Medienpolitik kompakt 02/2023

Anke Soergel

Anke Soergel ist Referentin für Jugendschutzrecht bei der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) und verantwortet den Rechtsreport in „mediendiskurs“.

Medienpolitische Meldungen in März und April 2023 u. a.: Chatkontrolle und die Interessen der Jugendlichen. | Eckpunkte zu einem „Gesetz gegen digitale Gewalt“ veröffentlicht. | Justiz vs. Twitter. Das Bundesamt hat ein Bußgeldverfahren nach dem NetzDG eingeleitet. | Ist YouTube die Super-Mediathek der großen Medienhäuser? | Porno-Plattformen müssen Jugendmedienschutzmaßnahmen umsetzen. | Leichte Auffindbarkeit. Die Landesmedienanstalten haben die Grundsätze zur leichten Auffindbarkeit von Public-Value-Angeboten veröffentlicht.

Online seit 12.05.2023: https://mediendiskurs.online/beitrag/medienpolitik-kompakt-022023-beitrag-772/

 

 

INTERNATIONAL  |  BUND  |  LÄNDER
 



International

  • ChatGPT in Italien wieder erlaubt. Die italienische Datenschutzbehörde hatte die KI-Software zunächst gesperrt und OpenAI verboten, Nutzerdaten aus Italien zu verarbeiten. OpenAI habe nach Aufforderung eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um den Dienst zu verbessern. So sei das Unternehmen u. a. der Forderung nach verbesserter Transparenz nachgekommen. Die Prüfung gegen OpenAI werde jedoch fortgesetzt.
    > zdf.de: ChatGPT wieder in Italien erlaubt, 28.04.2023
  • Very Large Online Platforms (VLOP). Die EU-Kommission hat 17 „sehr große Plattformen“ und zwei „sehr große Suchmaschinen“ identifiziert, für die der DSA besondere Verpflichtungen vorsieht. Mit dabei sind wenig überraschend Twitter, Facebook und Google, aber auch Zalando, Wikipedia, Booking.com, Amazon Marketplace und der App Store von Apple.
    > zeit.de: Facebook und Twitter müssen illegale Inhalte schneller entfernen, 25.04.2023
  • Chatkontrolle und die Interessen der Jugendlichen. Dr. Sabine K. Witting von der Universität Leiden kritisiert, dass die EU-Kommission die sexuelle Selbstbestimmung von Jugendlichen bei der geplanten Chatkontrolle nicht ausreichend im Blick habe. Ihr Appell: Die Kommission sollte auch das einvernehmliche Sexting von Jugendlichen berücksichtigen. Denn eine europaweite Umfrage zeigt: Zwei Drittel der befragten Jugendlichen zwischen 13 und 18 Jahren sind gegen die Maßnahme.
    > netzpolitik.org: Chatkontrolle verletzt sexuelle Selbstbestimmung von Jugendlichen, 22.04.2023
    > netzpolitik.org: Zwei Drittel aller Jugendlichen gegen Chatkontrolle, 07.03.2023
  • Big-Tech-Programmroutinen auf dem Prüfstand. Mit dem Europäischen Zentrum für die Transparenz von Algorithmen (ECAT) in Sevilla sollen die Codes von Tech-Giganten wie Facebook, Twitter und Google durchleuchtet werden. Die EU will so den Diensten auch technisch auf die Finger sehen und prüfen, ob sie die Regeln des DSA einhalten. Auf das 30-köpfige Team aus Expert:innen für Künstliche Intelligenz, Daten- und Sozialwissenschaftler:innen sowie Jurist:innen dürfte viel Arbeit zukommen.
    > heise.de: EU-Amt für Algorithmenprüfung, 18.04.2023
  • KI-Pause! Hunderte Forscher:innen und Unternehmer:innen fordern, die Entwicklung selbstlernender KI-Systeme für sechs Monate einzustellen. Der Grund: KI weise „tiefgreifende Risiken für die Gesellschaft und die Menschheit“ auf. Zu den Unterzeicher:innen gehören u.a. Apple-Gründer Steve Wozniak und der Historiker Yuval Noah Harari.
    >  zeit.de: Hunderte Unternehmer und Forscher fordern KI-Pause, 29.03.2023
  • Jugendmedienschutz kennt keine Grenzen! Die Medienaufsichtsbehörden aus Belgien, England, Frankreich, Zypern und Deutschland bilden die Internationale Arbeitsgruppe zu Altersverifikation. Am 27.03.2023 haben die fünf Medienregulierer ein gemeinsames Statement veröffentlicht.
    > die-medienanstalten.de: Das Netz kennt keine Grenzen? Der Jugendmedienschutz auch nicht!, 27.03.2023
  • Vernetzte Apparate. Mit deutlicher Mehrheit hat das EU-Parlament seine Position zum Kommissionsentwurf für einen „Data Act“ beschlossen. Mit dieser Verordnung sollen Nutzende u. a. Zugriff auf ihre Daten bei vernetzten Geräten erhalten – z. B. bei virtuellen Sprachassistenten und Chatbots wie Alexa oder Siri.
    > heise.de: Data Act: EU-Parlament stimmt für Recht auf Zugang zu Nutzerdaten, 14.03.2023
  • Europäische Faktencheck-Plattform GADMO gestartet. GADMO steht für German-Austrian Digital Media Observatory. Die von der EU geförderte Initiative soll Bürger:innen dabei unterstützen, Falschbehauptungen im Netz leichter zu erkennen. Als zentrale Plattform will GADMO der deutschsprachigen Öffentlichkeit einen besseren Zugang zu geprüften Informationen ermöglichen.
    klicksafe.de: Europäische Faktencheck-Plattform GADMO gestartet, 13.03.2023


