USK gibt FIFA-Spiel wegen Interaktionsrisiken erst ab 12 Jahren frei

Medien können neben der Vermittlung einer gesellschaftsfeindlichen Ethik – bisher Hauptkriterium im Jugendschutz – auch individuelle Risiken mit sich bringen. In Chats können über Fake-Accounts gefährliche „Freunde“ gefunden werden, oder es lauern finanzielle Fallen, wenn in attraktiven Spielen Handlungsdruck ausgeübt wird, indem Erweiterungen der eigenen Möglichkeiten nur gegen Bezahlung zur Verfügung gestellt werden. Die für die Altersfreigabe von Computerspielen zuständige Unterhaltungssoftware-Selbstkontrolle (USK) hat jetzt das neue FIFA-Spiel wegen solcher Interaktionsrisiken erst ab 12 Jahren freigegeben, obwohl es inhaltlich völlig harmlos ist.

Online seit 25.08.2023: https://mediendiskurs.online/beitrag/usk-gibt-fifa-spiel-wegen-interaktionsrisiken-erst-ab-12-jahren-frei-beitrag-1122/

 

 

Im Jugendschutz ging es bisher immer darum, dass Medien, „die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen“ (§ 10 a Nr. 1 JuSchG), für bestimmte Altersgruppen nicht freigegeben werden, um eine Konfrontation mit solchen Inhalten möglichst zu verhindern oder wenigstens zu reduzieren. Vornehmlich ging es dabei um Darstellungen von Gewalt in einem Kontext, in dem sie als gerechtfertigt und normal scheint, um bestimmte Ziele zu erreichen. Bei sexuellen Darstellungen wurde bewertet, ob zwischengeschlechtliche Beziehungen auf den sexuellen Stimulus und die Lust an der Sexualität reduziert und menschliche Bindungen abgewertet werden. Auch angstauslösende Inhalte mit entsprechenden traumatisierenden Bildern, die Jugendliche einer bestimmten Altersgruppe nicht verarbeiten können, werden nur für höhere Altersgruppen freigegeben.
 

Seit 2021: zusätzliche Berücksichtigung von Interaktionsrisiken

Aber die Medienwelt hat sich verändert, und einige Computerspiele können über die oben beschriebenen Wirkungen hinaus auch sogenannte Interaktionsrisiken beinhalten: Ein junger Spieler wird beispielsweise aufgefordert, bestimmte Handlungen vorzunehmen, mit denen er sich selbst in Gefahr bringt. Vor allem geht es um finanzielle Risiken, etwa das Spielen mit finanziellem Einsatz oder das Herunterladen von Bildern oder Klingeltönen, die kostenpflichtig sind: Kinder könnten hier in die Finanzfalle tappen. In dem seit 2021 geltenden Jugendschutzgesetz (JuSchG) heißt es dazu: „Hierzu zählen insbesondere Risiken durch Kommunikations- und Kontaktfunktionen, durch Kauffunktionen, durch glücksspiel­ähnliche Mechanismen, durch Mechanismen zur Förderung eines exzessiven Mediennutzungsverhaltens, durch die Weitergabe von Bestands- und Nutzungsdaten ohne Einwilligung an Dritte sowie durch nicht altersgerechte Kaufappelle insbesondere durch werbende Verweise auf andere Medien.“ (§ 10 b Nr. 3 JuSchG)

Aber wie passt diese inhaltliche Bewertung mit den Interaktionsrisiken zusammen? Können diese bei der Prüfung in die Altersfreigabe einbezogen werden? Können Eltern oder Jugendliche die Gründe richtig bewerten, wenn beispielsweise ein Spiel, das inhaltlich völlig harmlos ist, plötzlich erst ab 12 oder 16 Jahren freigegeben wird?
 

Inhaltlich harmlos, aber erst ab 12 Jahren freigegeben

Nun hat es ausgerechnet das seit Jahren bekannte und beliebte Spiel FIFA, dessen neuester Ausgabe fußballbegeisterte Spieler jeden Alters alle Jahre wieder gespannt entgegenfiebern, getroffen. Der Hersteller EA hat die Zusammenarbeit mit der FIFA beendet und bringt das Spiel jetzt eigenständig unter dem Namen EA Sports FC 24 heraus. Während bisher alle FIFA-Ausgaben von der Unterhaltungssoftware-Selbstkontrolle (USK) ohne Altersbeschränkung (ab 0 Jahren) freigegeben wurden, ist das beim Nachfolger, der am 29. September auf den Markt kommt, anders: Dieses Mal wurde das Spiel erst ab 12 Jahren freigegeben. Der Grund: Die USK hat bestimmte Interaktionsrisiken festgestellt.
 

Spieler gewinnen: eine Art Glücksspiel

Das Spiel ist kostet je nach Version im Einkauf zwischen 70 und 110 €, abhängig von den im Spiel enthaltenen Extras (vgl. Uslenghi 2023). Durch besonders gutes Spielen kann man über ein Punktesystem bekannte und gute Spieler hinzufügen, man kann das aber auch beschleunigen, indem man im EA Sports FC 24 viel Geld ausgibt: „Spielerinnen und Spieler erstellen darin mithilfe digitaler Sammelkarten Fantasiemannschaften und treten mit diesen gegen die Teams anderer an. Nachschub an digitalen Profispielern liefern dabei sogenannte Packs, die man sich durch regelmäßiges und gutes Spielen erarbeiten kann. Man kann sie aber auch einfach kaufen, indem man sich für echtes Geld sogenannte FIFA Points kauft. Die Chance, dass in den gekauften Packs tatsächlich ein digitaler Weltstar steckt, ist allerdings verschwindend gering. Trotzdem gibt es Fans des Spiels, die Jahr für Jahr Hunderte oder Tausende Euro in solche Packs investieren – natürlich mit dem Hintergedanken, durch möglichst starke Kader ihre Siegchancen zu erhöhen.“ (Böhm 2023) Das Ganze ist also eine Art Lotterie: Die gewünschten Spieler werden nicht direkt gekauft, sondern man erwirbt eine Art Los, und nur wenn man Glück hat, gewinnt man den gewünschten Spieler – die Chancen sind dabei aber nicht sehr hoch (vgl. Uslenghi 2023).

Aus Sicht der USK erzeugt das Spiel dadurch einen erheblichen Handlungsdruck, viel Geld auszugeben, das Spiel ermöglicht In-Game-Käufe und enthält außerdem Chats, in denen unter Umständen riskante Kontaktaufnahmen zustande kommen (vgl. USK 2023). Die Bildebene und der Inhalt sind allerdings völlig harmlos: Die Frage ist, ob alle Nutzerinnen und Nutzer die Gründe für diese Freigabe verstehen.

Quellen:

Böhm, M.: Jugendschutz bei Videospielen - Prüfstelle gibt Nachfolger von »Fifa 23« erst ab zwölf Jahren frei. In: Spiegel Netzwelt, 09.08.2023. Abrufbar unter: www.spiegel.de

USK: Geprüfte Spiele. EA Sports FC 24. In: USK, o. J. Abrufbar unter: https://usk.de

Uslenghi, F.: EA Sports FC 24 kostet bis zu 110 Euro: Was ihr über Preis und Editionen wissen solltet. In: Game Star, 14.07.2023. Abrufbar unter: https://www.gamestar.