„Das kann Leute ruinieren!“

Die unzureichende Bekämpfung digitaler Gewalt auf Onlineplattformen

Denise Stell

Denise Stell hat im Bachelor Medienwissenschaften an der Universität Paderborn studiert und ist derzeit dabei, ihren Master im Fach Multimedia und Autorschaft an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg abzuschließen.

Gewalt in und durch digitale Medien – beispielsweise bildbasiert auf Pornoplattformen – ist ein Phänomen, das mit der stetigen Weiterentwicklung von Technologien ubiquitärer Bestandteil des Internets geworden ist und zu schwerwiegenden Folgen bei Betroffenen führen kann. Onlineplattformen sowie Polizei und Justiz tragen Verantwortung hinsichtlich der Prävention und Bekämpfung der Fälle, weisen jedoch Diskrepanzen in theoretisch vorgesehenen und tatsächlich umgesetzten Maßnahmen auf. Ein Text über aktuelle Erkenntnisse und einen spezifischen Fall.

Printausgabe mediendiskurs: 27. Jg., 3/2023 (Ausgabe 105), S. 58-63

 

 

Was ist digitale Gewalt?

Jeder Mensch sollte sich im Internet ohne Angst vor Einschränkungen aufgrund von Faktoren wie Alter, Geschlecht, Herkunft oder sexueller Orientierung bewegen können (vgl. Thull/Dinar/Ebner 2021, S. 211). Studien aus den letzten Jahren zeigen jedoch, dass die Realität eine andere ist: Das Internet wird zunehmend zu einem Ort, der die Ausübung von digitaler Gewalt ermöglicht und mithilfe technischer Geräte und Onlinemedien wie Smartphone, Apps und Internetanwendungen in digitale Räume transportiert (vgl. ebd., S. 202).

Da strukturell häufiger Frauen aufgrund ihres Geschlechts Opfer solcher Taten werden, spricht man von geschlechtsspezifischer Gewalt (vgl. Prasad 2021, S. 17). Dabei ist gegen Frauen gerichtete digitale Gewalt oft lediglich eine Fortsetzung oder Erweiterung bereits vorherrschender Gewaltverhältnisse offline (vgl. Thull/Dinar/Ebner 2021, S. 202). Da sich moderne Technologien und Medien stetig weiterentwickeln, ist anzunehmen, dass digitale Gewaltformen wie bildbasierte sexualisierte Gewalt in der Zukunft sogar in vielen Ländern weiter ansteigen werden (vgl. DeKeseredy 2021, S. 331).

Neben (cis‑)Frauen1 sind auch andere Minderheiten und/oder Mehrfachdiskriminierte Opfer digitaler Gewalt. Darunter fallen LGBTQIA*-Personen, Migrant*innen, Geflüchtete, Women of Color, Jüd*innen, Muslim*innen oder Personen mit Behinderung (vgl. Thull/Dinar/Ebner 2021, S. 203). Männer bilden in bisherigen Studien den größten Teil der Täter*innenschaft ab (vgl. Prasad 2021, S. 18).
 

Ungewollt nackt im Netz – Wer demütigt Frauen öffentlich auf Pornoseiten? (Y-Kollektiv, 25.06.2020)



Onlinemedien als Basis für digitale Gewaltformen

Unter digitaler Gewalt lassen sich Äußerungen in Schrift-, Bild- oder Videoform fassen, die durch das Medium Internet in Umlauf geraten und von Empfänger*innen als „bedrohlich, herabwürdigend oder verunglimpfend“ oder für ihre Lebensgestaltung massiv einschränkend wahrgenommen werden (ebd., S. 20). Es kann sich beispielsweise handeln um:

  • das Erstellen falscher Profile im Netz und das Versenden von Informationen mit falscher Identität,
  • das Verbreiten einvernehmlich oder auch heimlich produzierter Nacktfotos oder pornografischen Materials,
  • Belästigung,
  • Onlinestalking u. v. m. (vgl. ebd., S. 22 f.; Bauer/Hartmann 2021, S. 76).

Die Liste möglicher Taten entwickelt sich kontinuierlich weiter (vgl. Harris 2020, S. 318). Dabei gewinnt das nicht einvernehmliche Verbreiten einvernehmlich oder nicht einvernehmlich produzierter intimer Aufnahmen auf Pornoplattformen vermehrt an medialer, aber auch an wissenschaftlicher Aufmerksamkeit (vgl. McGlynn/Rackley 2017, S. 534).

