Juristische Meldungen (Ausg. 87)

Redaktion Recht

Vollständiger Beitrag als:

„Supertalent?“

Poledance einer 8-Jährigen stellt keinen Verstoß gegen jugendmedienrechtliche Vorschriften dar, bekundet die Niedersächsische Landesmedienanstalt (NLM). Im Rahmen der Sendung Das Supertalent bot ein 8-jähriges Mädchen einen Tanz an der Stange dar. Der Auftritt sorgte für heftige Kritik im Netz – „lolitahaft“ würden die Tanzbewegungen anmuten. Zwei Beschwerden erreichten schließlich die Landesmedienanstalt. Der Jugendschutzbeauftragte erörterte, dass folgende Kriterien für eine Ausstrahlung gesprochen hätten: der sportliche Aspekt, der Spaß, den die 8-Jährige bei der Ausführung hatte, sowie die Tatsache, dass ihre Mutter die ganze Zeit über anwesend gewesen sei. Die NLM überprüfte, ob die Sendung gegen Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV), insbesondere gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 JMStV (Darstellung Minderjähriger in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung) verstoßen hat. Dies verneinte sie – weder der Kontext der Darstellung des Auftritts noch die Kommentierungen durch die Jury oder die redaktionellen Bearbeitungen würden einen sexuellen Bezug erkennen lassen. Aufsichtsrechtliches Eingreifen erfolge jedoch nur, wenn tatsächlich gesetzliche Verbote missachtet würden, rein geschmackliche Erwägungen könnten ein solches Vorgehen nicht rechtfertigen.

Dilsizyan, T.: Zu anzüglich? Poledance einer Achtjährigen beim „Supertalent“ geprüft.
In: Neue Westfälische, 15.12.2018 (letzter Zugriff: 18.12.2018)
 



Rundfunkbeitrag jetzt auch in der Europäischen Union abgesichert – Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH)

Zugrunde liegender Sachverhalt: Der Sender SWR hatte gegen einige Personen, die den Rundfunkbeitrag dauerhaft verweigerten, die Zwangsvollstreckung eingeleitet. Gegen diese Maßnahme reichten die Personen Klage ein. Das Landgericht Tübingen, das in zweiter Instanz mit dem Fall betraut war, reichte ihn zur Klärung zweier Fragestellungen an den EuGH weiter. Das LG Tübingen selbst war der Auffassung, dass der geräteabhängige Beitrag an sich sowie die hoheitlichen Rechte der Sender bei der Eintreibung der Gelder gegen europäisches Recht verstoßen. Der EuGH klärte diese beiden Aspekte. Er entschied zunächst, dass die Ersetzung der ehemaligen Rundfunkgebühr durch den geräteabhängigen Rundfunkbeitrag unionrechtskonform sei. Da dies „keine erhebliche[n] Änderungen der Finanzierungsregelung“ darstelle, habe dieser „Austausch“ keiner Genehmigung durch die EU-Kommission bedurft. Auch die Befugnis, als Sendeanstalt die Zwangsvollstreckung von ausstehenden Beiträgen eigens zu betreiben, verstoße nicht gegen Unionsrecht – diese Vorrechte seien „ein als dem öffentlichen Auftrag der Öffentlich-Rechtlichen inhärenter Aspekt anzusehen“.

Mantel, U.: Schlappe für Beitrags-Gegner. Europäischer Gerichtshof: Rundfunkbeitrag ist rechtens.
In: DWDL.de, 13.12.2018 (letzter Zugriff: 18.12.2018)
 



