Von Fake News bis Quantenphysik

Es gibt zahllose Apps, mit denen man Mathematik, Deutsch oder eine Fremdsprache üben kann. Neben schulfachbezogener Software gibt es aber auch immer mehr Apps, die Kindern und Jugendlichen übergreifende Themen vermitteln – zum Beispiel den richtigen Umgang mit Social Media, die Auswirkungen des Klimawandels oder politische Partizipation. Oft bieten diese Apps einen spielerischen Zugang, weshalb sie gelegentlich auch als „Serious Games“ bezeichnet werden. Wir stellen fünf Titel vor, die sich sowohl für den Schulunterricht als auch die private Nutzung eignen – und dabei komplett auf In-App-Käufe verzichten.
 

Ezra

Das Mädchen Ezra verbringt die Sommerferien bei ihrem Opa. Schon bald erfährt sie von einem Streit in dem Stadtviertel – es geht darum, dass bestimmte Straßen für Autos und Busse gesperrt werden sollen. Doch das ist noch nicht alles: Ezra und ihr Freundeskreis sind schockiert, weil ihre lokale Lieblingsband More Directions sich offenbar auflösen will. Diese Infos stammen allerdings aus den sozialen Medien. Ezra beschließt also, direkt mit den Beteiligten zu sprechen, um ein besseres Bild von der Lage zu bekommen.
 

Das Serious Game – also ernsthafte Spiel – Ezra zeigt, wie man Nachrichten und Meinungen aus dem Internet systematisch einordnet. In dem farbenfrohen Comic-Abenteuer geht es um Fake News, aber auch darum, wie man sich politisch beteiligen kann. Es ermutigt dazu, sich eine eigene Meinung zu bilden – und bei widerstreitenden Positionen Kompromisse zu finden. Entwickelt wurde Ezra unter anderem von Lehrenden und Schüler:innen des Ernst-Abbe-Gymnasiums in Neukölln und der Gemeinschaftsschule Campus Rütli.

Herausgeber: Landesverband Kinder- und Jugendfilme Berlin e. V. | Genre: Point-and-Click-Adventure | Plattform: Internet-Browser | keine Alterseinstufung | Preis: gratis | Website
 

Wo ist Goldi? Sicher surfen im Netz

Auch in dieser App geht es um die Vermittlung digitaler Medienkompetenz. Wo ist Goldi? behandelt Themen wie Mediensucht, Cybermobbing und Cybergrooming, also wenn Erwachsene mit sexuellen Absichten online Kinder und Jugendliche manipulieren. Das alles aber nicht oberlehrerhaft, sondern im Rahmen eines kindgerechten Rätselabenteuers. Schauplatz des Spiels ist eine Grundschule: Dort herrscht Aufregung, weil Goldfisch Goldi aus dem Aquarium im Klassenzimmer der 4C verschwunden ist. Als Schulkind geht man dem Rätsel auf den Grund, spricht mit verschiedenen Akteur:innen und bekommt dabei auch einiges über die Mediennutzung der Mitschüler:innen mit.
 

An der Schule gibt es zum Beispiel einen Chat, in dem die Jugendlichen das Schulgeschehen diskutieren, in dem aber auch gemobbt wird und Falschnachrichten kursieren. In einer anderen Situation des Spiels hat eine Mitschülerin eine Onlinebekanntschaft gemacht, hinter der sich aber jemand anderes verbirgt. Wo ist Goldi? arbeitet mit vielen Dialogen, Infomaterial und kleinen Quizzes – und ist dabei sehr motivierend, auch durch den Aufbau nach Kapiteln. Ein separater Elternbereich gibt einen Überblick über die Spielhandlung und die Lernziele der App.

Herausgeber: Bayerische Staatsregierung | Genre: Point-and-Click-Adventure | Plattformen: iOS, Android | USK-Altersfreigabe ab null Jahren, empfohlen ab neun Jahren | Preis: gratis | Website
 

Katze Q

Schrödingers Katze ist ein Gedankenexperiment aus der Physik. Der deutsche Nobelpreisträger Erwin Schrödinger (1887–1961) erfand es, um eine grundlegende Funktionsweise der Quantenmechanik zu vermitteln. Die Lern-App Katze Q greift das auf und verpackt es in 20 verschiedene Denksporträtsel. Die Entwickler – das Exzellenzcluster ct.qmat der Universitäten Würzburg und Dresden – wollen mit der App Kinder und Jugendliche für diesen komplexen Strang der Physik begeistern – speziell Mädchen, weil Frauen in dem Forschungsbereich noch unterrepräsentiert sind.
 

