Frankreich will die Rundfunkgebühr abschaffen

Joachim von Gottberg

Prof. Joachim von Gottberg ist Chefredakteur der Fachzeitschrift MEDIENDISKURS.

In Frankreich soll der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht mehr über Gebühren finanziert werden.

Online seit 12.08.2022: https://mediendiskurs.online/beitrag/frankreich-will-die-rundfunkgebuehr-abschaffen-beitrag-1122/

 

 

 

Schon im Wahlkampf hatte Emmanuel Macron versprochen, die Rundfunkgebühr zu streichen. Sie beträgt in Frankreich pro Jahr 138 Euro und wird immer im Herbst fällig. Zahlen müssen alle Haushalte, die ein Fernsehgerät besitzen (vgl. Tagessschau 2022).

Macron hat nicht vor, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk komplett abzuschaffen, der Finanzbedarf soll lediglich auf einem anderen Weg gedeckt werden. Möglich wäre eine Finanzierung über die Steuern, was dann indirekt allerdings von jedem Bürger aufgebracht werden müsste. Schon in seiner ersten Amtszeit hatte Macron Bürgern mit geringem Einkommen die Rundfunkgebühr erlassen, um die Kaufkraft zu erhöhen. Kritiker befürchten vor allem, dass dadurch der Einfluss der Politik auf die Sender wächst. So könnten beispielsweise die Regierungsparteien den öffentlich-rechtlichen Sendern bei allzu kritischer Berichterstattung den Geldhahn abdrehen.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist vor allem bei den Rechten in Frankreich unbeliebt, die ihm eine Nähe zu den linken und grünen Parteien nachsagen und ihn am liebsten privatisieren wollen. Macron hat in seinen Wahlkampf Auftritte in öffentlich-rechtlichen Sendern vermieden, nach seiner Wiederwahl war er allerdings sofort mit einem Interview in France 2 präsent. Schon bei der Stichwahl hat er versucht, sich mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu arrangieren, der allerdings mit dem linken Kandidaten Jean-Luc Mélenchon sympathisierte (vgl. Altwegg 2022).

In der Nacht zum 2. August 2022 hat nun nach der Nationalversammlung auch der Senat für die Abschaffung der Rundfunkgebühren gestimmt. „Künftig soll der öffentlich-rechtliche Rundfunk unter anderem durch die Mehrwertsteuer finanziert werden. Der Senat will allerdings, dass diese Regelung nur bis Ende 2024 gilt. Die Regierung solle in der Übergangszeit eine echte Reform des Sektors vorlegen, die mit einer angemessenen Mittelzuweisung einhergeht, hieß es in einem angenommenen Änderungsantrag.“ (Tagesschau 2022)

Das von Mélenchon angeführte Linksbündnis NUPES will gegen diese Entscheidung vor dem Verfassungsgericht klagen, denn die Freiheit der öffentlich-rechtlichen Sender ist in der französischen Verfassung festgeschrieben. Möglich, dass die obersten Richter des Landes die Abschaffung der Gebühren als verfassungswidrig einstufen und stoppen. 78 % der Franzosen stimmen einer Abschaffung der Rundfunkgebühren zu, wie eine Blitzumfrage der französische Zeitung Le Figaro ergeben hat (vgl. Allroggen 2022).
 

 

Quellen:

Allroggen, A.: Frankreich ohne Rundfunkgebühren. Die Zukunft des Öffentlich-Rechtlichen. In: Breitband – Deutschlandfunk Kultur, 06.08.2022. Abrufbar unter: www.ardaudiothek.de

Altwegg, J.: Frankreichs öffentliche Sender. Macron schafft die Rundfunkgebühr ab. In:Frankfurter allgemeine Zeitung (FAZ), 26.05.2022. Abrufbar unter: www.faz.net

Tagesschau: Abstimmung im Senat. Frankreich schafft Rundfunkgebühren ab. In: tagesschau.de, 02.08.2022. Abrufbar unter: www.tagesschau.de