NetzDG – eine erste Zwischenbilanz

Gut ein Jahr nach Inkrafttreten des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) zieht Gerd Billen, Staatssekretär für Justiz und Verbraucherschutz, eine erste Zwischenbilanz – es sei „nicht alles perfekt, aber vieles gut“. Das Gesetz zeige Wirkung, seit seiner Existenz habe es eine relativ niedrige Anzahl an Meldungen über nicht entfernte Inhalte gegeben. Dies wertete der Staatssekretär als Indiz dafür, dass die Intermediäre die Regelungen durchaus ernst nehmen und entsprechend handeln würden. Die das Gesetz schon im Vorfeld begleitende Kritik reiße auch nach seinem Inkrafttreten nicht ab. Oliver Süme, Vorstandschef vom Verband der Internetwirtschaft eco, bezweifelt beispielsweise die seitens Billen vorgetragenen Ergebnisse – die Plattformen würden zwar in der Tat mehr gemeldete und nach deutschem Recht unzulässige Inhalte löschen, dies sei jedoch vordergründig auf extrem verbesserte Technologien und ein gesteigertes Problembewusstsein der Konzerne und nicht auf das NetzDG zurückzuführen.

Futurezone/PR: Das verhasste NetzDG soll schon einigen Hass im Netz bekämpft haben.
In: futurezone.de, 13.12.2018 (letzter Zugriff: 18.12.2018)
 



Netflix schließt sich Freiwilliger Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM) an

Gemeinsam mit der Selbstkontrolle hat Netflix daran gearbeitet, familienfreundliche Anpassungen für den deutschen Markt vorzunehmen. So wurden u.a. sämtliche auf der Streaming-Plattform vorhandenen Angebote mit den deutschen Alterskennzeichen versehen. Für den gesamten Account mit allen Profilen können Familien nun eine Altersstufe bestimmen und eine Jugendschutz-PIN festlegen. Inhalte, die dieser Altersstufe nicht entsprechen, müssen aktiv durch die Eingabe einer PIN freigeschaltet werden. Diese Schutzfunktionen begutachtete die FSM nach deutschem Recht und erkannte sie schließlich als geeignetes Jugendschutzprogramm (für geschlossene Systeme) im Sinne des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) (vgl. § 11 JMStV) an. Damit erhält der Streaming-Dienst als erstes international agierendes Unternehmen die Positivbewertung und Anerkennung als Jugendschutzprogramm in Deutschland.

FSM: Netflix und FSM arbeiten beim Jugendschutz zusammen.
FSM-Pressemitteilung, 18.10.2018 (letzter Zugriff: 18.12.2018)
 



Facebook will komplett sexfrei werden

Ohne große Vorankündigung änderte das Netzwerk zu diesem Zweck seine Gemeinschaftsstandards. Das Vorgehen ist drastisch – neben pornografischen Inhalten sollen bereits sexuelle Andeutungen, Anspielungen und Albernheiten verboten werden. Gemäß der Standards sind u.a. jegliche Form der sexuellen Kontaktaufnahme, sexualisierter Slang oder Andeutungen von Stellungen und Fetischszenarien verboten. Den Beweggrund für ein derart radikales Vorgehen vermuten Kritiker in dem Erlass eines neuen, sehr undeutlich formulierten US-Gesetzes zur Verhinderung von sexueller Ausbeutung, Prostitution und Menschenhandel. Dies dementiert das soziale Netzwerk; seine Erklärung lautet hingegen, dass es den hauseigenen Moderatoren schwerfalle, zwischen einvernehmlichen sexuellen Handlungen und sexueller Ausbeutung zu unterscheiden.

Röhlig, M./Maas, S.: Kein Witz: Facebook hat heimlich alle sexuellen Inhalte verboten – sogar Flirten.
In: Bento, 14.12.2018 (letzter Zugriff: 18.12.2018)
 



Smarte, aber gefährliche Puppe?

Die Bundesnetzagentur warnt vor intelligentem, vernetztem Spielzeug. Zu befürchten sei eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte/ Privatsphäre der Kinder. Einschlägige Norm: § 90 Telekommunikationsgesetz (Missbrauch von Sende- oder sonstigen Telekommunikationsanlagen). Danach sind Gegenstände, die als Alltagsgegenstände getarnt sind und sendefähige Kameras oder Mikrofone verstecken, als „funkfähige Sendeanlagen“ verboten. So werde die smarte Puppe insbesondere dann zum unerlaubten Spionagegerät, wenn Gespräche des Kindes von Dritten mit angehört werden könnten. Sogenannte Smartwatches für Kinder seien dann unzulässig, wenn parallel zu deren normaler Telefonie- eine Abhörfunktion hinzukomme. Die Agentur führt nach eigener Aussage regelmäßig anonyme Testkäufe durch. Handelt es sich nach Prüfung der intelligenten Spielzeuge um unerlaubte Sendeanlagen, kann die Behörde die Produkte vom Markt nehmen und ein Zwangsgeld verhängen.

