Stereotype in Videospielen

Eine medienpädagogische Analyse des Rollenspiel-Genres

Mateo Klanisek

Marburg 2023: Tectum Verlag
Rezensent/-in: Lothar Mikos

Buchbesprechung

Printausgabe mediendiskurs: 28. Jg., 1/2024 (Ausgabe 107), S. 93-93

Vollständiger Beitrag als:

Stereotype in Videospielen

Mateo Klanisek hat sich in seiner Studie mit mehr als 300 sogenannten RPGs (Role-Playing-Games), also Computer- bzw. Videorollenspielen auseinandergesetzt. Ihm ging es vor allem darum, Stereotype herauszuarbeiten, und zwar in Bezug auf die narrative und visuelle Geschlechterdarstellung, auf Rassismus sowie Kriegserzählungen und Gewalt. Höheres Ziel der Arbeit, die im Kontext eines Lehramtsstudiums entstand, war die Entwicklung von pädagogischen Handlungsempfehlungen. Hilfreich für die Lektüre ist das vorangestellte „Glossar der Diversitätsbegriffe“, das von „Ableismus“ und „Ageismus“ über „LGBTQIA*“ und „Objektifizierung“ bis zu „Rassismus“ und „Sexismus“ reicht (S. XV–XVII). Neben einer Analyse der bedeutendsten Spiele nimmt der Autor die Stereotype sowie deren Auswirkungen in den Blick.

So kann er feststellen: „Die meisten starken Frauen in RPGs sind Hexen, Monster oder Maschinen“ (S. 141), also Figuren, die eher der Imagination als der Realität entspringen. Nacktheit in den Spielen ist bei den Geschlechtern verschieden konnotiert, bei den Männern hat sie etwas Heroisches, bei den Frauen ist sie sexualisiert. Die Darstellungen in den Spielen sind mit den Spieler*innen und der Rolle von Frauen in der Gamesbranche verbunden. Dort herrscht noch die Vorstellung vor, dass Frauen „sich weniger für Spielwelten und mehr für die echte Welt […] interessieren als Männer“ (S. 160). Nach Auffassung des Autors halten sich stereotype Darstellungen auch deshalb lange, „weil sie auf einer langen kunstgeschichtlichen Tradition beruhen“ (S. 163). Für (Medien‑)Pädagog:innen interessant sind die bildungssoziologischen Schlussfolgerungen des Autors. Er entwickelt vier Spannungsfelder, in deren Rahmen sich die Diskriminierungen bewegen (vgl. S. 169 ff.): 1) Rassismus darstellendes und rassistisches Spiel, 2) Mädchen zum Spielen motivieren und schädliche Bilder, 3) Zensur, Kunstfreiheit und Pädophilie, 4) Emanzipation von Weiblichkeit und Zwang zur Männlichkeit. Dem schließt sich ein medienpädagogisches Unterrichtskonzept an, um einen sensiblen Umgang mit Stereotypen zu ermöglichen.

Insgesamt ist das Buch sehr lesenswert. Die zahlreichen Abbildungen (leider nur in Schwarz-Weiß) illustrieren die Aussagen des Autors. Eine empfehlenswerte Lektüre für Medienpädagog:innen.

Prof. i. R. Dr. Lothar Mikos