In seinem Gedankenexperiment sperrt Schrödinger eine Katze in eine Kiste mit radioaktivem Material und einem Auslösemechanismus. Die Grundfrage lautet, in welchem Zustand sich die Katze befindet, so lange niemand in die Kiste schaut – in Analogie zur Quantenmechanik ist die Katze gleichzeitig tot und lebendig. Katze Q verpackt dieses etwas martialische Setting in ein buntes Abenteuer: Die „halbtote“ Katze lässt sich streicheln, man sammelt Sticker und Infos, während man verschiedene Rätsel löst. Eine spannende App, die Neugier und Experimentierfreude weckt.

Herausgeber: Philipp Stollenmayer | Genre: Escape Game | Plattformen: iOS, Android | USK ab null Jahren, empfohlen ab zwölf Jahren | Preis: gratis | Website
 

Klim:S 21 – das Spiel zur Klimaanpassung

Ob Hitzewellen, Starkregen oder Orkane: Die Folgen des menschengemachten Klimawandels werden immer deutlicher spürbar. Doch wie begegnen wir der Veränderung des Weltklimas auf lokaler und regionaler Ebene? Wie können sich Mensch und Natur darauf ganz konkret einstellen? Das Serious Game Klim:S 21 macht – stark vereinfacht – den Klimawandel in unterschiedlichen Naturräumen Deutschlands erlebbar.
 

In dem Browserspiel stehen insgesamt fünf Umgebungen zur Auswahl: Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Sonderkulturen wie etwa die Weinernte – und dazu auch die Situation an der Nordseeküste und an Süßwasserflüssen. Spielende können zwischen unterschiedlichen Maßnahmen wählen, um den Schutz der Natur vor den Klimafolgen zu stärken: Im Forstwirtschafts-Setting beispielsweise spricht man mit unterschiedlichen Akteuren (Försterin, Umweltschützerin, Waldjogger etc.) – und entscheidet sich dann für oder gegen Borkenkäferfallen, Holzernten und Brandwarnsysteme. Anschließend laufen mehrere Jahre im Zeitraffer ab – und verdeutlichen, welche Folgen das eigene Handeln zeitigen und wie komplex das Zusammenwirken der unterschiedlichen Faktoren sein kann.

Herausgeber: Pädagogische Hochschule Heidelberg | Genre: Simulation | Plattform: Internet-Browser | keine Alterseinstufung | Preis: gratis | Website
 

Imagine Earth

Noch ein Spiel zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit: In der Simulation Imagine Earth schreiben wir das Jahr 2048: Großkonzerne haben die Erde heruntergewirtschaftet – die Aufgabe der Spielenden ist es nun, fremde Planeten so zu besiedeln, dass dort möglichst viele Menschen dauerhaft leben können. Als Instrumente stehen unterschiedliche Formen des Ressourcen- und Energiemanagements, politische Initiativen und auch die Erforschung neuer Technologien zur Verfügung. Grundsätzlich ist es den Spielenden selbst überlassen, ob sie bei der Besiedelung primär auf fossile oder erneuerbare Energien setzen. Allerdings hat jeder Planet eine eigene Emissionsbilanz, die ins Negative kippen kann – mit den entsprechenden Folgen für die Zivilisation.
 

Der Berliner Firma Serious Bros. ist mit Imagine Earth ein spannendes und komplexes Simulationsspiel gelungen. Imagine Earth überlässt es den Spielenden, ihre eigenen Schlüsse zu ziehen. Allerdings werden bestimmte Problematiken – etwa aggressives Verhalten gegenüber konkurrierenden Alien-Zivilisationen – nicht ganz so stark thematisiert, wie man es sich wünschen würde. Bei richtiger Einordnung ist Imagine Earth aber durchaus auch für den Schulunterricht geeignet.

Herausgeber: Serious Bros. | Genre: Simulation | Plattform: Windows mit Steam-Client | USK-Altersfreigabe ab 6 Jahren, empfohlen ab 13 Jahren | Preis: 25 Euro | Website

Es gibt noch viele weitere lohnende Lern-Apps – hier drei zusätzliche Tipps im Schnelldurchlauf: GeoGeek AR ist eine Geografie-App, in der man die Welt durch Quiz kennenlernt. Sibel’s Journey ist ein Rollenspiel über Geschlechtsidentität und Körperbilder. Konterbunt wiederum vermittelt, wie man Stammtischparolen im Alltag souverän begegnet.

Wer sich für pädagogisch wertvolle Lern-Apps interessiert, findet im Netz etliche Anlaufstellen. Beim Kindersoftwarepreis Tommi werden jedes Jahr auch Serious Games ausgezeichnet. Spielbar.de ist ein Ratgeber-Portal der Bundeszentrale für politische Bildung. Die Fachstelle für Jugendmedienkultur NRW betreibt den Spieleratgeber NRW, der regelmäßig Neuerscheinungen rezensiert. Spieleempfehlungen gibt auch das Serious Games Information Center der Technischen Universität Darmstadt.