Tilmann P. Gangloff
Buchbesprechung
Sind Deutschlands Jugendschützer nicht mehr auf der Höhe der Zeit? In Frankreich können sich 12-Jährige Filme anschauen, die hierzulande selbst Erwachsene nicht so ohne weiteres zu sehen bekommen. In Portugal darf ein 6-Jähriger in fast jeden Film, wenn er von einem Erwachsenen begleitet wird. In Skandinavien haben Jugendliche ungehindert Zugang zu Filmen, die bei uns als pornographisch eingestuft würden. In den Benelux-Staten gibt es nicht nur eine höchst liberale Gesetzgebung, sie wird zudem im Alltag fast gar nicht umgesetzt. Diese unterschiedlichen Haltungen in einem vereinten Europa zu harmonisieren, erscheint so gut wie unmöglich.
Das journalistisch geschriebene Buch vergleicht jedoch nicht nur den europäischen Umgang mit dem Jugendmedienschutz, es fragt auch nach den Wirkungen von Sex und (dargestellter) Gewalt. Außerdem setzt es sich detailliert mit der deutschen Medienaufsicht auseinander. Hierzulande werden für jedes neue Medium gleich auch eigene Gesetze geschaffen. Die Folge ist ein selbst für Insider kaum noch überschaubares Sammelsurium an Regeln, für deren Überwachung stets neue Gremien ins Leben gerufen wurden; auch dies ist im europäischen Vergleich ein Unikum.
Printausgabe tv diskurs: 6. Jg., 2/2002 (Ausgabe 20)