Digitale Gewalt kann sowohl im sozialen Nahraum als auch im öffentlichen Raum stattfinden. Im sozialen Nahraum kennen sich Täter*innen und Betroffene oft – beispielsweise durch eine vergangene intime Beziehung. Digitale Gewalt im öffentlichen Raum bedeutet vor allem ein „Instrument der gesellschaftlich-strukturellen Unterdrückung“ (vgl. Bauer/Hartmann/Prasad 2021, S. 10; Thull/Dinar/Ebner 2021, S. 203). Sie richtet sich beispielsweise als Hatespeech meist gegen Minderheiten und soziale Gruppen der Gesellschaft (vgl. ebd.).

Onlinemedien sind zwar zunächst neutraler Natur, verfügen aber über Missbrauchspotenzial für digitale Gewalt. Es fehlt an übergeordneten, global regulierenden Instanzen, die für die Kontrolle der Nutzung digitaler Medien zuständig sind. Die Anonymität im Internet macht gewaltvolles Agieren leicht. Viele Dienste können missbräuchlich verwendet werden. Des Weiteren ermöglicht das Internet erstmals, dass Inhalte in Echtzeit von einem beliebigen Ort im Netz zu einem anderen geschickt werden können (vgl. Bauer 2021, S. 104 ff.).
 

Bildbasierte (sexualisierte) Gewalt

Bildbasierte (sexualisierte) Gewalt oder Missbrauch ist definiert als das nicht einvernehmliche Produzieren, Verbreiten oder Androhen des Verbreitens von Nackt- oder sexuellem Bildmaterial einer Person (vgl. Powell u. a. 2020, S. 2). Davon gibt es diverse Formen (vgl. DeKeseredy 2021, S. 330). Täter*innen müssen nicht zwingend ehemalige oder aktuelle Beziehungspartner*innen sein, die oft aufgrund von persönlichen Gründen oder Machtbestreben handeln (vgl. DeKeseredy/Schwartz 2016, S. 2; Bauer/Hartmann/Prasad 2021, S. 10). Manche Täter*innen veröffentlichen Bildmaterial einfach aus Spaß und ohne ersichtlichen Grund (vgl. DeKeseredy/Schwartz 2016, S. 2).

Eine weitere Gewaltform stellt die Aneignung von Bildmaterial dar: In diesem Fall entwenden Täter*innen Bildmaterial aus sozialen Medien, veröffentlichen es auf digitalen (Porno‑)Plattformen und diffamieren die gezeigte Person. Häufig veröffentlichen Täter*innen zudem persönliche Informationen (Doxing) und andere Nutzer*innen können sich an der Verbreitung von Beschimpfungen und Verleumdungen der Frauen beteiligen. Dabei werden auch durch das Hacken von Clouds oder den Zugriff auf ungesicherte Datenträger Bilder entwendet (vgl. Henry/Flynn/Powell 2020, S. 1838). Übergänge zwischen einzelnen Gewaltformen wie Stalking, Doxing und bildbasierter sexualisierter Gewalt sind dabei oft fließend (vgl. Bauer/Hartmann 2021, S. 91).
 


Digitale Gewalt kann sowohl im sozialen Nahraum als auch im öffentlichen Raum stattfinden.



Öfter kommt es zu einer Entwicklung ganzer patriarchaler Täter*innen-Communitys (vgl. McGlynn/Rackley 2017, S. 538; DeKeseredy/Schwartz 2016, S. 6). Medial bekannt ist in diesem Kontext etwa die Incel-Bewegung, die im Internet zu Gewalt gegen Frauen aufruft (vgl. Europäische Kommission 2022, S. 2). In den letzten Jahren ist zudem die sogenannte Exposer-Szene aufgefallen, in der Bildmaterial fremder Frauen online ausgetauscht wird. Recherchen deuten darauf hin, dass Mitglieder dieser Community willentlich anderen Frauen schaden, indem sie ungefragt deren Bilder auf Pornoplattformen hochladen, die Frauen dort diffamieren und andere Nutzer*innen dazu auffordern, sich an der Bloßstellung zu beteiligen. Dabei muss es sich bei dem Bildmaterial Betroffener von bildbasierter Gewalt nicht zwingend um intime Aufnahmen handeln – teilweise sind die gezeigten Personen bekleidet und beispielsweise bei der Ausübung von Freizeitaktivitäten zu sehen (vgl. Y-Kollektiv 2020).
 

Individuelle Folgen mit gesellschaftlichem Ausmaß

In einem Gespräch mit einer Betroffenen bildbasierter Gewalt, in deren Fall ein Täter nicht intime Bilder u. a. von ihren Social-Media-Profilen entwendete und samt Vollnamen auf der Pornoplattform xHamster veröffentlichte, schildert diese: „Das kann Leute ruinieren. Und man möchte das einfach nicht, man möchte einfach nicht damit zusammengebracht werden“.

