Pornografie aus Zypern und kein Ende

Düsseldorfer Verwaltungsgericht bestätigt seine Eilentscheidung von 2022

Im Jugendschutz muss man Geduld haben, vor allem dann, wenn man gegen Angebote aus dem europäischen Ausland vorgehen will. Seit 2019 bemüht sich der Direktor der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen, Dr. Tobias Schmid, zu erreichen, dass die zypriotischen Anbieter für pornografische Angebote in Deutschland eine Jugendschutzsperre vorschalten. Trotz Beanstandungsverfahren und Gerichtsurteilen blieb das bisher ohne Erfolg.

Online seit 02.05.2023: https://mediendiskurs.online/beitrag/pornografie-aus-zypern-und-kein-ende-beitrag-1122/

 

 

Pornografie ist in Deutschland für Erwachsene erlaubt, im Internet darf sie aber nur in einer geschlossenen Benutzergruppe verbreitet werden: Es muss sichergestellt werden, dass die Nutzer über 18 Jahre alt sind. Die Ansprüche an diesen Nachweis sind sehr hoch. Sie reichen vom sogenannten POSTIDENT-Verfahren, bei dem der Nutzer seinen Vertrag von einem Mitarbeiter der Post hinsichtlich seines Alters nach Vorlage des Personalausweises bestätigen lassen muss, bis hin zu verschiedenen neueren Verifizierungsmethoden, zum Beispiel kann durch eine KI-gestützte Software das Alter hinreichend genau festgestellt werden.
 

Geschlossene Benutzergruppen

Anbieter aus Deutschland müssen sich an die Bestimmungen halten: Gesetze und Gerichtsurteile können notfalls polizeilich durchgesetzt werden. Für sie und ihre Kunden ist der Aufwand kostspielig und hoch, und der Kunde muss erst einmal eine Hürde überwinden, um das Angebot nutzen zu können. Für die deutschen Pornoanbieter ist es deshalb ärgerlich, dass für ihre potenziellen Kunden Pornografie aus Zypern kostenlos verfügbar ist. Als Altersnachweis wird von den Nutzenden lediglich verlangt, anzuklicken, dass sie über 18 Jahre alt sind.

Auch für den Jugendschutz ist diese Situation nicht hinnehmbar. Wenn deutsche Jugendschutzbestimmungen nur in Deutschland durchgesetzt werden können, über das Internet aber auch Inhalte verfügbar sind, die sich den deutschen Gesetzen entziehen, stellt das den Jugendschutz in Deutschland in Frage, zumal das Internet die Hauptquelle für mediale Inhalte ist. Vor diesem Hintergrund hat bereits 2020 der Direktor der Landesanstalt für Medien NRW, Dr. Tobias Schmid, die Plattformen aus Zypern aufgefordert, für das Angebot in Deutschland gemäß den deutschen Regelungen Jugendschutzsperren vorzuschalten. Doch die Anbieter reagierten nicht, auch offizielle Beanstandungen durch die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) gegenüber drei Anbietern aus Zypern brachten kein Ergebnis. Zwei Anbieter klagten gegen die Beanstandungen und bezogen sich dabei hauptsächlich auf das sogenannte Herkunftslandprinzip der AVMD-Richtlinie, wonach für die Verbreitung von Inhalten in Europa die Regeln des Landes gelten, in dem der Sitz des Anbieters liegt.
 

VG-Düsseldorf bestätigt die Beanstandung im Eilverfahren

Im November 2021 gab das Verwaltungsgericht Düsseldorf im Eilverfahren der KJM Recht. Die von der Pornografie ausgehende schwere Jugendgefährdung müsse in Deutschland bekämpft werden, die gesetzlich vorgeschriebenen Jugendschutzsperren müssten daher umgesetzt werden. Zwei der Anbieter legten beim Oberverwaltungsgericht in Münster Berufung ein, allerdings ohne Erfolg.

Auf diese eindeutigen Gerichtsurteile – auch wenn sie nur im Eilverfahren zustande gekommen sind – reagierten die Anbieter aus Zypern bisher nicht. Die Aufforderung der KJM gegenüber den Internetanbietern, die Angebote zu sperren, blieb bisher ebenfalls ohne Ergebnis (mehr zur Vorgeschichte vgl. Gottberg 2022).
 

Nun liegt das Urteil in der Hauptsache vor

Nun liegt das endgültige Gerichtsurteil vor, das den Eilantrag vom November 2021 bestätigt. Dagegen kann jetzt noch einmal beim Oberverwaltungsgericht Münster Berufung eingelegt werden. Allerdings sieht das Gericht keine Pflicht für die zypriotischen Anbieter, einen Jugendschutzbeauftragten zu benennen: „Soweit die Landesanstalt für Medien ihre Beanstandungs- und Untersagungsverfügung dagegen zusätzlich darauf gestützt hatte, dass die Angebote neben Pornografie auch andere entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte aufwiesen bzw. kein Jugendschutzbeauftragter bestellt war, hat die Kammer den Klagen stattgegeben und den Bescheid insoweit aufgehoben. Hinsichtlich dieser Verstöße konnte die Kammer ernste und schwerwiegende Gefahren nicht feststellen, die es rechtfertigen würden auch insoweit das Recht des Herkunftsstaates der Klägerinnen – Zypern – unangewendet zu lassen […].“ (VG-Düsseldorf 2023)

Schmid bewertet das Urteil als Erfolg, ist sich aber wohl selbst nicht sicher, ob sich dadurch an der Verbreitung zypriotischer Pornografie etwas ändert: „Das Verwaltungsgericht bestätigt mit dieser Entscheidung, dass der Jugendmedienschutz auch im Internet konsequent anzuwenden ist und genau das erwarten wir von den unterlegenen Unternehmen. Es ist überaus irritierend, dass die Anbieter bisher richterliche Entscheidungen ignorieren. Seriöse Unternehmen halten sich an die Gesetze und die Rechtsprechung in dem Land, in dem sie ihr Geld verdienen. Eine weitere Missachtung der Entscheidung werden wir nicht tolerieren und gegebenenfalls weitere Schritte einleiten.“ (KJM 2023)

Wir können gespannt sein, wie diese Schritte aussehen werden.

Quellen:

Gottberg, J. v.: OVG Münster bestätigt Verbot pornografischer Internetangebote aus Zypern. Konsequenzen des Urteils sind jedoch ungewiss. In: mediendiskurs.online, 13.09.2022. Abrufbar unter: mediendiskurs.online

KJM: Pornoplattformen müssen Kinder- und Jugendmedienschutz umsetzen. Verwaltungsgericht Düsseldorf weist Klagen gegen die Landesanstalt für Medien NRW ab. Pressemitteilung der KJM vom 27.04.2023. Abrufbar unter: www.kjm-online.de

VG-Düsseldorf: Eilentscheidung bestätigt. Untersagung von pornografischen Internetangeboten aus Zypern rechtmäßig. In: Justiz-online, 26.04.2023. Abrufbar unter: www.vg-duesseldorf.nrw.de