuelle Studie des Hans-Bredow-Instituts aus dem Jahr 2017 zeigt, dass bereits jetzt Intermediäre vielfältig in die Informations- und Kommunikationspraktiken der Nutzerinnen und Nutzer integriert sind. Ihre Relevanz auch für die Meinungsbildung sollte folglich niemand leugnen. Regulierungs- und Reformbestrebungen dazu kommen aber nicht nur vonseiten der Länder, die sich aufgrund ihrer verfassungsrechtlich zugesicherten Kompetenzen in diesem Bereich auf die Absicherung der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung konzentrieren. Auch auf europäischer Ebene gibt es Reformbestrebungen in verschiedenen Bereichen, die wir beobachten müssen, um dem komplexen Thema „Intermediäre“ gerecht zu werden.

Eine der wesentlichen Aufgaben der Zukunft wird sein, den mutmaßlichen Einzug der sogenannten künstlichen Intelligenz sozialverträglich zu steuern.

Künstliche Intelligenz ist sicherlich auch ein Fall für die Medienpolitik. Dass sich künstliche Intelligenz auf die Vielfalt auswirken kann, ist ja offensichtlich. Aber künstliche Intelligenz ist eben nicht allein eine medienpolitische Materie. Es ist ein klassisches Phänomen, welches sich durch viele gesellschaftliche Bereiche und damit auch Politik- und Rechtsfelder zieht. Wie sieht die Arbeit der Zukunft aus, wie die Medizin, wer trifft an welcher Stelle die Entscheidungen – Mensch oder Maschine? Derartige Querschnittsmaterien hat es schon immer gegeben, gerade auch mit Blick auf technische Innovationen. Auch hat es technische Innovation immer schon gegeben. Die Ludditen kämpften Anfang des 19. Jahrhunderts gegen die zunehmende Industrialisierung der Textilindustrie. Der Einzug der Maschinen hat aber nicht – wie befürchtet – zu weniger Arbeitsplätzen, sondern zu mehr Arbeit und Wohlstand geführt. Allerdings war das mit sozialen Verwerfungen verbunden. Aufgabe von Politik ist es, dafür zu sorgen, dass Fortschritt möglich bleibt und die negativen Effekte bewältigt werden.

Im Jugendschutz wird für Kino, DVD und Fernsehen ein sehr hoher Prüfaufwand betrieben, die gleichen Inhalte im Netz – die inzwischen immer mehr Nutzer erreichen – können die Anbieter selbst kennzeichnen. Kann man diese Ungleichheit mittelfristig beibehalten?

Ich verstehe Ihre Frage so, dass Sie ein völlig neues System des Jugendmedienschutzes bevorzugen würden. Ich persönlich bin kein Fan des geltenden Rechts. Es ist an vielen Stellen verbesserungswürdig. Wir haben einen geltenden Rechtsrahmen, der vielfältige Maßnahmen für den Regulierer vorsieht – bis hin zu Netzsperren. An vielen Stellen wird davon, aus guten Gründen, kein Gebrauch gemacht. Aber hier zu etwas mehr realitätsnäheren Regelungen zu kommen, die die Mediennutzungswirklichkeiten der Menschen besser abbilden, als es das jetzige System tut, das fände ich gut. Dazu gehört auch, dass man Prüfungen und Einordnungen nicht immer wieder neu vornehmen muss, sondern auch wechselseitig akzeptieren sollte.

Wenn ich im Internet Programme und Inhalte linear streame, gilt das als Fernsehen und ich brauche eine Lizenz. Würde ich die gleichen Inhalte zum Abruf bereitstellen, muss ich das noch nicht einmal irgendwo anmelden. Macht das Sinn?

Weite Teile dieser Frage sind europarechtlich zu klären, die Länder sind an die Vorgaben der Audiovisuellen Mediendienste-Richtlinie (AVMD-Richtlinie) gebunden. Bund und Länder setzen sich für eine umfassende Änderung ein, zuletzt in den Jahren 2015 und 2016 im Zusammenhang mit der aktuellen Novelle der AVMD-Richtlinie. Nun wissen wir, dass wir noch eine Weile mit der Abgrenzung „linear“ und „nonlinear“ leben müssen. Wir haben mehrheitlich für einen anderen Weg plädiert, weil diese Differenzierung nicht mehr sehr weit trägt. Deshalb bin ich guter Dinge, dass wir das, was wir national ändern können, auch tun werden. Es wird sehr sicher Lockerungen bei der Zulassungspflicht für Rundfunk geben, diese ist nämlich nicht europarechtlich vorgegeben. Mit Blick auf staatliche Rundfunkanbieter – und dazu gehören auch Parteien – erfüllt die Zulassungspflicht von Rundfunkangeboten momentan aber durchaus einen wichtigen Zweck. Derzeit ist es nämlich für den Staat eben nicht möglich, Rundfunk zu veranstalten. Das sollte meines Erachtens auch so bleiben, wenn wir uns gleichzeitig darum bemühen, die Lizenzierungspflichten deutlich zu reduzieren oder gar abzuschaffen. Zu einer freien Medienlandschaft passen sie nur noch sehr eingeschränkt, wenn sie nicht mehr technisch durch Knappheit der Frequenzen o.Ä. begründet werden.

Die Probleme von Fake News oder Filterblasen sind ja bereits in der analogen Welt hinreichend bekannt. Sind wir vielleicht manchmal geneigt, neu kreierten Reizwörtern, die Medienwissenschaftler erfinden, auf den Leim zu gehen?

Gesetzgeberische Schnellschüsse hierzu halte ich niemals für ein gutes Mittel. Falsch gesteuerte Informationen, z.B. durch Bots, betreffen allerdings auch fundamentale Werte unserer Gesellschaft und stehen daher auch im Fokus der Medienpolitik. Eine Regulierung im Sinne von Transparenz über den Einsatz von Social Bots ist sicherlich richtig, ein Verbot von Social Bots halte ich jedoch nicht für angezeigt.

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten: Wie würden Sie sich die Organisation der Medienpolitik in Zukunft wünschen?

Medienpolitik ist Demokratiepolitik. Dieses Verständnis ist leider nicht allzu weit verbreitet. Ich wünsche mir, dass der Medienpolitik in unserer Gesellschaft der Stellenwert beigemessen wird, den sie oft unerkannt schon besitzt. Für die Organisation heißt das: Wer die Bedingungen gelingender demokratischer Debatten sichern will, der muss das auch in solchen Debatten tun und nicht nur in weitgehend hermetisch abgesicherten juristischen Fachdiskursen. Also: raus ins Offene!

Anmerkung:

1) Siehe dazu auch: Einigung auf eine Reform des Telemedienauftrags, S. 121 in dieser Ausgabe (Rechtsreport, Meldungen)

Dr. Carsten Brosda ist Senator für Kultur und Medien in Hamburg.

Prof. Joachim von Gottberg ist Geschäftsführer der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) und Chefredakteur der Fachzeitschrft tv diskurs.