Laura P. (Name geändert) kennt den Mann, der sich später als Täter herausstellt, als flüchtigen Bekannten, mit dem sie auf einigen sozialen Netzwerken vernetzt ist. Eine engere Beziehung bestand nie zwischen ihnen. Die Betroffene spricht von Ekel und Leere nach der Tat, aber auch von Wut auf das System, von dem sie sich nach der Tat nicht ernst genommen und unterstützt gefühlt hat. Auch wenn Laura P. vermutet, dass intimere Aufnahmen oder Nacktbilder für Betroffene verletzender sind, fügt sie hinzu: „Es kann Leute zerstören. Das ist auch eine Gewalt, die ausgeübt wird.“ Dabei spricht sie zudem über die Angst, dass potenzielle Arbeitgeber*innen negativ auf die Verknüpfung ihrer Person zu Pornoplattformen reagieren könnten.

Sowohl Betroffene von Hatespeech, Belästigung, Stalking als auch bildbasierter Gewalt berichten von psychischen Problemen nach der Tat wie Stress, Angststörungen oder Depressionen (vgl. Geschke u. a. 2019, S. 28; Amnesty International 2017; Henry/Flynn/Powell 2020, S. 1840; Uhl u. a. 2018, S. 52). Dabei leiden Betroffene nicht nur durch den direkten Effekt der Tat, sondern auch durch zusätzliche Stigmatisierungen in ihrem Umfeld – beispielsweise durch Freund*innen, Familie und die Polizei (vgl. DeKeseredy 2021, S. 332). Ziehen sich Betroffene aus digitalen Räumen zurück – beispielsweise nach Vorfällen von Hatespeech –, hat dies neben den individuellen Folgen auch einen negativen Einfluss auf die dadurch eingeschränkte Meinungsvielfalt (vgl. Geschke u. a. 2019, S. 29).
 


Taten digitaler Gewalt haben auch einen schädlichen Einfluss auf gesellschaftliche Prozesse.



Somit haben Taten digitaler Gewalt auch einen schädlichen Einfluss auf gesellschaftliche Prozesse. Nach Einschätzungen von Wissenschaftler*innen kann beispielsweise bildbasierte sexualisierte Gewalt nicht nur die Würde einer einzelnen Person, sondern die einer ganzen Gruppe von Menschen verletzen: Sie werden online nicht gleichberechtigt dargestellt, was auch auf ihre gesellschaftliche Wahrnehmung ausstrahlt (vgl. McGlynn/Rackley 2017, S. 546). Die Betroffene Laura P. merkt zudem an, dass solche Taten die eigene Wahrnehmung des Frauseins im Internet prägen können: „Wir sind anscheinend das schlechtere, schwächere Geschlecht. Mit uns kann man es ja machen. Es ist halt diese pure Sexualisierung“.
 

Unzulängliche Maßnahmen von Plattformen, Polizei und Justiz

Das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) und seit November 2022 auch der Digital Services Act (DSA) auf EU-Ebene verbieten die hier beschriebenen Inhalte und verpflichten die Anbieter, ein Meldesystem für Beschwerden einzurichten und offensichtlich einschlägige Verstöße innerhalb von 24 Stunden, in jedem Fall aber innerhalb von sieben Tagen zu löschen. Große soziale Netzwerke müssen halbjährig einen Bericht über den Umgang mit Beschwerden veröffentlichen. Der DSA gilt auch für xHamster, Xvideos, Pornhub und Co., auf denen häufiger Fälle bildbasierter Gewalt entdeckt wurden. Sie stellen für die Rechtskonformität ihrer Inhalte Regeln auf – etwa durch Nutzungsbedingungen, Community Guidelines, Guidelines für interne Moderator*innen oder durch Hinweise auf rechtliche Pflichten (Henry/Witt 2021, S. 752). Viele Pornoplattformen verfügen mittlerweile auch über Melde-Funktionen schädlicher Inhalte oder sogenannte „flagging“-Systeme, in denen Nutzer*innen freiwillig als sogenannte „volunteer corps of regulators“ agieren, um die Betreiber über Richtlinienverstöße zu unterrichten (ebd., S. 757).

Allerdings: Die Richtlinien sind oft zweideutig formuliert, es gibt eine massive Diskrepanz zwischen den Regeln und der Praxis der Inhaltsmoderation, die intransparent ist. Die angewandten Technologien zur Aufdeckung von Missbrauch sind unzureichend, Bilder finden sich auch nach dem Entfernen auf dieser oder anderen Webseiten wieder, die Aktivitäten für Auffinden, Melden und Löschen liegen vor allem aufseiten der Betroffenen selbst (ebd., S. 763).

