Das Gute im Blut

Die US-Krimiserie „Blue Bloods – Crime Scene New York“

Sibylle Kyeck

Sibylle Kyeck studierte Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften und Neuere Deutsche Literatur an der Freien Universität Berlin. Neben ihrer Prüftätigkeit für die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) arbeitet sie als freiberufliche Journalistin und Lektorin.

Programm Blue Bloods – Crime Scene New York
 Krimi, USA 2022
SenderSAT.1 Gold , seit 09.03.2024

Online seit 09.03.2024: https://mediendiskurs.online/beitrag/das-gute-im-blut-beitrag-1124/

 

 

Blaues Blut im TV ist hierzulande eher mit Adelsschmonzetten à la Das Erbe der Guldenburgs assoziiert. Wenn es aber um „Blaublüter“ aus dem Big Apple geht, dann ist die Rede von der NYPD – der New Yorker Polizei. Und um die geht es bei Blue Bloods. Genauer gesagt um die rechtschaffende Familie Reagan.

Francis „Frank“ Xavier Reagan ist Ire, Witwer, guter Katholik und Police Commissioner in New York. Gefühlt ist er nicht bei der Polizei, er ist die Polizei. Der Rest der Familie hat sich beruflich ebenfalls für Recht und Ordnung entschieden.

Franks ältester Sohn, Danny (Donnie Wahlberg), ein Raubein mit Herz und Schnauze, ist Leading Detective. Nesthäkchen Jamie (Will Estes) hat zunächst in Harvard Jura studiert. Doch seit sein Bruder Joe im Dienst erschossen wurde, geht auch er auf Streife. Tochter Erin (Bridget Moynahan) führt die Arbeit der restlichen Familie als Staatsanwältin fort. Und dann wäre da noch Franks Vater Henry (Len Cariou), der vor seiner Pensionierung selbst Police Commissioner war. Feinster blaublütiger Polizeiadel also, vereint beim wöchentlichen Familienessen, um über Gut und Böse zu sinnieren.

Frank ist hierbei der moralische Fixstern der Familie – und der Serie. Er legt sich zwar regelmäßig mit dem Bürgermeister an, seinen Mitarbeitenden gegenüber ist er aber sehr feinfühlig. Und auch wenn er oft mit den Vorschriften hadert, so sind sie doch sein einziger Kompass. Und der weist ihm den Weg. Auch durch Staffel 13, die wieder einige Herausforderungen für Familie Reagan bereithält.
 

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Es geht um Vetternwirtschaft, politische Karrieren, private Entwicklungen, Gerechtigkeit, Familienbande und große Gefühle. Alles flankiert von moralisierenden Dialogen, Tischgebeten, militärischen Grüßen, klaren Regeln und keinem Zweifel darüber, was Gut und Böse ist. Denn Blue Bloods ist vor allem eines: Fernsehen für Konservative. Die Serie erzählt von den ganz alten Tugenden. Von Mut und Patriotismus, von einer immer gefährlicher werdenden Welt und US-amerikanischen Helden, die uns den Weg weisen. Nach dem NYPD-Motto „Fidelis ad Mortem“ („Treu bis zum Tod“) begegnen die Reagans dem Bösen in unterschiedlichster Gestalt. Das alles ist wenig anschlussfähig für jüngere Zuschauer, aber trotzdem durchaus unterhaltsam. Nämlich dann, wenn man nicht mit den Fällen mitgeht – sondern mit den Figuren. Während die Krimihandlung selbst oft wenig eindringlich und simpel konstruiert ist, sind es Frank, Danny, Erin und Co, die das Besondere der sonst sehr konventionellen und durchaus klischeehaft konfektionierten Serie ausmachen. So ist Blue Bloods Polizeiserie und Familiendrama in einem. Und zwar in bester (wenn auch spiegelverkehrter) Sopranos-Manier. Die Ähnlichkeit kommt nicht von ungefähr: Die Macher von Blue Bloods zeichneten auch für Die Sopranos verantwortlich (und mit Steve Schirripa alias Anthony Abetemarco hat es sogar ein Ex-Mobster in die Reihen der Blaublüter geschafft).

