Cybergrooming nimmt zu

Immer mehr Erwachsene suchen sexuelle Kontakte zu Kindern im Internet

Erwachsene, meistens Männer, die ein sexuelles Interesse an Kindern oder Jugendlichen haben, nutzen das Internet, um entsprechende Kontakte zu knüpfen. Sie geben sich dabei meist als gleichaltrig aus und verwickeln Kinder und Jugendliche in zunächst harmlose Gespräche. Haben sie Vertrauen aufgebaut, fordern sie ihr Opfer auf, Bilder oder Videos von sich zu schicken oder sich vor der Webcam auszuziehen. Es kann aber auch zu realen Verabredungen mit missbräuchlichen sexuellen Handlungen kommen. Dieses sogenannte Cybergrooming hat im letzten Jahr deutlich zugenommen.

Online seit 24.11.2022: https://mediendiskurs.online/beitrag/cybergrooming-nimmt-zu-beitrag-1122/

 

 

„Im Auftrag der Landesanstalt für Medien NRW hat KB&B Family Marketing Experts eine empirische Studie zum Thema Kinder und Jugendliche als Opfer von Cybergrooming durchgeführt. Erkenntnisinteressen der Studie waren neben den Formen von Cybergrooming, dem Mediennutzungsverhalten von Kindern und Jugendlichen auch die Wünsche der Kinder und Jugendlichen in Bezug auf Hilfsangebote. Die Studie wurde in 2021 erstmalig durchgeführt. In dieser zweiten Befragungswelle können bereits Entwicklungen und Vergleiche der Ergebnisse zum Vorjahr aufgezeigt werden. Zudem wurden in 2022 inhaltliche Schwerpunkte in Bezug auf Opferempfinden und Täterverhalten gesetzt. Eine dritte Befragungswelle wird 2023 folgen.“ (Landesanstalt für Medien NRW 2022a)

Besorgniserregend ist, dass vor allem bei den Acht- bis Neunjährigen derartige Kontaktaufnahmen zugenommen haben: 2021 haben laut Befragung 8,8 % der Kinder eine erwachsene Person im Internet kennengelernt, die sich mit ihnen verabreden wollte; 2022 waren es bereits 20,4 %. Bei den Zehn- bis Zwölfjährigen gab es einen Anstieg von 14,1 auf 22,9 %. Beim Zusenden und Empfangen von freizügigen Bildern, Verabredungen zum Fotoshooting oder bei Drohungen ist ebenfalls ein starker Zuwachs zu verzeichnen. In der Studie wurden insgesamt 2.002 Kinder und Jugendliche zwischen acht und 17 Jahren im Zeitraum vom 10. bis 31. Oktober 2022 online befragt.

Etwa zwei von fünf Befragten (39,2 %) haben zumindest gelegentlich Chat-Kontakt zu Menschen im Netz, die sie nicht persönlich kennen – die Jungen (42,2 %) sogar etwas öfter als die Mädchen (35,6 %). TikTok ist mit 24,9 % Spitzenreiter für solche Kontakte, gefolgt von Instagram mit 22,1 %, Facebook mit 19 %, WhatsApp mit 18,6 %, dem Videospiel Minecraft mit 17,1 %, Snapchat mit 12,4 % und dem Videospiel Call of Duty mit 12,1 %.

Etwa ein Viertel der Befragten (26,6 %) gab an, bisher mit niemanden über dieses Thema gesprochen zu haben. Knapp zwei Drittel (64,7 %) wünschen sich, dass das Thema in der Schule stärker behandelt wird, und knapp die Hälfte (49,3 %) würde das Thema gerne mehr im eigenen Elternhaus besprechen wollen.

„‚Auch im zweiten Jahr in Folge sind die Zahlen unserer Befragung besorgniserregend. Die Erfahrungen mit Cybergrooming haben offenbar deutlich zugenommen. Es ist dringend geboten, dass wir Kinder und Jugendliche aufklären und ihnen praktische Hilfe anbieten. Mit der Meldefunktion bei fragzebra.de bieten wir in enger Zusammenarbeit mit Polizei und Staatsanwaltschaft dazu eine Anlaufstelle für alle Betroffenen. Die hohen Zahlen weisen aber auch auf einen ersten positiven Aspekt hin. Offenbar wirkt die Aufklärungsarbeit und das ist ermutigend. Kinder und Jugendliche haben zunehmend ein Bewusstsein dafür, dass sie im Netz angesprochen werden und das falsch sein kann. Wir werden damit weitermachen‘, kommentiert Dr. Tobias Schmid, Direktor der Landesanstalt für Medien NRW, die Zahlen.“ (Landesanstalt für Medien NRW 2022b)  

Quellen:

Landesanstalt für Medien NRW (a): Studie Kinder und Jugendliche als Opfer von Cybergrooming. Düsseldorf, 16.11.2022. Abrufbar unter: www.medienanstalt-nrw.de

Landesanstalt für Medien NRW (b): Immer mehr Kinder und Jugendliche machen Erfahrungen mit Cybergrooming. In: medienanstalt-nrw.de, Pressemitteilung vom 16.11.2022. Abrufbar unter: www.medienanstalt-nrw.de
 

Weiterlesen:
Daniel Hajok Erfahrungen Heranwachsender mit digitaler sexueller Gewalt. In: mediendiskurs, 4/2022 (Ausgabe 102), S. 52–55
Thomas-Gabriel Rüdiger: Cybergrooming. In: mediendiskurs, 1/2022 (Ausgabe 99), S. 90-94