Sonnenstunden in Portofino

Die Dramaserie „Hotel Portofino“ bei MagentaTV

Uli Wohlers

Dipl. Soz. Päd. Uli Wohlers ist Prüfer bei FSK und FSF. Er studierte u.a. Publizistik und Filmwissenschaft in Dublin und Lüneburg und lebt als freier Autor von Romanen und Drehbüchern in Hamburg, Berlin und Dänemark.

Programm Hotel Portofino
 Drama, UK 2021
SenderMagentaTV, ab 26.01.2023

Online seit 26.01.2023: https://mediendiskurs.online/beitrag/sonnenstunden-in-portofino-beitrag-1124/

 

 

Auf den Schwingen einer Taube scheint die Kamera über der felsigen Halbinsel in Ligurien zu schweben. Über die Kapelle an der Spitze. Über immergrüne Bäume bis zur gelben toskanischen Villa, dem Hotel Portofino. Die Villa ist eine der Hauptfiguren der Serie.

Eine zischende Dampflock donnert über die Stahlkonstruktion einer Brücke. Ein zweispänniges Schimmelgespann klappert durch Alleen. Das Laken, das Paola aufschüttelt, scheint wie eine Wolke bildfüllend über dem Bett aus Edelholz zu schweben. Das helle Interieur der Räume wird nur von kristallenen Lüstern und Messingfassungen unterbrochen. Wie ein Lindwurm ringelt sich das Rohr von der Schalldose zum ausladenden Grammofontrichter.

Ein Mercedes Roadster in zitronengelb brettert um die Ecke. Der Fahrer wiehert laut vor lauter Fahrtenfreude und die Frau neben ihm ist als Josephine-Baker-Double gecastet – allerdings mit blauer Sonnenbrille.

Obst, Gemüse, Brot, Olivenöl. Selbst gesiedete Seifen. Rote Farbexplosionen des Weines beim Dekantieren. Goldene und silberne Zigarettenetuis blitzen auf. Lächelnde Gesichter. Einzigartige Nacht- und sogar Gewitteraufnahmen. Vögel singen. Grillen zirpen. Durch die Föhrenwipfel und die Korbmöbel auf der Terrasse geht ein trauliches Rauschen und lumineszierend schwappen die Wellen der azurblauen Adria an die rund gewaschenen Felsen.
 

Trailer Hotel Portofino (BritBoxUK, 05.01.2022)



Das englische Familienhotel in Portofino beherbergt einige Adlige mit ihren mehr oder weniger jungen Angehörigen. Herz des Betriebes ist die von Natascha McElhone gespielte Bella, die eine lange Reise von Californication und den John-Lautner-Villen in die toskanische Villa im ligurischen Hotel Portofino hinter sich hat. Hier hat sie nicht mehr den sexsüchtigen Hank an der Backe, sondern den Patriarchen Cecil. Eine Mischung aus Gigolo, Trickbetrüger und Opportunisten, der keine Berührungsängste mit Danioni, dem Vertreter der örtlichen Faschisten, hat. „Hunde essen keine Hunde“, bringt dieser ihm eine italienische Weisheit bei. „Sie verstehen uns nicht. Sie verstehen bloß die Mentalität des Pöbels“, warnt hingegen der Antifaschist Gianluca, in den sich der Gast und indische Arzt Anisch schließlich verliebt. 
 

Natascha McElhone als Bella Ainsworth (Bild: © Eagle Eye Drama)

Es ist schwer zu sagen, zu welchem Genre die Serie gehört. Der Vergleich zu Downton Abbey liegt nah, doch es fehlt die kristallene sprachliche Schärfe, mit der diese Serie brilliert. Historisch, Familienserie, Hotel Film, Liebesgeschichte all das trifft es nicht wirklich. Und wenn Lady Laksmere bei ihrer Abreise ausruft: „Es war wie in einer Agatha-Christie-Geschichte“, ist man auch auf der falschen Spur. Sicher ist das der Vorspann, der beliebten Verfilmungen aus den 70er-Jahren entlehnt ist und ein elegantes Art-Deco-Ambiente suggeriert. Der Anteil an Kriminalgeschichte nimmt sich aber doch sehr bescheiden aus. Auch mit der Diagnose „Inga Lindstöm auf Italienisch“ liegt man letztlich falsch. Die wahrlich heiße Spur führt zur überaus erfolgreichen dänischen Serie Badehotellet(Das Badehotel), die es seit 2013 bereits auf neunStaffeln mit 55 Episoden à ca. 50 Minuten inklusive Kochbuch gebracht hat. Diese ausschließlich im Sommer spielende Serie ist hell, freundlich, divers, leichtherzig und hat bereits den historischen Zeitraum von 1928 bis 1946 gecovert. 
 

Lily Frazier als Claudine Pascal (Bild: © Eagle Eye Drama)

Aus beiden Hotelserien ragt auch jede Menge heutiges aus dieser Farbtunke heraus, mit dem auch ein jüngeres Publikumetwas anfangen kann. „Kein kreativer Akt ist je verschwendete Zeit“, könnte Bella eher heutzutage ausrufen. Claudine bietet Yoga Lessons à la Mady Morrison an und immer wieder wird die Schwesterlichkeit beschworen. Alle wollen zu sich selbst stehen und ihre soul mates suchen. Wer will schon nicht in dieses freundliche Hotel einziehen und sei es nur für ca. 50 Sendeminuten. Überkommene Standesdünkel sind so schön schaurig wie ein Buch über misslungene Polarexpeditionen im warmen Bett zu lesen.  „Andiamo in die nächste Staffel!“ bleibt mir nur noch auszurufen. Alle Plots sind noch offen.  
 


Freigegeben ab …
 

Alle Episoden der ersten Staffel der historischen Familienserie erhielten eine FSF-Freigabe für das Tagesprogramm (ohne Sendezeitbeschränkung), verbunden mit einer Altersfreigabe ab 12 Jahren. Die wenigen bedrohlichen bzw. gewalthaltigen Szenen oder Rückblenden mit Kriegsbildern sind nur kurz und zurückhaltend inszeniert, weshalb eine nachhaltige Ängstigung im Sinne einer Entwicklungsbeeinträchtigung auch jüngerer Kinder nicht vermutet wurde. MussolinisFaschismus, der sich in der Zeit auf dem Vormarsch befindet, wird nicht positiv dargestellt oder verklärt. Insgesamt schafft das historische Setting der Serie in den 1920er-Jahren deutliche Distanz. 

 

Bitte beachten Sie:
Bei den Altersfreigaben handelt es sich nicht um pädagogische Empfehlungen, sondern um die Angabe der Altersstufe, für die ein Programm nach Einschätzung der Prüferinnen und Prüfer keine entwicklungsbeeinträchtigenden Wirkungsrisiken mehr bedeutet.

Weiterlesen:
Sendezeiten und Altersfreigaben

 

Hinweis:
Pay-TV-Anbieter oder Streamingdienste können eine Jugendschutzsperre aktivieren, die von den Zuschauer:innen mit der Eingabe einer Jugendschutz-PIN freigeschaltet werden muss. In dem Fall gelten nicht die üblichen Sendezeitbeschränkungen und Schnittauflagen. Weitere Informationen zu Vorschriften und Anforderungen an digitale Vorsperren als Alternative zur Vergabe von Sendezeitbeschränkungen sind im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (§ 5 Abs. 3 Nr. 1§ 9 Abs. 2 JMStV) sowie in der Jugendschutzsatzung der Landesmedienanstalten (§ 2 bis § 5 JSS) zu finden.

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Jugendschutz bei Streamingdiensten