nachgefragt: 4 und 5
Ist die rechtliche Beschränkung langfristig noch ein geeignetes Mittel?
Wir brauchen ein neues Verständnis von Jugendschutz. Kinder und Jugendliche vor bestimmten Inhalten zu schützen, hat funktioniert, solange man den Zugang verhindern oder zumindest einschränken konnte. Heute werden auch von Jugendlichen selbst Inhalte produziert und verbreitet, Jugendliche sind in Kontakt mit anderen und tauschen sich mittels digitaler Dienste mit Texten, Bildern und Videos aus, das birgt auch neue Risiken. Vielleicht ist der Ansatz der Altersbegrenzung für Inhalte heute einfach nicht mehr zeitgemäß. Wir brauchen ein differenzierteres Modell der Klassifizierung von Angeboten, das über den reinen Inhalt hinaus Möglichkeiten der Bewertung eröffnet und auch Risiken der Interaktion und Kommunikation berücksichtigt.“
Jutta Croll, Vorsitzende der Stiftung Digitale Chancen
Wer Freiheit schützen will, muss darauf achten, dass die Regeln, die die Freiheit garantieren, eingehalten werden. Sehen Sie sich die Entwicklung und die Aggressivität in der Kommunikationsplattform Netz an. Wenn wir da nicht sukzessiv wieder Boden unter den Füßen bekommen, dann ist das keine demokratische Plattform, sondern eine Fläche, in der die Lautesten und die Stärksten den Rest unterdrücken. […] Ja, natürlich brauchen wir Regeln. Jedenfalls wenn wir weiterhin an eine funktionierende demokratische Medienordnung glauben und nicht einfach nur an darwinistische Anarchie.“
Dr. Tobias Schmid, Direktor der Landesanstalt für Medien NRW
Wie will die Politik mit den unterschiedlichen Regulierungsgraden im Rundfunk- und Onlinebereich umgehen?
[…] In der heutigen Onlinewelt individualisiert jeder große Anbieter (vgl. Amazon, YouTube, Facebook) sein Angebot auf den Kunden. Die Durchsetzung von länderspezifischen Regelungen ist somit sehr viel leichter möglich, da die Verbreitung von Inhalten letztlich auf einer Eins-zu-eins-Datenbeziehung besteht. […] Die einzigen ernsthaften Bedrohungen des Rechtsstaates im digitalen Raum sind die selbst auferlegte Untätigkeit und eine weitverbreitete tatsächliche Unkenntnis über die eigenen Handlungsoptionen. Aus meiner eigenen Erfahrung nutzen zentrale nationale und europäische Institutionen nur den Lobbyisten. Es geht insgesamt nicht um Auf- oder Abrüstung in den einzelnen Mediengattungen, sondern um Entrüstung über versagenden Jugendmedienschutz und Umrüstung auf effektive Formen hoheitlicher wie selbstregulierter Kontrolle.“
Uwe Conradt, LL.M., Direktor der Landesmedienanstalt Saarland (LMS)
Bei hybriden Medienformen finde ich es naheliegend, dass es zu einer Angleichung der Anforderungen für traditionelle Anbieter u. a. kommt. Wo es aber tatsächlich noch unterschiedliche Nutzungssituationen gibt, wo Eltern bei traditionellen Medien wie dem Fernseher im Wohnzimmer in einer anderen Weise noch Kontrolle ausüben, mag es auch weiterhin angemessen sein, dass die Schutzniveaus unterschiedlich sind. […]“