In Deutschland gibt es mehrere Optionen, digitale Gewaltformen wie bildbasierte (sexualisierte) Gewalt zu ahnden – insbesondere im Bereich des Strafrechts, des Zivilrechts und des öffentlichen Rechts (vgl. Lembke 2021, S. 177). Etwa wird die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen gemäß § 201a StGB, das Ausspähen von Daten nach § 202a StGB, die Nachstellung gemäß § 238 StGB (Stalking) im Strafrecht verboten, daneben gelten die Normen des Urheber- und Kunsturheberrechts (vgl. Clemm 2021, S. 129 ff.). Allerdings sind im strafrechtlichen Bereich erhebliche Vollzugsdefizite erkennbar (vgl. Bauer/Hartmann/Prasad 2021, S. 11).

Häufig gehen im Falle bildbasierter Gewalt die Betroffenen zivilrechtlich dagegen vor (vgl. Henry/Flynn/Powell 2020, S. 1843). In Deutschland ist dies vor allem durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht, den Schutz des Rufes und der Ehre und die Ehre im Sinne der Menschenwürde nach Art. 1 GG geregelt (vgl. Dinig 2021, S. 156 ff.). Im Kontext bildbasierter Gewalt ist auch das Recht am eigenen Bild relevant – geregelt unter §§ 22 und 23 des Gesetzes, das das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (KUG) bestimmt. Aber: Nach § 22 KUG müssen Personen zwar davor geschützt sein, gegen ihren Willen in Form von Bildmaterial für andere „verfügbar“ zu sein, und müssen einwilligen. Jedoch ist noch nicht höchstrichterlich entschieden, ob das auch für die digitale Weitergabe gilt (vgl. ebd., S. 164 ff.). Allerdings sind deutsche Gesetze kaum durchsetzbar, wenn die Plattformen ihren Sitz im Ausland haben.
 


Die gesetzlichen Bestimmungen müssen durchgesetzt werden.



Aber auch in rechtlich eindeutigen Fällen fehlt es in Deutschland an Engagement. Wissenschaftler*innen und Betroffene kritisieren den Umgang von Strafverfolgungsbehörden und Polizei in solchen Fällen: Anzeigen werden nicht ernsthaft verfolgt, Strafverfahren werden aus unverständlichen Gründen eingestellt, den Betroffenen wird geraten, sich mit ihrem Problem an die Plattformen zu wenden (vgl. Thull/Dinar/Ebner 2021, S. 208). Ähnliches berichtet auch die Betroffene Laura P.: Sensibilität und das Ernstnehmen ihres Falles seien bei Polizei und Behörden kaum vorhanden gewesen. In ihrem Fall ist der Täter bekannt und hat die Tat der Polizei gestanden. Bis heute, etwa drei Jahre nach der Tat, musste sich der Täter jedoch nicht vor Gericht verantworten. Für Laura P. ist dies unverständlich und mitunter das Schlimmste an der Tat.
 

Möglichkeiten der Bekämpfung digitaler Gewalt

Digitale Plattformen korrespondieren mit gesellschaftlichen Normen und Werten (vgl. Dijck/Poell/Waal 2018, S. 2 f.). Gerade durch Pornografie werden bereits vorherrschende sexistische Haltungen und Muster verstärkt (vgl. DeKeseredy/Schwartz 2016, S. 4). Daher bedarf es neben Maßnahmen gegen geschlechtsspezifische Diskriminierung und patriarchale Macht-Dynamiken auf gesellschaftlicher Ebene einiger konkreter Maßnahmen. Das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen (EIGE) schlägt vor, eine einheitliche, länderübergreifende Definition von Gewaltformen für die jeweilige Gesetzgebung zu entwickeln; wichtig wären auch Schulungen für die Polizei sowie Aufklärungs- und Unterstützungskampagnen für Frauen und Mädchen (vgl. European Institute for Gender Equality 2017, S. 5). Auch sollten digitale Plattformen stärker verpflichtet werden, wirksame Schritte zur Verhinderung digitaler Gewalt zu gehen – beispielsweise durch bessere KI-basierte Systeme, die bei der Verifizierung von Personen sowie Erkennung und Entfernung von Inhalten helfen könnten (vgl. Henry/Witt 2021, S. 763). Amnesty International fordert die Regierungen auf, durch wirksamere Gesetze und Richtlinien digitale Gewalt gegen Frauen präventiv zu verhindern (vgl. Amnesty International 2017).