Reuter, M.: Datenschutz. Bundesnetzagentur warnt vor Schnüffel-Spielzeug und vernetzten Alltagsgegenständen.
In: Netzpolitik.org, 07.12.2018 (letzter Zugriff: 18.12.2018)
 



Frankreich beschließt Gesetz gegen die Verbreitung von Fake News

Präsident Emmanuel Macron, während seines Wahlkampfes selbst Opfer von Falschnachrichten geworden, hatte bereits zu Beginn des vergangenen Jahres angekündigt, entschiedener gegen derartige Meldungen vorzugehen. Das verabschiedete Gesetz sieht vor, dass die Verbreitung von Falschinformationen in den drei Monaten vor einer landesweiten Wahl durch richterliche Eilbeschlüsse unterbunden werden kann. Den Geschädigten verbleiben nach Veröffentlichung einer vermeintlich falschen Nachricht 24 Stunden, diese zu melden. Dann müssen Richter binnen 48 Stunden entscheiden, ob es sich tatsächlich um eine fehlerhafte Nachricht handelt. Das Gesetz erfährt deutliche Kritik, dies u.a. aus den Reihen der französischen Anwaltskammer. Deren Vizepräsident Basile Ader bezweifelt insbesondere, wie ein Richter innerhalb dieses kurzen Zeitraumes eine Nachricht überprüfen soll. Die Nationale Journalistengewerkschaft (SNJ) befürchtet hingegen eine Bedrohung der freien Meinungsäußerung.

Pantel, N.: Pressefreiheit. Frankreich beschließt Gesetz gegen „Fake News“.
In: Süddeutsche Zeitung, 21.11.2018 (letzter Zugriff: 18.12.2018)
 



Belgien: Lootboxen in Computerspielen – verbotenes Glücksspiel?

Diese Sorge veranlasst den Spielehersteller Square Enix, drei seiner Mobilspiele (Mobius Final Fantasy, Kingdom Hearts Union X und Dissidia Final Fantasy Opera Omnia) vom belgischen Markt zu nehmen. Anlass dieser Präventivmaßnahme ist die Befürchtung, dass die Spiele, die über ein sogenanntes Lootbox- System* verfügen, zu einem späteren Zeitpunkt von den belgischen Behörden als verbotenes Glücksspiel eingestuft werden könnten. Unter Glücksspiel sind laut belgischem Gesetz Wetten zu verstehen, die mit einem spielerischen Element versehen sind und abhängig vom Zufall entweder zu einem Gewinn oder einem Verlust führen. In Belgien herrscht kein generelles „Lootbox-Verbot“, ein solches kann jedoch nach genauer Einzelfallprüfung verhängt werden. In anderen Ländern, wie in Großbritannien, Frankreich und Österreich, haben die zuständigen Behörden eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet, Lootboxen und vergleichbare Finanzierungsmodelle zumindest genauer zu prüfen. Die in Deutschland für Glücksspiel zuständigen Landesbehörden gehören nicht zu den Unterzeichnern dieser Erklärung. Auch die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) sieht bislang aus rechtlicher Sicht keinen Handlungsbedarf, Lootbox-Systeme bei der Prüfung der Altersgrenzen für Games zu berücksichtigen.

* Lootboxen in Computerspielen sind digitale Beutekisten, deren Inhalte zufällig und vor dem Kauf nicht absehbar sind.

Herbig, D.: Lootboxen als Glücksspiel: Square Enix nimmt mehrere Spiele vom belgischen Markt.
In: heise online, 22.11.2018 (letzter Zugriff: 18.12.2018)