Gottwald – King of the Ring

Aus Dettenheim in die große weite Welt des Boxens

Nils Brinkmann

Nils Brinkmann studierte Publizistik, Kunstgeschichte und Soziologie (M.A.). Seit vielen Jahren prüft Nils Brinkmann als hauptamtlicher Prüfer bei der FSF, ebenso prüft er im Beschwerde- und Gutachterausschuss der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia (FSM).

Programm Gottwald – King of the Ring
 Dokumentation, D 2023
SenderDMAX, ab 07.11.2023

Online seit 30.11.2023: https://mediendiskurs.online/beitrag/gottwald-king-of-the-ring-beitrag-1124/

 

 

Filme über Kampfsport und insbesondere das Boxen sind seit jeher Kassenschlager und faszinieren ein breites Publikum: Die legendäre Rocky-Reihe mit Silvester Stallone, The Wrestler (mit Mickey Rourke), aber auch biografische Filme wie Ali, brillant gespielt von Will Smith, begeistern ein Millionenpublikum. Daneben boomen derzeit auf Netflix und Co. sogenannte Celebrity-Portraits, wie beispielsweise Harry & Megan, Arnold oder Messi. Da liegt es nahe, beide Genres miteinander zu verknüpfen, so wie derzeit DMAX seit Mitte November mit dem Format Gottwald – King of the Ring.

Rainer Gottwald, vielen spätestens seit 2022 als Sieger der RTL-Show Promi Big Brother bekannt, betreut hauptberuflich ca. 20 Boxerinnen und Boxer in seinem eigenen Boxstall. Fünf von ihnen werden in der Doku näher portraitiert, unter ihnen Leon Bauer, früher Junioren-Boxweltmeister, der sich „der Löwe aus der Pfalz“ nennt. Oder der ehemalige Kickbox-Weltmeister Daniel „Tripple D.“ Dietz (die drei Ds stehen für „der deutsche Dampfhammer“). Die Riege der von Gottwald betreuten Talente ergänzt Sarah „Babyface“ Bormann als eine der wenigen Frauen im Boxzirkus.
 

Gottwald – King of the Ring (DMAX, 19.11.2023)



Einblicke in das Leben von Profiboxer:innen

Ein Schwerpunkt der Doku widmet sich der harten Trainingsarbeit, was bei den Sportler:innen zuweilen an die Grenzen geht. Aber auch Gesundheit, Ernährung, Taktik und mentale Stärke werden beleuchtet, wodurch ein durchaus vielschichtiges Bild des Lebens von Profiboxer:innen entsteht. Alle fiebern dem „Final Fight“ entgegen, der in der sechsten und letzten Episode entsprechend zelebriert wird. Die Zuschauenden werden Zeuge, wie Rainer Gottwald quasi aus dem Nichts ein großes Sportevent kreiert, um sich und seine Schützlinge einer großen Öffentlichkeit zu präsentieren. Alles scheint in Gottwalds Händen zu liegen: die Auswahl der Location, Sponsorenakquise, Ticketing, Catering, Security und – last but not least – die Auswahl ebenbürtiger Gegnerinnen und Gegner. All dies will organisiert werden, und es ist durchaus faszinierend, wie hunderte Hände unter Federführung Gottwalds ineinandergreifen, um die Veranstaltung zum Erfolg zu führen. Das macht die Dokumentation nicht nur für Boxfans interessant. Aber keine Sorge: Der Boxsport mit all seinen Facetten steht klar im Vordergrund, wobei das Publikum den Protagonist:innen erstaunlich nahekommt, auch und gerade durch die schon fast väterliche Fürsorge Gottwalds, der es immer wieder schafft, seine Akteur:innen mental aufzubauen oder ihnen Tipps fürs Leben zu geben.


Freigegeben ab …
 

Die FSF befasste sich mit insgesamt vier der sechs Folgen und gelangte – mit graduellen Unterschieden – jeweils zu der Auffassung, dass eine Programmierung im Tagesprogramm möglich ist. Die Darstellung des entbehrungsreichen Alltags und Trainings der Boxerinnen und Boxer unter der geradezu väterlichen Anleitung von Gottwald sowie den umfänglich dokumentierten Vorbereitungen des finalen Box-Events kam aus Jugendschutzsicht keine Bedeutung zu. Auch die Kampfszenen – insbesondere der staffelabschließende „Final Fight“ in der sechsten Folge – wurden nach Diskussion ebenfalls als nicht entwicklungsbeeinträchtigend für jüngere Zuschauende bewertet. Auch jüngeren Kindern unter 12 Jahren vermittelt sich, dass sich der Boxsport nach klaren Regeln richtet, die überwacht und eingehalten werden. Die Gesundheit der Aktiven steht an vorderster Stelle, was sich u. a. durch sofortige Unterbrechungen bei Blessuren bis hin zum kompletten Kampfabbruch zeigt. Ansatzweises unsportliches Verhalten wird sofort kommentiert und eingeordnet. Die Kämpfe sind zudem nicht besonders brutal, starke Verletzungen nicht zu besichtigen, so dass auch keine nachhaltige Ängstigung vermutet wurde.

Als durchaus diskutabel wurde allerdings die mitunter doch recht raue Sprache unter den männlichen Protagonisten gewertet, insbesondere dann, wenn der Blick auf Frauen gerichtet ist. Zwar konzedierten die Prüfausschüsse, dass die Sportlerinnen als absolut gleichberechtigte Teammitglieder betrachtet werden, deren sportliche Leistungen in gleicher Weise wie bei den Männern Anerkennung finden. Gleichwohl schleicht sich auch hier eine rein männliche Perspektive ein, die an einigen Stellen Frauen als bloßen „Blickfang“ und Projektionsfläche für werbliche Aussagen der Sponsoren darstellt. Eine kurze anzügliche Bemerkung ist daher nur in der im Hauptabendprogramm ausgestrahlten Fassung enthalten, um sexistischen Tendenzen vorzubeugen. Ansonsten bietet die Doku-Serie durchaus positive Ansätze, wie sportliche Fairness und Respekt, Teamspirit, aber auch Selbstdisziplin, Durchhaltewillen und das Einhalten von Regeln, die zum Erreichen sportlicher und persönlicher Ziele wichtig sind.

Die Spanne der Altersfreigaben von „ohne Altersbeschränkung“ bis „freigegeben ab 12 Jahren“ innerhalb des Tagesprogramms trägt diesen vielschichtigen Bewertungsaspekten Rechnung.
 

Bitte beachten Sie:
Bei den Altersfreigaben handelt es sich nicht um pädagogische Empfehlungen, sondern um die Angabe der Altersstufe, für die ein Programm nach Einschätzung der Prüferinnen und Prüfer keine entwicklungsbeeinträchtigenden Wirkungsrisiken mehr bedeutet.

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Sendezeiten und Altersfreigaben