Der Pate und die Mafia

Die Mini-Serie „The Offer“ bei Paramount+

Christiane Radeke

Christiane Radeke studierte AV-Medienwissenschaften an der Hochschule für Film und Fernsehen Potsdam-Babelsberg und ist hauptamtliche Prüferin bei der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF). Sie schreibt als Autorin u.a. für das Kinder- und Jugendfilmzentrum (KJF) und arbeitet für die Deutsche Welle in der Abteilung Documentaries.

Programm The Offer
 Drama, USA 2022
SenderParamount+, ab 13.12.2022

Online seit 13.12.2022: https://mediendiskurs.online/beitrag/der-pate-und-die-mafia-beitrag-1124/

 

 

Wie alles begann

„Ich mache ihm ein Angebot, das er nicht ablehnen kann“ – in der Hochglanzserie The Offer aus dem Hause Paramount geht es um die hindernisreiche Entstehungsgeschichte des Filmklassikers Der Pate Anfang der 1970er  Jahre. Der junge aufstrebende Produzent Al Ruddy bekommt dieses einmalige Angebot. Obwohl er keinerlei Erfahrungen im Filmbusiness aufweisen kann, wird er von Studiovize Bob Evans angeheuert, den damaligen Bestseller von Mario Puzo auf die Leinwand zu bringen. Evans erkennt, dass Ruddy den unbedingten Willen, das Rückgrat und die kreativen Ideen dazu hat. Doch der Produktion werden etliche Steine in den Weg gelegt, nicht nur von den Studiobossen, die nicht an den Film glauben. Auch die Befindlichkeiten verschiedener italoamerikanischer Mafiavertreter stehen im Weg, die sich durch das Buch verunglimpft sehen und den Film verhindern wollen. Für Ruddy und seine resolute Assistentin Bettye wird die ganze Produktion ein einziger Balance- und Kraftakt. Während des Prozesses geraten sie dabei immer mehr ins Visier verschiedener um die Vorherrschaft konkurrierender Mafiabanden.
 

Nähe zur Mafia

Filmische Fiktion mischt sich mehr und mehr mit der Realität, schließlich kommt es zu gewaltsamen Flügelkämpfen rivalisierender Mafiabanden, während die Dreharbeiten schon begonnen haben. Ruddy steuert mit Fingerspitzengefühl durch diesen Irrsinn, aber vor allem seine freundschaftliche Annäherung an Gangsterboss Joe Colombo, der mit weniger brachialen Methoden agiert, macht die Produktion überhaupt erst möglich. Dieser gründete die „Italian-American Civil Rights League“, vorgeblich um die Rechte der Italoamerikaner zu schützen und ihr schlechtes Image zu verbessern, tatsächlich sollte aber die Existenz der Mafia in den USA dadurch verschleiert werden.
 

The Offer | Official Trailer | Paramount+ (Paramount Plus, 23.03.2022)



Die goldene Ära der Filmproduktion

In der sorgfältig besetzten Serie geht es aber nur im Hintergrund um diese Verwicklungen. Im Zentrum steht die Arbeit der Filmschaffenden, es geht um Kungeleien und Konkurrenz, um den immensen wirtschaftlichen Druck, aber auch um die goldene Ära der Filmproduktion, in der so wegweisende und legendäre Filme wie Rosemarys Baby, Chinatown, Love Story oder Papermoon entstanden. „Wir zeigen den Leuten nicht, was sie sehen wollen, sondern was sie sehen sollen“, sagt Studioboss Evans mit ausgeprägtem Instinkt für Qualität plus Unterhaltung an einer Stelle. Für Filmfans bietet die Serie Einblicke in die Funktionsweisen eines großen Filmstudios und ist gespickt mit netten Bonmots, etwa wie der schwierige Karrierestart der späteren Hollywoodlegende Al Pacino, der den Studios als nicht ernst zu nehmender Zwerg galt. Oder wie schwierig es sich für Regisseur Francis Ford Coppola gestaltete, dessen Besetzung in einer Hauptrolle und seine künstlerischen Visionen innerhalb der Wirtschaftslogik eines großen Studios durchzusetzen.
 


Freigegeben ab …
 

Die Serie ist aufwändig und liebevoll mit viel Zeitcolorit ausgestattet und besetzt. Sie richtet sich an ein erwachsenes, filmaffines Publikum und liefert viele Schauwerte. Jüngere Jugendliche und Kinder werden kaum angesprochen, da der Unterhaltungswert insbesondere auf dem Wissen um diese Filmklassiker und die damaligen Stars beruht. Außerdem wird die Handlung von Dialogen innerhalb der spezifischen Arbeitswelt des Filmstudios dominiert, was für junge Zusehende wenig attraktiv sein dürfte.

Verwicklungen des Protagonisten mit Vertretern der Mafia sowie die Sprachebene waren für die Bewertung relevant. Gewaltszenen kommen nur selten vor, die meisten Bedrohungsmomente sind zunächst verbal, bis sie im Verlauf der zehn Episoden schließlich eskalieren und sich schließlich am Ende alles positiv wendet und auflöst. Der beantragten Freigabe ab 12 Jahren im Hauptabendprogramm konnte durchgehend entsprochen werden. Gewaltszenen werden an keiner Stelle spekulativ oder übermäßig drastisch inszeniert. Die Verwicklungen der Filmproduktion mit der Mafia werden an keiner Stelle beschönigt oder positiv konnotiert dargestellt. Vielmehr werden die Abgründe dieses Abkommens deutlich herausgearbeitet.

Der mitunter derb zotige Sprachgebrauch ist in dem Mafiamilieu, aber untergeordnet auch in dem Filmumfeld zu verorten. Es gibt keine jugendaffinen Identifikationsfiguren, die eine Übertragungsgefahr in die Alltagswahrnehmung junger Zusehender nahelegen würden. Abgewogen werden musste weiterhin der Drogenmissbrauch durch Studioboss Bob Evans, der aber durch seinen Absturz eindeutig negativ konnotiert wird.

Bei drei der zehn Episoden, in denen keine oder nur sehr nachgeordnet und ausreichend zurückhaltend inszeniert Gewalt vorkam, konnte über den Antrag hinaus weitergehend eine Freigabe ab 12 Jahren für das Tagesprogramm erteilt werden.

 

Bitte beachten Sie:
Bei den Altersfreigaben handelt es sich nicht um pädagogische Empfehlungen, sondern um die Angabe der Altersstufe, für die ein Programm nach Einschätzung der Prüferinnen und Prüfer keine entwicklungsbeeinträchtigenden Wirkungsrisiken mehr bedeutet.

Weiterlesen:
Sendezeiten und Altersfreigaben

Hinweis:
Pay-TV-Anbieter oder Streamingdienste können eine Jugendschutzsperre aktivieren, die von den Zuschauer:innen mit der Eingabe einer Jugendschutz-PIN freigeschaltet werden muss. In dem Fall gelten nicht die üblichen Sendezeitbeschränkungen und Schnittauflagen. Weitere Informationen zu Vorschriften und Anforderungen an digitale Vorsperren als Alternative zur Vergabe von Sendezeitbeschränkungen sind im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (§ 5 Abs. 3 Nr. 1§ 9 Abs. 2 JMStV) sowie in der Jugendschutzsatzung der Landesmedienanstalten (§ 2 bis § 5 JSS) zu finden.

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Jugendschutz bei Streamingdiensten