Bund

  • Gesetzesvorhaben gegen digitale Gewalt. Am 12.04.2023 hat das Bundesjustizministerium die Eckpunkte zu einem „Gesetz gegen digitale Gewalt“ veröffentlicht. Ein Beitrag des Deutschlandfunks beleuchtet nun die entscheidenden Bestimmungen und Hintergründe, ohne die Kritik an dem Entwurf zu verschweigen.
    > deutschlandfunk.de: Accountsperren gegen Internet-Pöbler und Cyber-Mobber, 14.04.2023
  • Bundesamt für Justiz vs. Twitter. Das Amt hat gegen die Twitter International Unlimited Company ein Bußgeldverfahren nach dem NetzDG eingeleitet. Der Vorwurf: systemisches Versagen des Beschwerdemanagement. Zahlreiche gemeldete, rechtwidrige Tweets seien nicht fristgemäß gelöscht oder gesperrt worden. Twitter wird nunmehr Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
    > bundesjustizamt.de: Bundesamt für Justiz führt Bußgeldverfahren gegen die Twitter International Unlimited Company wegen unzureichenden Umgangs mit Nutzerbeschwerden, 04.04.2023
  • Politisches Microtargeting DSGVO-konform? Die Nichtregierungsorganisation NOYB geht gegen Parteienwerbung auf Facebook vor. Eine Datenauswertung habe ergeben, dass alle im Bundestag vertretenen Parteien zur Bundestagswahl 2021 Facebook-User:innen gezielt mit politischer Werbung angesprochen haben. Verboten ist das nicht, nur habe Facebook vorher die politischen Überzeugungen der Angesprochenen analysiert. Ein klarer Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung.
    > noyb.eu: Politisches Microtargeting auf Facebook: ein Wahlversprechen nur für dich!, 21.03.2023
  • YouTube – die Super-Mediathek der großen Medienhäuser? Netzpolitik.org ist der Frage nachgegangen, wer bei politischen Beiträgen auf YouTube dominiert. Ergebnis der Analyse: Die meisten Videos stammen von Kanälen der Öffentlich-Rechtlichen und der klassischen Nachrichtenverlage – nur ein Bruchteil von kleineren unabhängigen Creator:innen. Das geht nicht zuletzt auf eine gezielte Entscheidung der Google-Tochter zurück …  
    > netzpolitik.org: Medienhäuser dominieren auf YouTube, 02.03.2023


Länder

  • Porno-Plattformen müssen Jugendmedienschutzmaßnahmen umsetzen. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf wies die Klagen dreier Pornoplattformen gegen die Landesanstalt für Medien NRW ab. Streitgegenstand: Die Plattformen sehen sich nicht in der Pflicht, Maßnahmen zur Altersverifikation umzusetzen. Dieser Rechtsauffassung trat das Gericht entgegen.
    > medienanstalt-nrw.de: Porno-Plattformen müssen Kinder- und Jugendmedienschutz umsetzen, 27.04.2023
  • Jugend- und Nutzerschutzbericht 2022. Unterstützt von Künstlicher Intelligenz hat die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) ihre Recherchekapazitäten deutlich erhöht. Dem Bericht der BLM zufolge seien letztes Jahr 1400 Verdachtsfälle im Netz von einer KI gemeldet worden. Bewertet wurden die Fälle jedoch von den hauseigenen Experten.
    > heise.de: Bayerische Jugendschützer setzen KI für Recherchen ein, 24.03.2023
  • Leichte Auffindbarkeit. Die Landesmedienanstalten haben die Grundsätze zur leichten Auffindbarkeit von Public-Value-Angeboten veröffentlicht. Bei Public-Value-Angeboten handelt es sich „um Rundfunkprogramme und Telemedieninhalte, die in besonderem Maß einen Beitrag zur Meinungs- und Angebotsvielfalt im Bundesgebiet leisten“. Sie sollen zukünftig auf allen Endgeräten einfacher und schneller erreichbar sein.
    > die-medienanstalten.de: Hinweise zur Umsetzung der Public-Value-Vorgaben für Anbieter und Benutzeroberflächen, 17.03.2023
  • Internationaler Jugendmedienschutz. Mit Blick auf sechs EU- und Nicht-EU-Länder hat die KJM das Gutachten Stand und Entwicklung des internationalen Kinder- und Jugendmedienschutzes veröffentlicht. „Immer jünger online, immer länger gamen“ sind zwei der zentralen Ergebnisse der Analyse. Alle untersuchten Staaten sähen sich mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert, allerdings unterscheide sich der Umgang mit ihnen.
    > kjm-online.de: Wie es die anderen machen: Ähnliche Risiken, abweichende Antworten im internationalen Kinder- und Jugendmedienschutz, 16.03.2023