Mehr Mafia-Vibe sucht man bei den Reagans vergebens. Denn obwohl es am Tisch der Familie ebenfalls durchaus hoch hergeht, am Ende ist es doch ein durch und durch konservativ-traditionelles Familienbild, das die Serie präsentiert. Politisch brisante Themen (Polizeigewalt oder die Zwangsunterbringung von Obdachlosen) werden nur nebenbei und ohne weiteren Kontext behandelt. Richtig ist, was die Familie Reagan als richtig empfindet. Fälle werden gerne auf dem kurzen und ganz eigenen Dienstweg gelöst und so wird am Ende nicht selten der politisch unkorrekte Weg dramaturgisch relativ konfliktfrei belohnt. Nach Feierabend aber gehen die Figuren den diskussionswürdigen Momenten nicht aus dem Weg. Und spätestens am heimischen Abendbrottisch wird in trauter Familienidylle wieder hinterfragt und ausgelotet, was moralisch vertretbar, was das Richtige ist. Vor dem Tischgebet versteht sich.

 


Freigegeben ab …
 

Der FSF lag die 13. Staffel zur Prüfung vor. Der Großteil der 21 Episoden wurde für das Hauptabendprogramm ab 12 Jahren freigegeben, drei Episoden erhielten eine Freigabe ab 12 Jahren für das Tagesprogramm.

Die dialoglastige, recht konventionelle Inszenierung von Blue Bloods fördert eine distanzierte Rezeption. Zusätzlich dürfte auch das weitgehende Fehlen jugendlicher Protagonisten für ab 12-Jährige distanzierend wirken.

Wie von einer Polizeiserie zu erwarten, werden zwar durchgehend Fälle von Gewalt oder anderen Gesetzesübertretungen (z. B. Drogenhandel) thematisiert, in den meisten Episoden sind aber nur wenige kurze, zurückhaltend ausgestaltete Gewalt- und Bedrohungsmomente enthalten. Häufig findet die Verhandlung der Taten überwiegend oder sogar ausschließlich verbal statt, sodass die einzelnen Kriminalfälle eine eher geringe emotionale Sogkraft für junge Zuschauende entfalten. In vorherigen Staffeln war bei mehreren Episoden das Verhalten von Detective Danny Reagan diskutiert worden, der bei seinen Vernehmungsmethoden und Festnahmen bisweilen den legalen Rahmen zu verlassen schien. Eine solche Tendenz konnte der Prüfausschuss in der 13. Staffel nicht erkennen. Insgesamt stehen alle Mitglieder der Familie Reagan dafür ein, dass sie zwar bisweilen mit den Vorschriften hadern oder nach unkonventionellen Lösungen suchen, bei alldem aber immer für die Achtung der Gesetze eintreten und auch für sich selbst keine Ausnahmen geltend machen.

Hinweise auf ein mögliches Risiko der sozialethischen Desorientierung wurden mehrmals in Zusammenhang mit selbstjustiziellem Vorgehen diskutiert oder wenn problematische Aussagen mit Anschlussfähigkeit an hiesige Diskurse fielen. Fragwürdigen Aussagen oder Einstellungen von Identifikationsfiguren stand aber stets ein Reflexionsangebot in Form von relativierenden, kontrastierenden oder einordnenden Kommentaren anderer Figuren gegenüber. Abträgliche Botschaften werden somit nicht vermittelt.
 

Bitte beachten Sie:
Bei den Altersfreigaben handelt es sich nicht um pädagogische Empfehlungen, sondern um die Angabe der Altersstufe, für die ein Programm nach Einschätzung der Prüferinnen und Prüfer keine entwicklungsbeeinträchtigenden Wirkungsrisiken mehr bedeutet.

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Sendezeiten und Altersfreigaben

Hinweis:
Pay-TV-Anbieter oder Streamingdienste können eine Jugendschutzsperre aktivieren, die von den Zuschauer:innen mit der Eingabe einer Jugendschutz-PIN freigeschaltet werden muss. In dem Fall gelten nicht die üblichen Sendezeitbeschränkungen und Schnittauflagen. Weitere Informationen zu Vorschriften und Anforderungen an digitale Vorsperren als Alternative zur Vergabe von Sendezeitbeschränkungen sind im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (§ 5 Abs. 3 Nr. 1; § 9 Abs. 2 JMStV) sowie in der Jugendschutzsatzung der Landesmedienanstalten (§ 2 bis § 5 JSS) zu finden.

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Jugendschutz bei Streamingdiensten