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Claudia Mikat

Claudia Mikat ist Geschäftsführerin der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF).

Claudia Mikat, Geschäftsführerin der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF), macht sich darüber Gedanken, welche Rolle künstliche Intelligenz im Jugendmedienschutz spielen könnte.

Printausgabe tv diskurs: 23. Jg., 4/2019 (Ausgabe 90), S. 1-1

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Als die Mathewelt im September 2019 die Lösung einer Formel um die Zahl 42 feierte, gelangte die Information über den kleinen wissenschaftlichen Zirkel hinaus an die Öffentlichkeit: Schließlich ist die 42 dem Science-Fiction-Klassiker Per Anhalter durch die Galaxis von Douglas Adams zufolge die Antwort auf „die Frage nach dem Sinn des Lebens, dem Universum und dem ganzen Rest“. Wie im Roman waren jahrzehntelange Arbeit und ein gigantisches Rechenvolumen vonnöten, um das Rätsel zu knacken. Und wie im Roman bringt die Lösung auch in der wirklichen Welt die Menschen nicht weiter – zumindest nicht mit Blick auf das eigentliche Problem –, weil die Frage unpräzise war.

Man muss die richtigen Fragen stellen – das gilt auch für Möglichkeiten und Grenzen technischer Anwendungen und künstlicher Intelligenz (KI), dem Titelthema dieser Ausgabe. In der frühen KI-Forschung träumte man von denkenden Maschinen – von einer Art Universalintelligenz, die das Menschsein in seiner ganzen Komplexität nachbildet. In Literatur und Film stand dabei die dunkle Seite der KI im Vordergrund, technologiebezogene Ängste vor künstlichen Wesen, die den Menschen bedrohen und beherrschen.

Heute weiß man, dass sowohl die Hoffnungen als auch die Ängste überzogen sind. Den künstlichen Menschen kann es so nicht geben, weil wir längst noch nicht verstanden haben, was menschliche Intelligenz eigentlich ausmacht. Stattdessen gibt es Teillösungen und begrenzte Bereiche, in denen technische Lösungen Sinn ergeben. Computer können besser Schach spielen und unfallfrei Auto fahren, mit menschlichem Verhalten haben diese Aktionen aber wenig gemein.

Auch im Jugendmedienschutz wird es nicht die eine Lösung geben. Ein Jugendschutzprogramm für alle Betriebssysteme und Endgeräte, eine Lösung für alle Plattformen oder für das Internet – das sind überzogene Erwartungen, ebenso unrealistisch wie die Idee eines Algorithmus oder einer Bild- und Texterkennung, die eine Analyse durch den Menschen vollkommen ersetzt. Auch hier wird es Teillösungen geben und verschiedene Ansätze, die nur in bestimmten Bereichen sinnvoll sind. Bei allen Anstrengungen, die derzeit unternommen werden, um technische Tools einzusetzen, Inhalte zu kategorisieren und zu filtern oder Entscheidungsprozesse zu automatisieren, dürfen wir die eigentliche Frage nicht aus dem Blick verlieren: Welche Medien und welche Nutzungsweisen beeinträchtigen die kindliche Entwicklung und welche fördern sie? Künstliche Intelligenz kann Bekanntes identifizieren und Muster und Zusammenhänge in großen Datenmassen erkennen. Komplexe Wirkungen zu verstehen, über Seiteneffekte von Technik nachzudenken und Visionen zu entwickeln, wie gutes Aufwachsen mit Medien aussehen kann – das wird bis auf Weiteres unsere Aufgabe bleiben.

Ihre Claudia Mikat