Political Correctness. Einführung ins Titelthema
Wenn in der Gesellschaft Menschen wegen ihrer Hautfarbe, Religion oder ihrer sexuellen Orientierung abgelehnt werden, drückt sich das nicht zuletzt in der Sprache aus. Wörter, die wir zur Bezeichnung von Menschen verwenden, können entweder mit diskriminierenden Attributen verbunden sein, oft reicht aber schon die Nennung eines allgemein gebräuchlichen Begriffs, um ablehnende und negative Assoziationen zu erzeugen. So kann auch ein scheinbar neutraler Begriff durch entsprechenden Gebrauch in der Gesellschaft eine negative, diskriminierende Aussage beinhalten. Wie benennen wir einen Menschen mit dunkler Hautfarbe? Der Begriff „Neger“, der auf dem lateinischen Wort für „schwarz“ beruht, ist aufgrund seiner Geschichte mit negativen Assoziationen behaftet: Es schwingen Bewertungen wie „Außenseiter“, „weniger wert“, „schlechter gebildet“ mit, obwohl diese im eigentlichen Begriff gar nicht enthalten sind. Die Folge ist, dass dieses Wort beispielsweise in den Medien wohl kaum verwendet werden kann, ohne den Vorwurf von Rassismus oder Ähnlichem zu riskieren.
In der Hoffnung, damit Diskriminierungen verhindern oder wenigstens reduzieren zu helfen, wird zunehmend mehr Sorgfalt im Umgang mit der Sprache gefordert. Es sollen neutrale und unbelastete Begriffe verwendet werden. Aber können damit tatsächlich tief verwurzelte Bewertungen und Vorurteile aufgelöst werden? Macht nicht gerade die innere Bewertung die negative Assoziation des Begriffs aus – und nicht umgekehrt? Entsprechend führen Gegner dieser sprachlichen Sorgfalt den Kampfbegriff „Political Correctness“ ins Feld und meinen damit, dass es sich um Selbstzensur handelt, wenn versucht wird, tief verwurzelte Diskriminierungen in das Unbewusste zu verdrängen, statt sie offensiv im Diskurs zu bekämpfen.
Durch die Ereignisse in der Silvesternacht in Köln, als zahlreiche Frauen bestohlen und sexuell belästigt wurden, wurde die Diskussion um Political Correctness noch um eine Variante erweitert. Aus Angst, sie könnten die aufkeimende Feindseligkeit gegen Flüchtlinge und Asylanten aus afrikanischen und arabischen Staaten noch weiter anfachen, machte die Polizei in ihrer Pressearbeit zu den Herkunftsländern der Täter keine Angaben – und folgte damit auch dem Pressekodex des Deutschen Presserates, der formuliert, dass „die Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten“ nur dann genannt werden muss, „wenn für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründbarer Sachbezug besteht.“
Die Absicht dieser Richtlinie ist nachvollziehbar, aber in welchem Verhältnis steht sie zum Anspruch der Gesellschaft auf Information? Kann der mündige Mediennutzer nicht selbst entscheiden, ob die Herkunft von Tätern ein relevanter Fakt ist oder nicht?
tv diskurs möchte die kontroverse und oftmals emotional geführte Diskussion darstellen und dabei versuchen, zur Versachlichung beizutragen.
> tv diskurs 77, 3/2016: Political Correctness. Normierte Sprache gegen Diskriminierung