Hilfreich könnte – zumindest auf EU-Ebene – das ab 2024 geltende Gesetz über digitale Dienste sein, das u. a. eine schnellere Entfernung illegaler Inhalte auf Plattformen vorschreibt sowie einen besseren Schutz der Nutzer*innen im Internet schaffen soll (vgl. Die Bundesregierung 2023). Jedoch müssten auch die Länder jenseits der Grenzen Deutschlands und der EU entsprechende gesetzliche Regelungen umsetzen – das Internet macht an Ländergrenzen nicht halt.

Eine wichtige Aufgabe für die Politik, aber auch für Justiz und Polizei wird sein, das wachsende Problem digitaler Gewalt effektiver zu bekämpfen: Die gesetzlichen Bestimmungen müssen durchgesetzt werden. Wenn bei eindeutigen Rechtsverstößen die Täter*innen nicht bestraft werden und sie sich ohne Angst vor rechtlichen Konsequenzen in digitalen Räumen weiterhin rechtswidrig verhalten können, verstärkt sich der Eindruck, das Internet sei – entgegen allen politischen Bekundungen – ein rechtsfreier Raum (vgl. Thull/Dinar/Ebner 2021, S. 205). Die Bekämpfung bildbasierter und digitaler geschlechtsspezifischer Gewalt dient aber nicht nur dem individuellen Schutz von Betroffenen, sondern unterstützt auch ein respektvolles Miteinander in der Gesellschaft – sowohl online als auch offline.
 

Anmerkung:

1) „Cis“ oder „cisgeschlechtlich“, in diesem Fall „cisweiblich“, beschreibt Personen, die sich dem Geschlecht zugehörig fühlen, das ihnen bei der Geburt zugeteilt wurde (vgl. Regenbogenportal 2023).


Literatur:

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Bauer, J.-K.: Funktionsprinzipien des Internets und ihre Risiken im Kontext digitaler geschlechtsspezifischer Gewalt. In: bff: Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe/N. Prasad (Hrsg.): Geschlechtsspezifische Gewalt in Zeiten der Digitalisierung. Formen und Interventionsstrategien. Bielefeld 2021, S. 103 – 116

Bauer, J.-K./Hartmann, A.: Formen digitaler geschlechtsspezifischer Gewalt. In: bff: Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe/N. Prasad (Hrsg.): Geschlechtsspezifische Gewalt in Zeiten der Digitalisierung. Formen und Interventionsstrategien. Bielefeld 2021, S. 63 – 99

Bauer, J.-K./Hartmann, A./Prasad, N.: Einleitung. In: bff: Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe/N. Prasad (Hrsg.): Geschlechtsspezifische Gewalt in Zeiten der Digitalisierung. Formen und Interventionsstrategien. Bielefeld 2021, S. 9 – 16

Clemm, C.: Möglichkeiten und Grenzen strafrechtlicher Intervention bei digitaler Gewalt. In: bff: Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe/N. Prasad (Hrsg.): Geschlechtsspezifische Gewalt in Zeiten der Digitalisierung. Formen und Interventionsstrategien. Bielefeld 2021, S. 129 – 150

DeKeseredy, W. S.: Image-Based Sexual Abuse: Social and Legal Implications. In: Current Addiction Reports, 8/2021, S. 330 – 335

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Die Bundesregierung: Digital Services Act. Das Gesetz über digitale Dienste. In: Die Bundesregierung, 28.04.2023. Abrufbar unter: https://www.bundesregierung.de

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Dinig, N.: Zivilrechtliche Interventionen bei digitaler Gewalt. In: bff: Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe/N. Prasad (Hrsg.): Geschlechtsspezifische Gewalt in Zeiten der Digitalisierung. Formen und Interventionsstrategien. Bielefeld 2021, S. 151 – 176

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Regenbogenportal: Glossar: cis, cisgeschlechtlich. In: Regenbogenportal, 2023. Abrufbar unter: https://www.regenbogenportal.de

Thull, B./Dinar, C./Ebner, F.: Digitale Gewalt. In: R. W. Scholz/E. Albrecht/D. Marx/M. Mißler-Behr/O. Renn/V. van Zyl-Bulitta (Hrsg.): Supplementarische Informationen zum DiDaT Weißbuch. Verantwortungsvoller Umgang mit Daten – Orientierungen eines transdisziplinären Prozesses. Baden-Baden 2021, S. 202 – 211

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Y-Kollektiv: Ungewollt nackt im Netz – Wer demütigt Frauen öffentlich auf Pornoseiten?. In: Y‑Kollektiv/YouTube, 25.06.2020. Abrufbar unter: https://www.youtube.com